„Dass das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit die Notfallzulassungen für mehrere regulär zugelassene Pflanzenschutzmittel im Zuckerrübenanbau für einen Zeitraum von 120 Tagen zugelassen hat, befürworte ich ausdrücklich. Dadurch kommt der Bund der Forderung mehrerer Agrarminister nach. Mit der Notzulassung erhalten unsere Landwirtinnen und Landwirte kurzfristig die Möglichkeit, effektiv gegen die Schilf-Glasflügelzikade vorzugehen und die von ihr verursachten, wirklich gravierenden Schäden zu reduzieren. Diese Notfallzulassungen sind neben einer Vielzahl von pflanzenbaulichen Maßnahmen ein Baustein im Rahmen der abgestimmten Strategien zur Bekämpfung von Glasflügelzikaden als Überträger zweier bakterieller Krankheitserreger. Beim Thema Wirkstoffverluste im Pflanzenschutz ist jedoch bislang leider keine langfristige Strategie des Bundes erkennbar. Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, unter anderem gegen die Schilf-Glasflügelzikade, war auch bereits Thema auf der Agrarministerkonferenz in Baden-Baden. Unsere Forderung ist sehr klar: Wir müssen dafür sorgen, dass die Landwirtinnen und Landwirte klare und langfristige Sicherheit bekommen. Daher müssen wir wegkommen von ständigen Notfallzulassungen und hin zu regulären Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln“, sagte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, anlässlich der jüngsten Entscheidung des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, im Zuckerrübenanbau Notfallzulassungen mehrerer Pflanzenschutzmittel für eine begrenzte und kontrollierte Verwendung von maximal 120 Tage zu erteilen.
Befall von Zuckerrüben und Kartoffeln
Baden-Württemberg ist besonders stark von den Schäden betroffen, die durch die Schilf-Glasflügelzikade beziehungsweise durch die von ihr übertragenen Krankheiten entstanden sind. Seit 2024 tritt in allen relevanten Zuckerrübenanbauregionen Befall mit der Schilf-Glasflügelzikade (SGFZ) auf. Die SGFZ als Vektor der Bakteriosen Candidatus Arsenophonus Phytopathogenicus und beziehungsweise oder dem Stolbur-Erreger Candidatus Phytoplasma solani führt in den Kulturen Zuckerrüben und Kartoffeln zu erheblichen Ertragsausfällen. Beim Zuckerrübenanbau geht der Rübenertrag um bis zu 25 Prozent und der Zuckergehalt um bis zu fünf Prozent zurück.
Beim Anbau von Konsumkartoffeln sind bei einem Befall Ernteausfälle von 30 bis hin zu 70 Prozent möglich. Die Vermehrungsbestände in Baden-Württemberg sind räumlich getrennt von der Konsumware. Ein Befall mit Stolbur würde eine Nutzung der Knollen als Pflanzgut ausschließen. Nur mit effektiven Maßnahmen kann eine weitere Verbreitung der Bakteriosen durch die Zikaden verhindert werden, sodass auch zukünftig noch regionales Kartoffel-Pflanzgut in Baden-Württemberg erzeugt werden kann.
Ausbreitung in Baden-Württemberg
Im Jahr 2024 wurde in Baden-Württemberg erstmals in Proben von den Kulturen Rote Bete, Möhren, Rhabarber, Paprika Rotkohl, Weißkohl und Chinakohl, Stolbur nachgewiesen. An Sellerie tritt Stolbur in Baden-Württemberg bereits seit einigen Jahren vereinzelt auf und wurde 2023 und 2024 in mehreren Beständen nachgewiesen. Bei Gemüse für den Frischmarkt führt ein Befall zum Totalausfall, bei industrieller Verarbeitung gibt es erhebliche Ertragseinbußen durch geringeren Zuwachs und schlechtere Qualität. Die Verarbeitbarkeit und Lagerfähigkeit wird stark beeinträchtigt. „Auch für diese Kulturen werden schnellstmöglich Lösungen gebraucht. Nur wenn kulturübergreifend eine Reduktion der Zikaden-Population gelingt, kann langfristig der Anbau der genannten Kulturen in Baden-Württemberg gesichert werden. Mit den Notfallzulassungen steht den Landwirtinnen und Landwirten ein Baustein zur direkten Bekämpfung der Zikaden zunächst befristet zur Verfügung. Langfristig brauchen wir aber echte Planungssicherheit für unsere Landwirtinnen und Landwirte und nicht immer wieder neue Notfallzulassungen“, so Minister Hauk.
Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz: Landwirtschaft