Der Ländliche Raum ist komplex und ein politischer Querschnittsbereich. Es bedarf durchdachter und pragmatischer Lösungsansätze, um tragfähige Konzepte zu entwickeln, die sich an der Lebenswirklichkeit der Menschen orientieren. Dabei setzt die Landesregierung auf regionale und an die Gegebenheiten vor Ort angepasste Strategien und Lösungen. Eine wichtige Initiative ist die Einrichtung und Fortführung des Kabinettsausschusses Ländlicher Raum. Er hat sich als ressortübergreifendes Gremium hervorragend etabliert und maßgebliche Fortschritte für den Ländlichen Raum auf den Weg gebracht und begleitet.
Auch in den kommenden Jahren arbeiten die verschiedenen Ministerien im Kabinettsausschuss an kreativen Lösungsansätzen für eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung des Ländlichen Raums und erproben diese in Modellprojekten. Eine kluge ländliche Strukturpolitik benötigt eine Gesamtstrategie sowie Lösungen aus einem Guss. Genau hier setzt der Kabinettsausschuss an. Damit füllt die Landesregierung den Verfassungsauftrag der Förderung gleichwertiger Lebensverhältnisse im gesamten Land mit Leben und rückt den Ländlichen Raum noch stärker in den politischen und gesellschaftlichen Fokus.
Hohe Lebensqualität und weltweit erfolgreiche Unternehmen zeichnen die Zukunftsfähigkeit des Ländlichen Raums Baden-Württembergs aus. Gleichwohl liegt ein wichtiger Transformationsprozess vor uns, der auch große Chancen für den Ländlichen Raum in sich birgt. Die Stärken des Ländlichen Raums auszubauen und gleichzeitig nachteiligen Folgen des Strukturwandels entgegenzuwirken, ist Aufgabe und Ziel verschiedener Förderprogramme, die in Baden-Württemberg zum Teil mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union realisiert werden.
Das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR) ist das zentrale Förderprogramm der Landesregierung zur integrierten Strukturentwicklung von Städten und Gemeinden im Ländlichen Raum sowie von ländlich geprägten Orten im Verdichtungsraum und den Randzonen um die Verdichtungsräume. Im Rahmen der Programmentscheidung 2024 konnte das MLR über 1.000 Maßnahmen zur strukturellen Verbesserung und Weiterentwicklung mit insgesamt 104,4 Millionen Euro unterstützen. In den vier Förderschwerpunkten Innenentwicklung/Wohnen, Grundversorgung, Arbeiten und Gemeinschaftseinrichtungen können sowohl kommunale als auch private Investitionen mit Zuschüssen gefördert werden. Interessierte private Investoren erhalten nähere Informationen bei ihrer Gemeinde (Investitionsort).
In der ELR-Förderlinie „Spitze auf dem Land“ werden ausgewählte innovative kleinere Unternehmen gefördert, die das Potenzial haben, in ihrem Bereich international führend zu werden. Die Förderlinie wird zu gleichen Teilen aus Landesmitteln des Entwicklungsprogramms Ländlicher Raum (kurz ELR) und aus EU-Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (kurz EFRE) finanziert. Wir stellen hierfür insgesamt rund sechs Millionen Euro pro Jahr an Fördermitteln zur Verfügung.
Auch RegioWIN 2030 fördert die zukunftsfähige Regionalentwicklung und setzt dabei auf bottom-up-Ansatz und Beteiligung der Akteure vor Ort. Aus dem Wettbewerb um passfähige regionale Entwicklungskonzepte und daraus abgeleitete strategiebasierte Leuchtturmprojekte mit besonderer Strahlkraft sind alle Regionen in Baden-Württemberg erfolgreich hervorgegangen. Ein Drittel der von einer unabhängigen Jury prämierten Leuchtturmprojekte entsteht mit Unterstützung des EFRE und des ELR im Ländlichen Raum Baden-Württembergs.
Das Projekt „Innovative Maßnahmen für Frauen im Ländlichen Raum (IMF)“ hat als Ziel, wohnortnahe Einkommens- und Beschäftigungsperspektiven zu erschließen sowie qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen und zu sichern.
Das EU-Förderprogramm LEADER ist ein weiteres wichtiges Instrument für die Stärkung und Weiterentwicklung des Ländlichen Raums in Baden-Württemberg. Die Potenziale ländlicher Räume liegen in dem kulturellen Erbe, der Erholungslandschaft, lokal verortetem Wissen, der Tradition und den sozialen Netzwerken. Ob und in wie weit eine Region diese Schätze nutzt, liegt oft in den Händen der Menschen vor Ort. Das Besondere an dem LEADER-Ansatz ist, dass die Menschen vor Ort darüber entscheiden sollen, wie Fördermittel eingesetzt werden. LEADER gibt damit örtlichen Institutionen, Vereinen, Kommunen und Bürgern die Möglichkeit, selbst mit Fördermitteln ihr Umfeld zu gestalten. In der Förderperiode LEADER 2023-2027 stehen insgesamt rund 53 Mio. Euro EU- und Landesmittel zur Verfügung.
Zusätzlich erhält jede Aktionsgruppe ein „Regionalbudget“ mit dem das Land Baden-Württemberg Kleinprojekte mit einem Budget von bis zu insgesamt 180.000 Euro unterstützt.
Es ist uns wichtig, unsere einzigartigen Kulturlandschaften für unsere Bürgerinnen und Bürger zu entwickeln und zu erhalten. Mit der Flurneuordnung steht ein zukunftsfähiges Instrument mit großer struktureller Bedeutung für den Ländlichen Raum und seine Entwicklung zur Verfügung. Wir verbessern damit nicht nur die Agrarstruktur, sondern unterstützen auch Infrastrukturprojekte und fördern die biologische Vielfalt sowie die Biodiversität. Die neugeordneten Gebiete sind resilienter und kommen besser mit den Folgen des Klimawandels zurecht.
Aktuell werden landesweit 321 Flurneuordnungsverfahren durchgeführt. Für das Jahr 2024 werden zehn neue Verfahren angeordnet, die von Bund und Land bezuschusst werden. In den Flurneuordnungen sind rund 90.000 Bürgerinnen und Bürger als Teilnehmer beteiligt. Daher ist ein Grundsatz der Flurneuordnung die weitreichende Beteiligung der gesamten Bürgerschaft bei der Umsetzung der Maßnahmen. Denn nur mit Herzblut, Leidenschaft und Kreativität engagierter Bürgerinnen und Bürger vor Ort lässt sich unsere Heimat zukunftsfähig gestalten.
Ein modernes, gut ausgebautes ländliches Wegenetz ist nicht nur für die Land- und Forstwirtschaft wichtig. Auch Spaziergängerinnen und Spaziergänger, Radfahrerinnen und Radfahrer sowie Wanderer nutzen dieses, um sich den nötigen Abstand vom Alltag zu verschaffen. Mit dem Förderprogramm „Nachhaltige Modernisierung von Ländlichen Wegen“ unterstützen wir die Gemeinden beim Ausbau ihrer ländlichen Wege mit dem Ziel einer flächensparenden Modernisierung vor einem Neubau.
Die ländlichen Räume in Baden-Württemberg entwickeln sich unterschiedlich. Deshalb müssen auch differenzierte Antworten auf anstehende Zukunftsfragen gefunden werden. Mit unseren Modellprojekten und Studien, unter anderem in den Bereichen Mobilität, Jugend, Erreichbarkeit, Nahversorgung, Digitalisierung, Biodiversität der Landnutzung und Gesundheit, bestellen wir die für den Ländlichen Raum wichtigen Zukunftsfelder. Zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort werden so die richtigen regionalen Weichen für eine nachhaltige und maßgeschneiderte regionale Entwicklung gestellt.
Ob Freizeit, Mobilität, Arbeiten oder Kommunalverwaltung – digitale Lösungen sind in allen Bereichen auf dem Vormarsch. Gerade in ländlichen Räumen bietet die Digitalisierung große Potenziale, um Infrastruktur passgenau in die Fläche zu bringen. Damit auch unsere ländlichen Städte und Gemeinden an den Chancen der Digitalisierung vollumfänglich partizipieren können, räumt die Landesregierung dem Breitbandausbau eine äußerst hohe Priorität ein. So unterstützt die Landesregierung den Breitbandausbau der Telekommunikationsunternehmen überall dort, wo die wirtschaftlichen Voraussetzungen für einen privatwirtschaftlichen Netzausbau nicht gegeben sind. Es ist dabei das erklärte Ziel der Landesregierung, mittelfristig überall in Baden-Württemberg eine gigabitfähige Breitbandinfrastruktur zu etablieren.
Die Versorgung der wachsenden Weltbevölkerung mit gesunden Lebensmitteln und der gleichzeitige Ausbau der Nutzung nachwachsender Rohstoffe in funktionalen Materialien und als erneuerbare Energieträger erfordern innovative Ansätze, die das Gesamtsystem betrachten. Nur so kann der notwendige Schutz von Klima, Biodiversität und natürlichen Ressourcen sichergestellt werden. Die wissensbasierte Bioökonomie bietet Lösungsansätze für diese Herausforderungen und stärkt gleichzeitig die Attraktivität des Ländlichen Raums und die Zukunftsfähigkeit Baden-Württembergs als Wirtschaftsstandort.
Im Rahmen der im Jahr 2019 verabschiedeten Landesstrategie Nachhaltige Bioökonomie Baden-Württemberg unterstützt das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz praxisnahe Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, Investitionen in innovative Betriebstätten sowie Maßnahmen in der Aus- und Weiterbildung von Fachkräften. Damit werden nachhaltige Innovationen in der Land- und Forstwirtschaft und in verarbeitenden Betrieben als essentieller Beitrag zu einem klimaneutralen Baden-Württemberg vorangetrieben und attraktive Arbeitsplätze geschaffen. Der Bioökonomie liegt ein Denken und Handeln zugrunde, welches sich an natürlichen Stoffkreisläufen orientiert und die erforderlichen Ressourcen nach dem Vorbild der Natur zirkulär bewirtschaftet.