Zur Vorbereitung auf einen schweren Unfall in einem Kernkraftwerk – der hoffentlich niemals eintritt – erhält das Land neue Jobtablettenbestände für den Katastrophenschutz. Die Tabletten werden derzeit durch den Bund beschafft.
„Wir müssen auf das Unerwartete vorbereitet sein, um in potentiellen Krisen zu jeder Zeit und an jedem Ort schnell, zielgerichtet und schützend tätig werden zu können – das ist die Aufgabe unserer Katastrophen- und Bevölkerungsschutzorganisationen. Auch in der gegenwärtigen Corona-Pandemie zeigt sich, dass wir in Baden-Württemberg auf herausragende, sehr gut ausgestattete und hochmotivierte Katastrophen- und Bevölkerungsschützer zählen können. Ob im Land, den Regierungspräsidien oder Kommunen: Die Zusammenarbeit funktioniert – und darauf können wir stolz sein! Damit das so bleibt, müssen wir unseren Bevölkerungsschützern freilich auch die Mittel an die Hand geben, jede Krise, egal wie unwahrscheinlich deren Szenario scheint, erfolgreich bewältigen zu können. Deswegen erneuern wir, zusammen mit dem Bund, unsere aktuellen Jodtablettenbestände, um auch im Falle eines kerntechnischen Unfalls sofort reagieren zu können“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl.
Nur noch ein laufendes Kernkraftwerk im Land
Nach der zum Jahreswechsel erfolgten Abschaltung des Kernkraftwerks Philippsburg wird mit dem Kernkraftwerk Neckarwestheim (GKN II) in Baden-Württemberg nur noch ein Kernkraftwerk betrieben. Zum 30. Juni wurde ebenfalls das französische Kernkraftwerk Fessenheim, nahe Freiburg, vom Netz genommen.
„Dem Schutz der Bevölkerung vor den Folgen kerntechnischer Unfälle kommt jedoch auch weiterhin große Bedeutung zu. Ein wichtiges Mittel zur Vorsorge ist die Vorhaltung von Jodtabletten, die bei Bedarf kurzfristig an die betroffene Bevölkerung ausgegeben werden können“, so Minister Thomas Strobl.
Einlagern von radioaktivem Jod verhindern
Wenn bei einem schweren Unfall in einem Kernkraftwerk radioaktives Jod austritt, dann kann dieses Jod durch Einatmen vom Körper aufgenommen und in der Schilddrüse gespeichert werden. Damit steigt die Gefahr, an Schilddrüsenkrebs zu erkranken. Damit die Menschen im unwahrscheinlichen Fall eines solchen Unfalls davor geschützt werden, planen die Katastrophenschutzbehörden auch das Verteilen spezieller Jodtabletten. Diese Jodtabletten verhindern das Einlagern von radioaktivem Jod in der Schilddrüse. Bei rechtzeitiger Einnahme von Jodtabletten ist die Schilddrüse bereits mit nicht-radioaktivem Jod gesättigt, bevor radioaktives Jod durch Einatmen aufgenommen werden kann. Das schützt vor einer erhöhten Gefahr, an Schilddrüsenkrebs zu erkranken.
Derzeit beschafft der Bund Jodtabletten, um die vorhandenen Bestände zu erneuern. Die neubeschafften Tabletten stellt der Bund den Ländern für den Katastrophenschutz zur Verfügung. Für Baden-Württemberg sind mehr als 34 Millionen Tabletten vorgesehen, die anhand der Bevölkerungszahlen an die Stadt- und Landkreise verteilt werden. Auch ein möglicher Mehrbedarf für Personen, die sich nur vorübergehend in den Kommunen aufhalten, zum Beispiel Pendler, Studierende oder Touristen, wird berücksichtigt.
Bereitstellungsprozess wird weiterentwickelt
Das Innenministerium Baden-Württemberg nutzt die Neubeschaffung der Jodtabletten, um deren Verteilung neu zu strukturieren und die Transportwege zu verkürzen: „In Baden-Württemberg entwickeln wir den Bereitstellungsprozess weiter, um die Ausgabe von Jodtabletten durch die Regierungspräsidien und Kommunen noch ortsnäher, dezentraler und schneller gestalten zu können. Denn eines hat uns die Corona-Pandemie gezeigt: Unser föderaler Ansatz, die notwendigen Aufgaben und Maßnahmen im Bedarfsfall direkt vor Ort, durch die lokalen Experten anzugehen, hat sich bewährt. Daran knüpfen wir an und sorgen dafür, dass wir auch weiterhin Vorreiter beim Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger bleiben,“ erklärte Minister Thomas Strobl.
Ziel dieser Planungen ist, die benötigten Jodtabletten nahe an den geplanten Ausgabestellen zu lagern und so eine erheblich schnellere Ausgabe im Bedarfsfall zu gewährleisten. Die Regierungspräsidien entwickeln hierzu gemeinsam mit den beteiligten Stadt- und Landkreisen Konzepte, um die neuen Jodtabletten in der Fläche vorzuhalten und für deren Ausgabe im Bedarfsfall vorzusorgen. Nähere Informationen für die Bevölkerung werden in den kommenden Monaten von den Regierungspräsidien zur Verfügung gestellt.
Erste Chargen erreichen Regierungspräsidien
Derzeit werden die Regierungspräsidien mit den ersten Chargen der Anlieferung von Jodtabletten ausgestattet. Den Anfang machte hierbei das Regierungspräsidium Karlsruhe. Aufgrund der hohen Anzahl an Tabletten wird sich die Anlieferung über einen längeren Zeitraum erstrecken, in welchem der Bevölkerung zusätzlich die noch vorhandenen Jodtabletten aus älteren Beständen zur Verfügung stehen werden. Erst nach Abschluss der landesweiten Neuverteilung im Herbst 2020 werden die Altbestände entsorgt.