Für ihr besonderes Engagement hat das Land zehn Bürgerinnen und Bürger mit der Heimatmedaille Baden-Württemberg 2024 ausgezeichnet. Mit ihrem Engagement stärken die Geehrten auch den Zusammenhalt in der Gesellschaft.
Für ihr besonderes Engagement sind zehn Bürgerinnen und Bürger mit der Heimatmedaille Baden-Württemberg 2024 ausgezeichnet worden. „In seiner Heimat verortet zu sein, ist ein großes Glück. Es bringt auch eine Verantwortung mit sich, die die Bürgerinnen und Bürger, die heute mit der Heimatmedaille (PDF) ausgezeichnet werden, dank ihres Engagements in vorbildlicher Weise tragen. Sie sind Botschafterinnen und Botschafter eines Gefühls, einer Erinnerung, einer Sehnsucht oder Haltung und bringen uns den Begriff Heimat in seiner schönsten Bedeutung näher. Sie schaffen Orte, Begegnungsräume, Dialogmöglichkeiten, sorgen für Verständnis von historischen Strukturen und Prozessen der Gegenwart. So stärken sie auch den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft“, sagte Petra Olschowski, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, anlässlich der Verleihung der Heimatmedaillen in Neresheim.
Das Engagement der in diesem Jahr Geehrten reicht von der Orts- und Regionalgeschichtsforschung über die Landeskultur, die Brauchtumspflege, die Mundart und die Kunstgeschichte bis hin zur Sozial- und Integrationsarbeit. Heimat sei ein Begriff mit vielen Dimensionen, betonte die Ministerin. „Was wir als Heimat empfinden, ist zutiefst persönlich: Einen Ort, eine Sprache oder einen Dialekt, eine vertraute Landschaft oder Mentalität, einen Klang, einen Geruch.“
Die Übergabe der Heimatmedaillen bildet traditionell den Auftakt der Landesfesttage im Rahmen der Heimattage Baden-Württemberg. In diesem Jahr werden die Heimattage von den Härtsfeld-Kommunen Neresheim, Nattheim und Dischingen gemeinsam ausgerichtet. Petra Olschowski betont: „Es ist immer etwas Besonderes, wenn sich mehrere Kommunen gemeinsam dazu entschließen, dieses Festjahr auszurichten. Dies wird durch das eindrucksvolle Veranstaltungsprogramm hier in Neresheim, Nattheim und Dischingen auf bemerkenswerte Weise sichtbar.“
Die Trägerinnen und Träger der Heimatmedaille 2024
Hans-Joachim Böhm zeichnet sich durch seine langjährigen Verdienste um die Erhaltung der Tradition der historischen Bürgerwehren und Milizen aus. Er ist seit 2003 in der Historischen Bürgerwehr Villingen aktiv, seit 2012 ihr Kommandant und Erster Vorsitzender sowie seit 2018 Oberst und seit 2019 Ehrenkommandant.
Das ehrenamtliche Engagement von Hans-Joachim Böhm ist jedoch nicht auf Villingen begrenzt: Er war 2013 als Kommandeur des Großen Zapfenstreichs in Leipzig anlässlich der internationalen Veranstaltung „200 Jahre Völkerschlacht“ sowie ebenso 2017 beim Großen Zapfenstreich in Rueil-Malmaison (Paris) tätig. Seit 2014 er zudem Landeskommandant der Bürgerwehren und Milizen Baden Südhessen. Der Landesverband umfasst als Dachverband 22 Mitgliedswehren, denen zum Teil auch Spielmannszüge, Musikkapellen, Trachten- oder Biedermeiergruppen angeschlossen sind.
Ferner bringt Hans-Joachim Böhm seine Kenntnisse und Fähigkeiten auch im internationalen Rahmen ein, indem er seit 2021 als Vizepräsident im Vorstand der Union der Europäischen Wehrhistorischen Gruppen mitarbeitet. Sie umfasst derzeit in 14 Ländern Europas knapp 100 Vereine mit insgesamt mehreren Tausend Mitgliedern.
Seit 1994 führt Bärbel Endraß gemeinsam mit ihrem Mann den Biohof Endraß in Wangen–Primisweiler. Sie halten 3.000 Legehühner in einer großzügigen Freilandhaltung, bewirtschaften Äcker und Streuobstwiesen und bauen Weihnachtsbäume an. Um Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung wieder erleb- und begreifbar zu machen, engagieren sich die Eheleute Endraß im Landesprojekt „Lernort Bauernhof“. Regelmäßig bieten sie Schulklassen und Gruppen die Möglichkeit, den Hof zu besuchen und die vielfältigen Aufgaben in einer Landwirtschaft aktiv zu erleben.
Seit 2014 engagiert sich Bärbel Endraß intensiv für Flüchtlinge. Sie ist eine der InitiatorInnen und MitbegründerInnen des Netzwerks Asyl Wangen. Sie hat dieses Netzwerk im Laufe der Jahre mit ihrem unermüdlichen Engagement in außerordentlichem Maße geprägt – zum Beispiel 2015, als in einer leerstehenden Halle der ehemaligen Baumwollspinnerei ERBA 100 Menschen untergebracht werden mussten. Die Mitglieder des Netzwerkes Asyl sind bis heute eine wichtige und unerlässliche Ergänzung zur hauptamtlichen Sozialbetreuung.
Im Laufe der Jahre hat sich Frau Endraß ein großes Wissen angeeignet und wurde damit zu einer wichtigen Ratgeberin in allen Fragen des Asylverfahrens. Ihre Beharrlichkeit und die unermüdlichen Auseinandersetzungen mit den vielen Ebenen der Einreisebürokratie ist ein Alleinstellungsmerkmal. Für viele Geflüchtete in Wangen ist der Name „Barbara“ ein Synonym für zupackendes Angehen und erreichte Lösungen von Problemen aller Art.
Karlheinz Geppert ist Kulturwissenschaftler und hatte beruflich von 2004 bis 2021 die Leitung des Kulturamts der Stadt Rottenburg am Neckar inne. In den Jahren 2008/2009, 2013/2014 und von 2016 bis 2023 war er Vorsitzender des Landesausschusses Heimatpflege Baden-Württemberg. Zudem ist er seit 2001 Vorsitzender des Arbeitskreises Heimatpflege im Regierungsbezirk Tübingen. Der Arbeitskreis Heimatpflege führt im jährlichen Wechsel den Wettbewerb „Vorbildliches Heimatmuseum“ und den Wettbewerb „Vorbildliches Dorfgasthaus“ durch. Unter dem Vorsitz von Karlheinz Geppert haben neun Museumswettbewerbe und vier Dorfgaststättenwettbewerbe stattgefunden. Seit 2021 ist er Vorsitzender der baden-württembergischen Jury des Landespreises für Heimatforschung, in der er seit 2007 aktiv ist.
Karlheinz Geppert ist zudem in vielen weiteren Gremien und Stiftungen ehrenamtlich tätig, unter anderem im Stiftungsvorstands der Eugen-Bolz-Stiftung und seit 2022 Mitglied des Vorstands der Volkshochschule Tübingen e.V.
Bereits seit 1986 ist er Geschäftsführer und Vorstandsmitglied des Sülchgauer Altertumsvereins und Leiter des Sülchgau-Museums Rottenburg am Neckar. Geppert hat sich herausragend engagiert bei der Entstehung des neuen Rottenburger „Museums im Amannhof“. Seit 2022 ist er Geschäftsführer des 2001 gegründeten Fördervereins Schwäbischer Dialekt e.V. Seit 2023 ist er zudem Mitglied des Vorstands des Dachverbands der Dialekte Baden-Württemberg e.V.
Seit Mitte der 1990er Jahre tritt Reinhold Hittinger als Mundartkünstler auf und fördert mit der musikalischen Darbietung im Dialekt die regionale Identität und Verbundenheit. An der Volkshochschule Balingen gibt er schon seit Jahrzehnten Gitarrenkurse. Anfang 2000 gründete er gemeinsam mit Helmut Pfitzer das „Duo Aurezwicker“. Fast 20 Jahre präsentierten die Mundartkünstler als Duo Lieder, Chansons und Mundartkabarett auf den schwäbischen Kleinkunstbühnen.
Nach dem Tod seines Partners machte Reinhold Hittinger alleine als Künstler weiter und beteiligte sich als Mundartkünstler bei dem Projekt „Mundart in der Schule“, das 2005 gestartet wurde: Zur Förderung der Mundart in Schule und Unterricht, und zur Stärkung der regionalen Identität bei Kindern und Jugendlichen, werden Mundartkünstler und Mundartkünstlerinnen in Schulen eingeladen und gestalten dort jeweils eine Doppelstunde zum Thema „Mundart“ in Klassen. Reinold Hittinger zeigt seit Jahrzehnten durch seine Auftritte auf den regionalen Mundartbühnen, dass Dialekt Spaß macht und lässt in seinen künstlerischen Darstellungen den schwäbischen Dialekt in all seinen Facetten lebendig werden.
Uschi Isele aus Freiburg zeichnen ihren langjährigen und vielfältigen Verdiensten um die Pflege der alemannischen Mundart aus. Sie ist seit 1991 in verschiedenen Funktionen ehrenamtlich im Vorstand der Muettersproch-Gsellschaft – Verein für alemannische Sprech e.V. aktiv. Anfänglich als Schriftführerin tätig, ist sie seit 2020 Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes. Von 2017 bis 2020 hat sie im Arbeitskreis „Veranstaltungen“ der Muettersproch-Gsellschaft mitgearbeitet und dabei zahlreiche gut besuchte Mundart-Veranstaltungen – unter anderem bei den Heimattagen Waldkirch 2018 – sowie Mundart-Wettbewerbe mitorganisiert.
Uschi Isele kümmert sich seit 2003 um die Finanzierung des gemeinsam mit dem Förderverein Schwäbischer Dialekt e.V. sowie dem Verein schwäbische mundart e.V. durchgeführten Projektes „Mundart in der Schule“. Ferner hat sie seit 2022 am Gründungsprozess des Dachverbandes der Dialekte Baden-Württemberg e.V. mitgewirkt.
Alfons Kinzler hat sich über viele Jahrzehnte hinweg für die Bewahrung und Förderung der regionalen Kultur und Geschichte Neresheims eingesetzt. Sein besonderes Interesse gilt dem umfangreichen Sammeln historischer Schriften, die einen außerordentlichen Wert für die Erhaltung des kulturellen Erbes der Stadt Neresheim darstellen. Mit einer Sammlung von über 300 Büchern trägt er dazu bei, dass diese kostbaren Schriften nicht in Vergessenheit geraten. Seine Leidenschaft erstreckt sich weiter auf die Sammlung von Lithographien aus Neresheim sowie von Postkarten, die die Entwicklung der Stadt anschaulich darstellen.
Mit über 40 Jahren Engagement für das Härtsfeld besitzt Alfons Kinzlerein umfassendes Wissen über die Geschichte und Geheimnisse dieser Region und fungiert gewissermaßen als lebendiges Lexikon für das Härtsfeld. Er hat aktiv dazu beigetragen seine Sammlungen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wie beispielsweise seine Beteiligung an der Ausstellung „Meine Leidenschaft ist Neresheim“ der Museumfreunde Neresheim beweist. Unterstützt durch sein Engagement bei den Museumsfreunden gelang es der Stadt Neresheim im September 2005, Preisträger des Landeswettbewerbs „vorbildliches Heimatmuseum“ zu werden. Zudem hat er bereits unzählige Stadtführungen und Wandertouren über das Härtsfeld organisiert und geleitet.
Renate Krispin ist 1976 gemeinsam mit ihren Eltern aus Rumänien nach Deutschland gekommen. Zusammen mit Theresia Teichert hat sie die Trachtengruppe der Banater Schwaben im Kreisverband Esslingen gegründet, deren Leiterin sie seit 1988 ist. Seither trägt Renate Krispin die Hauptverantwortung für die Kinder-, Jugend und Erwachsenengruppe der Kreisgruppe der Banater Schwaben in Esslingen. Sie organisiert alle Auftritte der Gruppen im In- und Ausland, ist für die Betreuung ausländischer Gruppen zuständig und kümmert sich um die Trachten- und Brauchtumspflege und die originalgetreue Trachtenanfertigung in der Arbeitsgemeinschaft Tracht. Die Volkstanzgruppe besteht aus 40 aktiven Mitgliedern aus dem Kreis Esslingen. Jährlich finden drei bis vier Eigenveranstaltungen statt, daneben tritt die Gruppe bei etwa 20 Fremdveranstaltungen auf.
Die Gruppe engagiert sich zum einen im Südwestdeutschen Gauverband der Heimat- und Trachtenvereine, der seinen Sitz in Wendlingen hat, und zum anderen im Deutschen Trachtenverband. Renate Krispin pflegt zudem Kontakte zu anderen ausländischen und inländischen Trachtengruppen und Organisationen. Dabei ist ihr die Mitgliedschaft in der DJO – Deutsche Jugend für Europa ein sehr großes Anliegen. Für ihre ehrenamtlichen Verdienste wurde Renate Krispin 2016 mit der Ehrennadel des Arbeitskreises Heimatpflege gewürdigt.
Die Liste der Ehrenämter des 73-jährigen Friseurmeisters ist umfangreich und reicht von seinem kommunalpolitischen Engagement – er war jahrzehntelang Gemeinde und Ortschaftsrat – über sein über 55-jähriges musikalisches Wirken bis zu seinem unermüdlichen Einsatz für die Heimatpflege. So initiierte Gerhard Pius Schäfer 1998 die Gründung des Heimat- und Museumsvereins sowie des Dorfmuseums Wagenschwend und übernahm sowohl den Vorsitz im Verein als auch die Leitung des im ehemaligen Schul- und Rathaus untergebrachten Museums.
Er gründete und geleitete das Männer-Doppelquartett „HuMOR“ (Heimat- und Museumsverein Ortschaftsrat), ein Ensemble aus Mitgliedern der genannten Institutionen. Schäfer ist seit mehr als 40 Jahren Dirigent beim überaus regen Musikverein „Eintracht’ Wagenschwand“. In der Theatergruppe dieses Vereins ist er ebenso aktiv. Weit über Wagenschwend hinaus engagiert er sich in der Amateurmusik. Seit Jahren ist er stellvertretender Verbandsdirigent und Präsidiumsmitglied des Blasmusikverbands Tauber-Odenwald-Bauland und legt in dieser Funktion besonderen Wert auf die Aus- und Weiterbildung von Musikerinnen und Musikern.
Seit ihrem Eintritt in den Ortsverein Ehingen des Deutschen Roten Kreuz (DRK) 1973 hat Elisabeth Waibel bei fast allen Blutspendenaktionen und bei vielen Einsätzen mitgeholfen – zum Beispiel bei der Schneekatastrophe im Februar 1999, Illerhochwasser Pfingsten 1999, Hochwasser 2006 in Illerkirchberg und bei Brandeinsätzen in Munderkingen, Rottenacker, Ehingen, Berkach. Als im September 1989 die Grenze der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) fiel und die Übersiedler auch im Alb-Donau-Kreis untergebracht wurden, half Elisabeth Waibel beim Aufbau der Notunterkünfte im ehemaligen Franziskanerkloster.
Bei zwei Hilfsgütertransporten nach Temesvar/Rumänien im Jahre 1990, die der Kreisverband Ulm durchführte, war Elisabeth Waibel dabei und half später auch beim Sammeln der Spenden. Im Jahre 1994 hat Elisabeth Waibel das Amt der Bereitschaftsleiterin im Ortsverband Ehingen übernommen, welches sie bis 2000 ausübte. Während dieser Zeit hat sie den Notfallnachsorgedienst in Ehingen aufgebaut und ist bis heute für die Organisation und Leitung verantwortlich. Eine weitere große zeitliche und organisatorische Herausforderung ist ihre Tätigkeit beim Ehinger Sozialfonds „Bürger für Bürger“, den sie für das DRK Ehingen zusammen mit der Südwestpresse Ehingen und der Caritas Ehingen im Jahr 2007 ins Leben gerufen hat.
Felicitas Zemelka ist eine ausgewiesene Expertin für die Kleindenkmale im nordöstlichen Baden-Württemberg. Anfang der 1980er Jahre wurde sie mit der Inventarisierung der Kleindenkmale im Neckar-Odenwald-Kreis beauftragt. Seither forscht sie auch außerhalb dieses Auftrags mit Leidenschaft insbesondere zu religiösen Kleindenkmalen und publiziert über die historischen Kontexte.
Als Mitglied der Gesellschaft zur Erhaltung und Erforschung der Kleindenkmale in Baden-Württemberg organisierte sie unter anderem eine internationale Tagung zur Kleindenkmalforschung in Walldürn-Altheim und wirkte jahrelang impulsgebend als stellvertretende Vorsitzende des Vereins. Zu den Heimattagen Baden-Württemberg 1986 in Buchen präsentierte sie eine viel beachtete Ausstellung über religiöse Kleindenkmale in Badisch-Franken. Jahrzehntelang gehört sie dem Verein Bezirksmuseum Buchen an und ist eines seiner aktivsten Mitglieder.
Im Jahr 2016 gründete sie und leitet bis heute den „Verein Kulturpark Madonnenland“ zusammen mit 25 in der Heimatforschung Interessierten und Engagierten aus Buchen, Walldürn und Umgebung. Der Verein dokumentiert mit einer großen Ausstellung die religiösen Kleindenkmale des Madonnenlandes im Spiegel ihrer Genese und Geltung. Derzeit „wandert“ die von Felicitas Zemelka gestaltete umfangreiche Präsentation durch den Neckar-Odenwald-Kreis.
Sie unterstützt den auf Initiative des Heimatvereins Mudau geschaffenen Mundartweg vom Neckar über den Odenwald ins Taubertal. Sie setzte die Konzeption des Projekts digital um und ermöglichte es so, den Rundgang am Bildschirm zu Hause nachzuvollziehen.
Heimatmedaille Baden-Württemberg
Über die Auswahl der Persönlichkeiten, die die Heimatmedaille erhalten, berät der Landesausschuss Heimatpflege Baden-Württemberg, bevor er eine Ehrungsempfehlung an die Ministerin weitergibt. Die Auswahl basiert auf den Vorschlägen der Arbeitskreise Heimatpflege in den vier Regierungsbezirken, die mit rund 200 Mitgliedsverbänden und -vereinen in der Heimat- und Brauchtumspflege zusammenarbeiten.