Baden-Württembergs Bevölkerung ist vielfältig, weltoffen und heimatverbunden. Knapp ein Drittel aller Menschen in Baden-Württemberg sind Eingewanderte oder Nachkommen von Eingewanderten. Ein Teil von ihnen lebt bereits seit Generationen hier und ist integraler Teil unserer Bevölkerung.
Um den Fachkräftebedarf unserer starken Wirtschaft decken zu können, waren und sind wir darauf angewiesen, Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen. Für eine nachhaltige Fachkräftesicherung bedarf es einer nachhaltigen Integration der Fachkräfte und ihrer Familien. Das setzt eine Willkommenskultur in allen Behörden, den Unternehmen und der Bevölkerung voraus.
Neben den Fachkräften kommen auch Menschen zu uns, die Schutz vor Gewalt und Verfolgung suchen. Viele von ihnen werden für längere Zeit bei uns bleiben und zu einem Teil unserer Gesellschaft. Deshalb unterstützen wir auch diese Menschen dabei, bei uns anzukommen und sich zu integrieren – in Bildung, Arbeit und Wohnen, in unsere Gesellschaft und in unsere Rechtskultur, in unser vielfältiges soziales und kulturelles Leben.
Unser gesamtes Engagement richten wir entsprechend unserer Leitlinie „Integration fördern und fordern“ aus und sorgen dafür, dass Zuwanderung nach Baden-Württemberg weiterhin eine Erfolgsgeschichte bleibt.
Menschenwürdige Flüchtlingspolitik
Weltweit sind mehr als 120 Millionen Menschen auf der Flucht. In Deutschland haben 2023 knapp 352.000 Menschen einen Asylantrag gestellt – davon über 36.000 in Baden-Württemberg. Seit dem Ausbruch des Ukrainekrieges sind außerdem knapp 160.000 Schutzsuchende aus der Ukraine nach Baden-Württemberg gekommen.
Baden-Württemberg bekennt sich zu seiner humanitären Verantwortung. Wir stehen zum Grundrecht auf Asyl und zu den Rechten aus der Genfer Flüchtlingskonvention für Menschen, die auf unseren Schutz und auf unsere Hilfe angewiesen sind. Und wir gewähren Zugang zu fairen und zügigen Verfahren und sorgen während dieses Verfahrens für eine angemessene Unterbringung. Wir sorgen dafür, dass unser Aufnahmesystem für Geflüchtete gut funktioniert. Wir verteilen Geflüchtete mit guter Bleibeperspektive rasch in den Kommunen, damit sie vor Ort Fuß fassen können.
Personen, die bis zu ihrer Rückführung in der Erstaufnahme verbleiben müssen, werden tagesstrukturierende Angebote angeboten, um ihre soziale Situation während des vorübergehenden Aufenthalts und nach der Rückkehr in ihre Heimat zu verbessern. Für Menschen mit besonderem Schutzbedarf halten wir besondere Schutzkonzepte vor.
Dem besonderen Schutzbedarf von Frauen und Kindern, Jugendlichen, Schwangeren, gebrechlichen Menschen und Personen mit Behinderungen Beeinträchtigungen sowie LGBTQIA-Menschen müssen wir gerecht werden. Wir schützen auch diejenigen, die aufgrund ihres Glaubens oder ihrer sexuellen Orientierung Diskriminierungen ausgesetzt waren beziehungsweise sind.
Zur Lösung der gegenwärtigen Herausforderungen setzen wir uns für eine gemeinsame und humanitäre europäische Flüchtlings- und Asylpolitik ein. Dazu gehört die Weiterentwicklung des europäischen Asylsystems mit gemeinsamen Verfahrens- und Leistungsstandards, einem fairen Verteilungsmechanismus und einem wirksamen Schutz der EU-Außengrenzen.
Integration fördern – Integration fordern
„Integration fördern und fordern“ bedeutet für uns, die Menschen, die längerfristig bei uns bleiben, in ihren Integrationsanstrengungen zu unterstützen. Die Motivation, einen persönlichen Beitrag für eine gelingende Integration zu leisten, ist bei einer großen Mehrheit sehr hoch. Wir müssen diesen Menschen daher ausreichende und möglichst passgenaue Angebote machen; nur so kann Integration gelingen. Für diejenigen, die seit vielen Jahren im Land leben, nicht straffällig geworden und gut integriert sind, werden wir daher alle Möglichkeiten nutzen, um ein Bleiberecht zu ermöglichen. Hierdurch setzen wir Anreize, Deutsch zu lernen, die berufliche Integration voranzutreiben und sich sozial und ehrenamtlich zu engagieren.
Das bedeutet aber auch, dass diejenigen, die sich einer erfolgreichen Integration verschließen, mit Konsequenzen rechnen müssen. Wir geben einen Vertrauensvorschuss, wir investieren in die Zukunft der neu angekommenen Menschen, wir leben eine Willkommenskultur. Aber wir erwarten im Gegenzug auch Leistungsbereitschaft, Anstrengung, Verantwortungsbereitschaft und Integrationswillen.
Im Februar 2018 hat der Landesbeirat für Integration seine Arbeit aufgenommen. Das Expertengremium berät die Landesregierung in allen wesentlichen Fragen der Integrationspolitik. Der Beirat besteht aus acht Vertreterinnen und Vertretern aus den Bereichen Wissenschaft, Wirtschaft, Religionsgemeinschaften, freie Wohlfahrtverbände, Verwaltung und Gesellschaft.
Perspektiven schaffen durch Sprache und Bildung
Der Erwerb der deutschen Sprache ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Integration. Wir möchten deshalb für einen einfachen Zugang zu Sprachkursen sorgen und unterstützen die Stadt- und Landkreise, die ein breites und auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittenes Angebot von Sprachkursen bereitstellen.
Wir möchten zugewanderten Kindern durch eine zügige Aufnahme in Kinderbetreuungseinrichtungen oder Schulen einen schnellen Zugang zu Bildung und Betreuung ermöglichen. Wir möchten durch genügend Personal und Mittel für Vorbereitungsklassen (VKL) in den allgemein bildenden Schulen sowie für Vorqualifizierungsjahre für Arbeit und Beruf mit Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen (VABO) in den beruflichen Schulen einen möglichst zügigen Übergang in die Regelklassen, in eine Ausbildung oder eine berufliche Schulart erreichen. Damit stehen alle Schulabschlüsse direkt oder über den zweiten Bildungsweg offen.
Bessere berufliche Chancen schaffen
Zuwanderung ist eng mit der Geschichte Baden-Württembergs verknüpft. Wir wissen deshalb aus Erfahrung, dass Integration umso besser gelingt, je früher wir zugewanderte Menschen in den Arbeitsmarkt integrieren. Gemeinsam mit unserer starken Wirtschaft haben wir die Möglichkeit, Geflüchtete mit guter Bleibeperspektive in eine berufliche Tätigkeit zu bringen. Gleichzeitig begreifen wir die jungen zugewanderten Menschen als große Chance für den Arbeitsmarkt, den wachsenden Bedarf an Fach- und Arbeitskräften zu decken.
In diesem Zusammenhang benötigen unsere Betriebe Rechtssicherheit und Verlässlichkeit. Dafür sorgen wir, indem auch ausreisepflichtige Menschen zur Berufsausbildung eine Aufenthaltserlaubnis bekommen können und wir eine daran anschließende Beschäftigung ermöglichen. Zudem nutzen wir Spielräume bei der Beschäftigungsduldung und das neue Chancenaufenthaltsrecht.
Auch die Spielräume zur Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration nutzen wir, damit Geflüchtete einen Aufenthaltstitel erhalten. Dabei unterstützen wir nachhaltige Integrationsleistungen, die beispielsweise zugunsten einer Verkürzung der Voraufenthaltszeiten gewürdigt werden können. Das sorgt für Sicherheit in den Betrieben und motiviert, geflüchteten Menschen einen Ausbildungsplatz oder eine Beschäftigung anzubieten. Im Ausland bereits erworbene Berufsabschlüsse erkennen wir so schnell wie möglich an, besonders im Ingenieurwesen sowie in den medizinischen und pflegerischen Berufen.
Kommunen und Kreise unterstützen
Die Unterbringung, Betreuung und Integration von Geflüchteten stellen eine immer größere Herausforderung für Kreise, Städte und Gemeinden dar. Die Kommunen sind der entscheidende Ort für eine gelingende Integration. Das Land hat vielfältige Förderprogramme für die Integrationsarbeit vor Ort aufgesetzt. So unterstützen wir beispielsweise die Einstellung von kommunalen Integrationsbeauftragten und die Integration auf kommunaler Ebene.
Zudem unterstützen wir die Kommunen bei ihrer Aufgabe der Anschlussunterbringung mit unserem „Pakt für Integration“ mit dem Kernelement Integrationsmanagement und weiteren Programmen, wie etwa zur Sprachförderung.
Einen Großteil der Aufwendungen, die den Kommunen im Rahmen der vorläufigen Unterbringung entstehen, gleichen wir aus.
Rückkehr voranbringen
So wie wir schutzbedürftigen Menschen helfen und ihnen Perspektiven bieten, so gehört zum verantwortungsvollen Umgang mit den Flüchtlingszugängen auch die Feststellung, dass nicht alle Menschen, die zu uns nach Baden-Württemberg kommen, auch bei uns bleiben können. Menschen, die in Deutschland keinen Aufenthaltstitel besitzen oder Asylbewerberinnen und Asylbewerber, deren Asylantrag vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgelehnt wurde, müssen laut Gesetz Deutschland verlassen, soweit nicht ein Abschiebungsverbot oder Abschiebungshindernis besteht.
Dabei geben wir der freiwilligen Ausreise den Vorzug und unterstützen abgelehnte Asylbewerberinnen und Asylbewerber beispielsweise durch eine individuelle Rückkehrberatung. Wo Instrumente der freiwilligen Rückkehr nicht greifen, führen wir Ausreisepflichtige schnell wieder in ihre Heimat zurück.
Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer unterstützen
Viele tausende Menschen in Baden-Württemberg engagieren sich ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit. Gerade auf kommunaler Ebene, bei der Integration der zugewanderten Menschen, ist ihr Wirken unverzichtbar. Wir unterstützen daher das ehrenamtliche Engagement im Bereich Migration und Flucht gezielt und verlässlich.
Viele Menschen und Organisationen setzen sich in Baden-Württemberg mit Herzblut und Leidenschaft für ein gelingendes und selbstverständliches Zusammenleben von Menschen mit und ohne Einwanderungsgeschichte ein. Dieses vielfältige gesellschaftliche Engagement für Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zeichnen wir mit der Verleihung des Integrationspreises aus.