Der Johann-Peter-Hebel-Preis 2024 geht an den Autoren Pierre Kretz. Mit seiner Verbundenheit zum alemannischen Sprachraum macht Pierre Kretz die Zweisprachigkeit des Elsass in literarisch herausragender Weise sichtbar.
Der im Elsass geborene Autor Pierre Kretz wird mit dem Johann-Peter-Hebel-Preis des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet. Der Preis ist erstmals mit 20.000 Euro dotiert und wird alle zwei Jahre anlässlich des Geburtstags von Johann Peter Hebel (1760 bis 1826) am 10. Mai 2024 im Rahmen des Hebelfestes in Hausen im Wiesental verliehen. Die Preisträgerinnen und Preisträger stehen in der Tradition des alemannischen Dichters der Aufklärung, mit Bewusstsein für Tradition, regionale Sprache und Heimatverbundenheit.
Kunststaatssekretär Arne Braun sagte: „Pierre Kretz beleuchtet die historischen und sprachlichen Besonderheiten des Elsässischen in der Geschichte und in der heutigen Gesellschaft. Er wählt für seine literarische Arbeit neben der französischen Sprache den elsässischen Dialekt, der durch den Generationenwechsel im Verschwinden begriffen ist. Der Hebel-Preis prämiert in diesem Jahr einen Autor, der mit seiner Verbundenheit zum alemannischen Sprachraum die Zweisprachigkeit der Region des Elsass in literarisch herausragender Art und Weise sichtbar macht.“
Preisgeld auf 20.000 Euro angehoben
Das Land hat das Preisgeld in diesem Jahr auf 20.000 Euro angehoben. Damit soll das Andenken Johann Peter Hebels und seiner Ideale im alemannischen Raum über Ländergrenzen hinweg gestärkt werden, gleichzeitig aber die Bedeutung des Preises auch im gesamten deutschen Sprachraum akzentuiert werden.
Die Jury hebt in ihrer Begründung Kretz’ Sinn für die Spannungen zwischen dem Elsässischen, Französischen und Standarddeutschen im oberrheinischen Raum hervor. Mit seiner Liebe zum Elsässischen plädiere Kretz dafür, dass die historischen und sprachlichen Besonderheiten seiner Region auch in einem modernen Staat Platz finden sollten. Besonders beeindruckt haben das Preisgericht die elsässisch-französischen literarischen Mundart-Texte des Autors, die als Theaterstücke in der Schweiz, in Frankreich und Baden adaptiert und in Frankreich, im Schweizerischen Rundfunk und im Südwestrundfunk (SWR) auf elsässisch, alemannisch und schweizerdeutsch gesendet wurden: durch ihre sprachliche Gestaltung, das sehr authentische Elsässisch und ihren Witz, aber auch durch das Gesellschaftsbild, das sich aus den Lebensgeschichten der Protagonisten ergebe. Von einer Idealisierung oder Verharmlosung des Lebens im Dorf seien die trotz ihres Witzes recht bitteren Stücke weit entfernt.
Freiburgs Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer leitete die fachkundige Jury, die literarisch versierte Expertinnen und Experten aus dem alemannischen Sprachraum Österreichs, der Schweiz, Frankreichs und Baden-Württembergs vereint.
Pierre Kretz
Pierre Kretz, 1950 in Séléstat (Schlettstadt) geboren, in einem elsässischen Weinbauerndorf aufgewachsen, lebt in Sainte-Marie-aux-mines (Markirch). Nach dem Jurastudium in Straßburg und Saarbrücken war er als Anwalt tätig, arbeitete aber auch mit elsässischen Laienbühnen zusammen, inszenierte, spielte und schrieb elsässische Texte. Zu seinem fünfzigsten Geburtstag gab der Autor seinen Anwaltsberuf auf und ist seither freier Schriftsteller.
Pierre Kretz schreibt auf Französisch und im elsässischen Dialekt. Seine auch in die deutsche Sprache übersetzten Romane „Quand j’etais petit j’étais catholique“ (2005) („Ich, der kleine Katholik“), „Le gardien des âmes“ (2009) („Der Seelenhüter“) und „Vies dérobées“ (2019) („Verlorene Leben“) vergegenwärtigen die neuere Geschichte des Elsass. Seine beiden Monolog-Einakter „Ich ben a beesi Frau“ / „Je suis une méchante femme“ von 2015 und „Ich wàrt uf de Theo“ / „En attendant Théo“ von 2022 wurden in Frankreich, in der Schweiz und in Deutschland als Hörspiele gesendet.
Johann-Peter-Hebel-Preis
Den Johann-Peter-Hebel-Preis haben in der Vergangenheit unter anderem Monika Helfer, Sibylle Berg, Christoph Meckel, Michael Köhlmeier, Albert Schweitzer, Max Picard, Otto Flake, Claude Vigée, Carl Jacob Burckhardt, Martin Heidegger, Marie Luise Kaschnitz, Elias Canetti, Emma Guntz, Arno Geiger, Arnold Stadler, Karl-Heinz Ott und Lukas Bärfuss erhalten.