Schule

Qualitätsrahmen zur Ganztagsbildung vorgestellt

Schüler am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Laichingen im Deutschunterricht der 5.Klasse. (Bild: Daniel Bockwoldt/dpa).

Die Ganztagsbetreuung an Schulen in Baden-Württemberg hat einen neuen Qualitätsrahmen bekommen. Dieser soll ein wichtiger Ratgeber und Leitlinie für die Weiterentwicklung der Ganztagsbildung sein.

Qualität ist das A und O guter und erfolgreicher Arbeit – im Unternehmen, in der Behörde, im Verein, in der Schule. In Bezug auf den Ganztag fehlen seit dessen schulgesetzlicher Verankerung aber qualitative Vorgaben und eine landesweite systematische Unterstützung. „Diesen grundlegenden Webfehler korrigieren wir jetzt“, sagt Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann mit Verweis auf den Qualitätsrahmen Ganztagsschule Baden-Württemberg, den sie in Stuttgart vorstellte. Dieser ist ein unmittelbares Ergebnis des breiten Dialogprozesses mit den beiden Ganztagsgipfeln in den Jahren 2016 und 2017 sowie dem Fachtag im Jahr 2018, wo der Wunsch nach einer qualitativen Richtschnur deutlich wurde. Schließlich erwarten die Eltern, dass das Mehr an Zeit an einer Ganztagsschule auch in einen Mehrwert für ihre Kinder mündet.

Mit dem neuen Qualitätsrahmen liegt für die Schulen nun ein schriftlicher Ratgeber bereit. „Er ist ein Meilenstein der neuen Ganztagsschule, und ich hoffe sehr, dass er alle in der Gestaltung des Ganztags Beteiligten in der Arbeit stärkt und diese erleichtert“, sagt Ministerin Susanne Eisenmann und bedankt sich bei allen Schulen, Schulleitungen, Lehrkräften und außerschulischen Partnern, die seit Jahren den Ganztag mit viel Engagement leben. „Ganztagsschulen sind ein wichtiger Baustein für mehr Bildungs- und Chancengerechtigkeit sowie bessere Schulleistungen und sie unterstützen die Eltern bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, sagt die Ministerin. Ein gutes ganzheitliches Bildungsangebot sollte demnach auf die Bedürfnisse der Kinder beziehungsweise Jugendlichen abgestimmt sein und zugleich die Familien im Blick haben. Der Qualitätsrahmen gibt den Schulen nun konkrete Hinweise und Impulse, wie sie im Alltag Unterricht und Ganztagsangebote verknüpfen können. Zunächst sollen ihn die schulgesetzlich verankerten Schularten anwenden, also Grundschulen, Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren sowie Gemeinschaftsschulen. Mit dem Ausbau in der Sekundarstufe 1 sollen die anderen weiterführenden Schulen folgen.

Expertenwissen für die Neuausrichtung des Ganztags

Zahlreiche Anregungen sind in das 38 Seiten umfassende Werk eingeflossen. „Ich danke allen, die sich an diesem Entwicklungsprozess beteiligt haben, den Schulen, den Schulträgern, den Lehrerverbänden, der Elternschaft, der Schülerschaft, den außerschulischen Partnern, der Wirtschaft, der Schulverwaltung sowie den Beratungsgremien des Kultusministeriums“, sagt Ministerin Susanne Eisenmann und ergänzt: „Mein besonderer Dank gilt Professorin Dr. Anne Sliwka, die mit ihrer wissenschaftlichen Expertise wesentliche Impulse auch aus anderen Bildungssystemen eingebracht hat.“ Die Sprecherin der Bildungswissenschaften an der Heidelberg School of Education der Universität Heidelberg ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Kultusministeriums und sie hat die vielen Ideen und Hinweise zu einem stimmigen Gesamtkonzept zusammengefügt. „Damit Ganztagsschulen der gesellschaftlichen Erwartungshaltung gerecht werden können, ist eine Weiterentwicklung der bisherigen Schul- und Unterrichtskultur hin zu konsequent umgesetzter Ganztagsbildung von zentraler Bedeutung“, sagt Anne Sliwka und fügt an: „Von den Schulen wird ein zukunftsgerichtetes pädagogisches und organisatorisches Um- beziehungsweise Weiterdenken erwartet.“ Dies sei ein herausfordernder, aber ein lohnender Schul- und Unterrichtsentwicklungsprozess – und hierbei hilft der Qualitätsrahmen mit seinen praktischen Hinweisen.

Dieser beschreibt detailliert, wie die Schulen in verschiedenen Qualitätsbereichen schrittweise einen rundherum gelungenen Ganztag entwickeln können. Dazu sind praktische Hinweise, Anregungen und Impulse in drei aufeinander aufbauenden Qualitätsstufen formuliert – immer orientierend an den Gegebenheiten und Vorhaben der jeweiligen Schule sowie an den Bedürfnissen der Schüler. Sie und ihre Eltern sind besonders wichtige Gesprächspartner auf dem Weg zu einem bestmöglichen Ganztag. Neben allgemeinen Tipps zur Prozesssteuerung, zur Projektorganisation, zur Weiterentwicklung oder zur Ernährung benennt der Orientierungsrahmen elf Qualitätsmerkmale und erläutert, wie diese in die nächste Qualitätsstufe gehoben werden können. Eine Schule, die den Antrag auf Ganztag stellt, muss wie schon bisher ein pädagogisches Konzept und damit Qualitätsstufe 1 erreicht haben. Darauf aufbauend soll sie in den folgenden Jahren gezielte Verbesserungen einleiten, bis sie mit der Qualitätsstufe 3 nach etwa zehn Jahren einen optimalen Ausbaustand in möglichst vielen Qualitätsbereichen erreicht hat.

Meilensteine auf dem Weg zur Ganztagsbildung

„Zeit“, „Raum“, „demokratische Partizipation und Schulklima“, „Kompetenzentwicklung“, „Ganztagsangebote“, „kooperative Professionalität“, „professionelles Handeln der Lehrkräfte“, „Zusammenarbeit mit inner- und außerschulischen Partnern“, „Zusammenarbeit mit Eltern“, „professionelle Steuerung durch die Schulleitung“ und „fortlaufende Qualitätsentwicklung“: So lauten die Qualitätsmerkmale. Diese werden beschrieben, mit Standards unterlegt und mit Indikatoren für die drei Qualitätsstufen dargestellt. Beim Merkmal „Zeit“ kommt es beispielsweise darauf an, den Tagesablauf so zu gestalten, dass das Bildungs- und Freizeitangebot noch vielseitiger ist. Die Schüler sollten auf Bedingungen treffen, unter denen sie fachliche, soziale und persönliche Kompetenzen bestmöglich entwickeln, Freizeit an der Schule gestalten sowie ihre unterschiedlichen Begabungen und Interessen entfalten können. Phasen von Konzentration und Entspannung sollten sich abwechseln. Tages- und Wochenstruktur sowie Jahreslauf werden berücksichtigt, und die Pausen orientieren sich an den individuellen Bedürfnissen der Schüler.

Innerhalb jedes Merkmals gibt es mehrere Aspekte, bei der „Zeit“ sind dies zum Beispiel Unterrichtszeit, Kontingentstunden oder Pausen. Ausgehend von den Standards erläutert der Qualitätsrahmen jeweils den Aufstieg über die Qualitätsstufen. Vereinfacht ausgedrückt werden immer mehr Rahmenbedingungen in die Arbeit einbezogen, je höher der Qualitätsgrad ist. So ist beim Merkmal „Zeit“ in Stufe 1 ein Pausenkonzept mit einer Mittags- und zwei Vormittagspausen vorhanden, während in Qualitätsstufe 3 eine Pausen- und Bewegungskonzeption angewendet wird, die bereits evaluiert und weiterentwickelt wurde. „Aber hier darf ich gleich Entwarnung geben: Der Qualitätsrahmen will keine Checkliste sein, die quasi sklavisch Punkt für Punkt abzuarbeiten ist. Er soll Entwicklungsperspektiven aufzeigen und setzt Meilensteine auf dem Weg zur Ganztagsbildung“, sagt die Kultusministerin.

Schulen werden bei der Weiterentwicklung unterstützt

Im Qualitätsrahmen heißt es: „Qualität zu erzielen bedeutet, alle Prozesse und Maßnahmen auf die schulspezifischen Rahmenbedingungen der Einzelschule abzustimmen.“ Insofern ist eine Ganztagsschule nicht nur ein lebendes, sondern auch in mehrfacher Hinsicht ein lernendes System. „Bei dieser Weitentwicklung unterstützen wir die Schulen und die am Ganztag Beteiligten mit dem Qualitätsrahmen, so wie wir es bei deren Schulleitungen durch die beschlossenen organisatorischen Entlastungen getan haben“, sagt die Kultusministerin und betont: „Damit nun auch der Qualitätsrahmen in der Praxis zur Stärkung der Ganztagsschulen beiträgt, müssen alle Beteiligten dauerhaft und konstruktiv im Austausch bleiben.“

Keine Schule wird allein gelassen. Das ist Ministerin Susanne Eisenmann besonders wichtig. Deshalb leistet der Qualitätsrahmen nicht nur selbst Unterstützung, sondern er verweist auch auf weitere Beratungsangebote. So berät die Schulverwaltung in allen schulartspezifischen Fragen und solchen, die den organisatorischen Rahmen betreffen. Die Fachberaterinnen und Fachberater helfen beim Prozessmanagement. Qualitätsvolle Ganztagsschulen fungieren als sogenannte Stützpunktschulen, die ihre Expertise weitergeben. Ein spezifisches Beratungs-Angebot soll überdies die Schulleitung in ihrer wichtigen Aufgabe unterstützen. Weitere Fortbildungsangebote sollen den Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch stärken. Fachtage, Vernetzungstreffen, Foren und Vorträge ergänzen die Hilfsangebote, und auch ein Qualifizierungsangebot für die außerschulischen Partner ist derzeit in Entwicklung.

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