Wer in der ehemaligen Reichsstadt Aalen zum Rathausturm hochschaut, der sieht dort den Kopf eines bärtigen Mannes mit einer Pfeife im Mund mit verschmitztem Blick herunterlächeln und sich hin- und herdrehen. Das ist der Aalener Spion, dem die Bürger ein Denkmal gesetzt haben. Denn ihm verdanken sie es, dass die Stadt vom Heer des Kaisers einst verschont wurde.
Das hat sich folgendermaßen zugetragen: Die Reichsstädter lagen in Streit mit dem Kaiser, und sein Heer lag schon vor der Stadt, um sie einzunehmen. Die Aalener bekamen Angst und schickten deshalb den Pfiffigsten unter ihnen ins feindliche Lager, um die Stärke der Truppen auszukundschaften. Der Spion ging geradewegs hinüber zum Feind und wurde natürlich sofort abgefangen und vor den Kaiser geführt. Als dieser ihn fragte, was er denn hier zu suchen habe, antwortete er: „Erschrecket net, ihr hohe Herra, i will bloß gucka, wie viel Kanone ond anders Kriegszeug ihr hent. I ben nämlich der Spion von Aale.“
Der Kaiser lachte über so viel Unverfrorenheit und gespielte Einfalt. Er ließ den Aalener durchs ganze Lager führen und schickte ihn dann wieder nach Hause. Bald darauf zog er mit seinem Heer ab, denn er meinte, eine Stadt, in der solche Schlaumeier wohnten, habe Schonung verdient.