Vielfältige Sprachlandschaft

Dialekte

„Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“ Ob Schwäbisch, Kurpfälzisch oder Hohenlohisch – in Baden-Württemberg gibt es eine Vielfalt an Dialekten.

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 Eine Person in traditioneller Tracht mit einem Bollenhut, dessen rote Wollbollen gut sichtbar im Vordergrund sind. Im unscharfen Hintergrund befinden sich zwei Personen bei einem Grill im Freien, umgeben von grüner Natur.

In einer globalisierten Welt, geprägt von Massenmedien und steigender Mobilität, verlieren Dialekte an Bedeutung. Stattdessen dominieren Standarddeutsch und Englisch. Früher galten Dialekte sogar als Karriere-Nachteil. Heute ist ihr positiver Einfluss wissenschaftlich belegt.

Studien zeigen, dass Dialekte nicht nur die sprachliche und kommunikative Kompetenz stärken, sondern auch kognitive Fähigkeiten fördern. Und nicht zuletzt sind Dialekte ein wichtiger Teil unserer Kultur und stärken die persönliche sowie regionale Identität.

Mundarten bewahren und stärken

Die Landesregierung will daher die Dialekte in Baden-Württemberg bewahren und stärken. Das sind die Ziele unserer Dialekt-Strategie:

  • Wissen erhalten und stärken
    Wir fördern Forschung und Dokumentation zum Dialekt – innerhalb und außerhalb der Universitäten.
  • Sichtbarkeit verschaffen
    Mit der neuen Marke „DialektLÄND“ rücken wir den Dialekt stärker ins Rampenlicht.
  • Bildung vermitteln
    Wir setzen uns dafür ein, dass Dialekte als sprachliche Ressource in Kitas und Schulen vermittelt und genutzt werden.
  • Zivilgesellschaft stärken
    Wir unterstützen Initiativen wie den Dachverband der Dialekte und den neuen Landespreis für Dialekt.

Vielfältige Sprachlandschaft

Die eigene Sprache ist wohl eines der stärksten Merkmale von regionaler Identität. Die Dialekte bereichern das Hochdeutsche, in dem sie Ausdrücke und Wörter finden, für die es im Hochdeutschen höchstens komplizierte Umschreibungen gäbe. Oder wie sollte man „Herrgottsbscheißerle“ ins Hochdeutsche übersetzen?

Dabei sind die Dialekte keineswegs nur in der gesprochenen Sprache präsent. Zahlreiche Autorinnen und Autoren aus Baden-Württemberg schrieben und schreiben auch in ihrem Heimatdialekt.

In Baden-Württemberg gibt es zwei Groß-Dialekte: Fränkisch im nördlichen Drittel und Schwäbisch-Alemannisch in den südlichen zwei Dritteln. Die Bezeichnungen leiten sich von den Stammes-Siedlungsgebieten der Franken und Alemannen ab. Doch kann man die Verbreitungsgebiete der Dialekte heute nicht eins zu eins auf die alten Siedlungsräume übertragen. Beide Großdialekte teilen sich jeweils in Untergruppen, und diese fächern sich wiederum in viele regionale Mundartformen auf.

Kurpfälzisch, Hohenlohisch & „Badisch“

Die Dialekte in Baden-Württemberg, deren Verbreitungsgebiete teils über die Landesgrenzen hinausreichen, werden dem Fränkischen und dem Schwäbisch-Alemannischen mit den folgenden großen Dialektfamilien zugeordnet:

  • Rheinfränkisch (in Baden-Württemberg nur im Raum Mannheim vertreten),
  • Süd- und Ostfränkisch (Nordwesten und Nordosten),
  • Alemannisch (Südwesten),
  • Schwäbisch (Mitte, Osten und Südosten; in der Forschung auch den alemannischen Dialekten zugerechnet).

Im nördlichen Baden-Württemberg werden also fränkische Dialekte gesprochen, etwa das Kurpfälzische. Auch das Hohenlohische ist eine fränkische Mundart, die insbesondere in den Landkreisen Schwäbisch Hall, Hohenlohekreis und Bad Mergentheim gesprochen wird.

Die größte Sprachgruppe bilden in Baden-Württemberg die schwäbisch-alemannischen Dialekte. Sie werden im südlichen Landesteil gesprochen, etwa südlich der Linie Rastatt, Pforzheim, Backnang, Ellwangen.

Wenn man umgangssprachlich von „Badisch“ spricht, so sucht man vor allem einen Gegenbegriff zum Schwäbischen und meint damit so unterschiedliche Mundarten wie das Fränkische im Norden oder das Oberrhein-, Hoch- oder Bodensee-Alemannische im Südwesten.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann spricht bei einem Interview.

Dialekte sind weit mehr als nur Sprache: sie sind Ausdruck von Identität, Zusammenhalt und Heimatverbundenheit. Sie schaffen ein Gefühl der Zugehörigkeit und sind ein gesprochenes Zeichen unseres kulturellen Reichtums.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann

Dialekte entwickeln sich weiter

Sprache und Dialekte sind keine statischen Gebilde, sie waren und sind immer noch permanent Einflüssen von innen und außen ausgesetzt. Dies ist jedoch kein Phänomen der Moderne. Denn gewandert sind die Menschen und teilweise ganze Völkergruppen schon immer. Daher fällt es schwer, genaue Sprachgrenzen festzulegen. Auch die verschiedensten Eroberer und Besatzer übten einen Einfluss auf die Sprache aus.

Früher gingen die Veränderungen meist langsamer vonstatten. Mit der gestiegenen Mobilität in den letzten 100 Jahren hat sich dieser Prozess aber beschleunigt. Auch die Verbreitung des Schrift- oder Hochdeutschen durch die Massenmedien führt zu einem Abschliff der Dialekte. Die Globalisierung und das Englische als internationale Sprache haben uns zudem viele neue Lehnwörter beschert. Die gesprochenen Dialekte sind in der Lage, mit dieser Dynamik umzugehen. Neue Wörter und Wendungen werden assimiliert, teilweise so sehr, dass sich ihr Ursprung dem Laien nicht mehr erschließt. 

Dachverband der Dialekte

Seit 2023 bündelt der Dachverband der Dialekte Baden-Württemberg als Zusammenschluss von Vereinigungen, Gemeinschaften, Institutionen und Einzelpersonen im Bereich Dialekt und Mundart deren Aktivitäten im ganzen Land. Seit 2024 schreibt der Dachverband zusammen mit dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung Kunst den Landespreis für Dialekt Baden-Württemberg aus.

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