Mit einer Filmvorführung und anschließender Diskussion zur Situation in Deutschland und Baden-Württemberg haben die Landes-Behindertenbeauftragte Simone Fischer und das Deutsche Rote Kreuz einen gemeinsamen Impuls zur Stärkung der inklusiven Katastrophenvorsorge gegeben.
Die Beauftragte der Landesregierung Baden-Württemberg für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Simone Fischer, und der Landesverband Baden-Württemberg des Deutschen Roten Kreuz (DRK) zeigen am Beispiel der verheerenden Flut im Ahrtal im Sommer 2021, warum die Katastrophenvorsorge dringend Menschen mit Behinderungen berücksichtigen muss. Mit der Veranstaltung „Film & Gespräch: Rette sich, wer kann!?“ am 13. Dezember 2023, 18.30 Uhr im Delphi Arthaus Kino in Stuttgart, geben sie einen Impuls, die inklusive Katastrophenvorsorge weiter voranzubringen.
Im Anschluss an die Filmvorführung der Dokumentation „Rette sich, wer kann“ der Redaktion andererseits aus Wien diskutieren die Gäste Thomas Strobl, Minister des Innern, für Digitalisierung und Kommunen Baden-Württemberg, Katharina Brunner und Artin Madjidi, Redaktion andererseits, Friedrich Gabel vom Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften an der Universität Tübingen und Raul Krauthausen, Autor, Moderator, Medienmacher für Inklusion und Barrierefreiheit über die Situation in Deutschland und Baden-Württemberg.
Bedeutung einer inklusiven Katastrophenvorsorge wächst
Thomas Strobl, stellvertretender Ministerpräsident und Innenminister sagt: „Baden-Württemberg ist Pionier beim grenzübergreifenden Katastrophenschutz. Unsere Teilnahme an der Übung LÜKEX hat Tradition – von Beginn an und mit großem Engagement beteiligen wir uns daran. Und 2024 gehen wir den nächsten Schritt: Baden-Württemberg wird im nächsten Jahr als erstes Land bundesweit eine internationale Übung des Katastrophenschutzes der Europäischen Union durchführen. Dabei ist es uns wichtig, alle Menschen einzubeziehen. Deshalb richten wir unseren Blick bei allen Übungen auch ganz gezielt auf die Bedürfnisse von Menschen mit Beeinträchtigungen und anderen Gruppen, die im Katastrophenfall besonders unterstützt werden müssen. Denn jede und jeder soll in Notsituationen optimal unterstützt werden.“
Angesichts des Klimawandels und jüngster Naturkatastrophen, der Corona-Pandemie, der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, aber auch der Überalterung der Bevölkerung und der damit einhergehenden Zunahme an Beeinträchtigungen wächst die Bedeutung einer inklusiven Katastrophenvorsorge. 957.415 schwerbehinderte Menschen leben in Baden-Württemberg. 540.401 Personen sind in Baden-Württemberg pflegebedürftig, davon leben 91.759 in Pflegeeinrichtungen. Katastrophenvorsorge muss alle Menschen einbeziehen, unabhängig von ihren Fähigkeiten und Bedarfen. Bund, Länder und Kommunen sowie soziale Einrichtungen und Rettungsdienste müssen diesem Anspruch gerecht werden.
Ziel ist die gleichberechtigte Versorgung in Notsituationen
Simone Fischer, Beauftragte der Landesregierung Baden-Württemberg für die Belange von Menschen mit Behinderungen, betont: „Jeder Mensch muss sich darauf verlassen können, dass er in Notsituationen eine gleichberechtigte Versorgung bekommt. Es ist unabdingbar, Menschen mit Beeinträchtigungen im Katastrophenschutz zu berücksichtigen. Es muss dafür gesorgt sein, dass ihre Belange mitgedacht und alle Beteiligten dafür sensibilisiert sind. Eine inklusive Katastrophenvorsorge ist das Ziel.“
Verschiedene Behinderungsformen bedingen unterschiedliche Maßnahmen. Für gehörlose Menschen können etwa visuelle Alarme und Kommunikationssysteme in Gebärdensprache lebenswichtig sein, um sie vor Gefahren zu warnen und ihnen Informationen bereitzustellen. Auch inklusive Notunterkünfte sind wichtig. Diese sollten so gestaltet sein, dass sie die Bedürfnisse aller Menschen, einschließlich Familien, geflüchteter und älterer Personen, Menschen mit Behinderungen und anderer marginalisierter Gruppen, erfüllen. Dazu zählt beispielsweise die Bereitstellung von speziellen Schlafmöglichkeiten oder barrierefreien Einrichtungen.
Marc Groß, Geschäftsführer des DRK-Landesverbands Baden-Württemberg sagt: „Wir brauchen dringend ein neues Verständnis von Katastrophenvorsorge: inklusiv gedacht und so finanziert, dass die Ansprüche auch erfüllt werden können!“
Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen bei Schutzkonzepten berücksichtigen
Bisher gibt es keine aussagekräftige Zahlengrundlage, was die Katastrophenvorsorge für Menschen mit besonderem Schutzbedarf betrifft. Viele Gruppen, die sich im Katastrophenfall nicht problemlos und selbstständig in Sicherheit bringen können, sind in bestehenden Katastrophenschutzkonzepten nicht immer ausreichend berücksichtigt. Es gilt beispielsweise, barrierefreie Evakuierungspläne zu erstellen, um die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen. Dies kann die Bereitstellung von barrierefreien Transportmitteln und barrierefreien Unterkünften einschließen.
Eine inklusive Katastrophenvorsorge macht Baden-Württemberg resilienter und handlungsfähig in Krisen- und Katastrophenfällen. Sie umfassend umzusetzen und alle Beteiligten zu sensibilisieren ist daher unerlässlich.
Mit der Veranstaltung wurde ein Impuls für die inklusive Katastrophenvorsorge gegeben und zur Beteiligung an der „Initiative inklusive Katastrophe“ eingeladen. Mit dieser sollen im kommenden Jahr weitere Themenfelder der inklusiven Katastrophenvorsorge in Baden-Württemberg bearbeitet werden.
Menschen mit Behinderungen im Land
Rund 80.600 Personen mit Beeinträchtigungen haben zum Stichtag 31.12.2021 Anspruch auf Eingliederungshilfe, ein Zuwachs um 2,7 Prozent. Mehr als 41.300 Personen erhalten Assistenzleistungen. Das bedeutet eine Steigerung um rund acht Prozent. Knapp 52 Prozent der Leistungsberechtigten (21.247 Personen) leben in einer besonderen Wohnform, rund 45 Prozent leben im eigenen Wohnraum (18.653 Personen). 29.080 Personen erhalten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, fast 95 Prozent davon in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen. Rund 10.400 Personen erhalten Leistungen in Förder- und Betreuungsgruppen, rund 4.060 eine Leistung in einer Tagesbetreuung für Seniorinnen und Senioren. Auch diese Wohn- und Arbeitsorte müssen mit ihren spezifischen Bedingungen und den Bedürfnissen der dort lebenden und arbeitenden Menschen in Katastrophenschutz berücksichtigt werden.
Quelle:
Geschäftsstelle der Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen und der DRK Landesverband Baden-Württemberg