Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat eine positive Bilanz seiner einwöchigen Delegationsreise in die USA gezogen. Stationen seines Besuchs waren Pennsylvania und Kalifornien. Der thematische Fokus der Reise lag auf den Bereichen Gesundheitswirtschaft, Mobilität und dem transatlantischen Dialog.
Die einwöchige USA-Reise von Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit den Schwerpunkten auf den Themen Lebenswissenschaften und urbanen Mobilitätskonzepten ist am Freitag, 7. Oktober 2022, in Los Angeles zu Ende gegangen. Dort standen unter anderem Besuche und Einblicke beim Bioscience-Cluster L.A., bei Volocopter und dem auf Künstliche Intelligenz (KI)-Anwendungen spezialisierten Cesars-Sinai-Medical Center auf dem Programm. Zum Abschluss informierte sich die Delegation im SoFi-Stadium über die Potentiale vernetzter Informationssysteme im urbanen Raum. Los Angeles, das 2028 Veranstalter der Olympischen Spiele und 2026 Mitgastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft sein wird, geht als „Smart City”-Projekt ganz neue Wege und bringt vernetzte Cloudlösungen voran.
Ausbau der Landespartnerschaft mit Kalifornien
Davor war Kretschmann für politische Gespräche in Kaliforniens Hauptstadt Sacramento gereist. Im Mittelpunkt des Austauschs mit dem kalifornischen Gouverneur Gavin Newsom stand der weitere Ausbau der seit 2018 bestehenden Landespartnerschaft zwischen beiden Staaten: „Kalifornien und Baden-Württemberg sind Impulsgeber und Antreiber bei der Frage, wie wir unsere Wirtschaft erfolgreich klimaneutral umbauen. Beide Staaten investieren überdurchschnittlich in Forschung und Entwicklung – Kalifornien 6,3 Prozent und Baden-Württemberg 5,8 Prozent bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt. Dies ist die Basis für die Transformation“, so Kretschmann. Der Ministerpräsident freue sich, dass man die intensiven Wirtschafts- und Handelsbeziehungen nochmals enger zusammenbinden konnte. „Direkte Ansprechpartner, niedrigschwellige Strukturen und gezielte Austauschprogramme sind für Unternehmen und Start-ups wichtige Erfolgsfaktoren bei Standortwahl und Fachkräftegewinnung. Mit dem geplanten Trade Desk Kaliforniens in Baden-Württemberg heben wir die Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten auf eine ganz neue Ebene.“
Schon seit 2018 vertritt ein Auslandsbüro das Land Baden-Württemberg in Kalifornien. Diese Wirtschaftsrepräsentanz in San Francisco unterstützt gezielt baden-württembergische Unternehmen beim Auf- und Ausbau von Geschäftsbeziehungen nach Kalifornien. Dazu soll es jetzt parallel eine ähnliche Arbeitsstruktur Kaliforniens in Baden-Württemberg geben. Am Rande der politischen Gespräche in Sacramento wurde zudem ein Letter of Intent zum Thema Cybersicherheit unterzeichnet.
In Sacramento traf Kretschmann auch auf den ehemaligen Gouverneur von Kalifornien Jerry Brown. Mit Jerry Brown hatte der Ministerpräsident 2015 die Under2 Coalition auf den Weg gebracht. Dieses weltweite Klimaschutzbündnis umfasst inzwischen mehr als 260 Staaten und Regionen, die für etwa die Hälfte der weltweiten Wirtschaftsleistung stehen. „Wir haben vereinbart, dass wir dieses erfolgreiche Bündnis weiterhin engagiert vorantreiben. Bei wichtigen Zukunftsthemen wie Speichertechnologien, Wasserstoff-Infrastruktur oder regenerative Kraftstoffen wollen wir die Under2 Coalition noch weiter ausbauen“, sagte Kretschmann.
Schlüsselthemen der Zukunft entschlossen in Angriff nehmen
Der Auftakt der Reise mit einer mehr als 100 Personen umfassenden politischen und wissenschaftlichen Fachdelegation fand am 2. Oktober 2022 in Pittsburgh statt. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Krisen zog Kretschmann heute eine positive Bilanz der Reise: „In diese Zeit der multiplen Krisen lernen wir, wie schmerzhaft uns die Fehler der Vergangenheit einholen. Es ist wichtig, früh die Schlüsselthemen der Zukunft wie Künstliche Intelligenz und LifeScience entschlossen in Angriff zu nehmen.“
Man müsse diese Krise als Weckruf verstehen, das Notwendige nicht dauerhaft hinter dem Dringlichen zurückzustellen, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. „Die Transformation in Wirtschaft und Gesellschaft müssen wir entschlossener, mutiger und mit einer Kultur der Neugier anpacken. Von Pittsburgh und Kalifornien können wir lernen – etwa, dass wir ganz neue Kräfte mobilisieren können, wenn wir den Wandel mehr als Chance begreifen. Die Voraussetzungen dafür sind vor allem starke Ökosysteme zwischen Forschung und Wirtschaft, denn sie ermöglichen erfolgreiche Ausgründungen und wertvolle Synergien. Es gilt auch, die Diversifizierung der Wirtschaftszweige richtig anzuschieben. Außerdem müssen wir noch engere und verbindlichere Kooperationsstrukturen zwischen den Demokratien bilden.
Hintergrund zur Veranstaltung des DAZ
Das Deutsch-Amerikanische Zentrum (DAZ) erfüllt mit seinen Bildungsprogrammen und mit interkulturellen Veranstaltungen zu den transatlantischen Beziehungen seinen kulturellen Auftrag. Sowohl das DAZ Stuttgart als auch die Deutsch-Amerikanischen Institute in Freiburg, Tübingen und Heidelberg werden gleichermaßen vom Land Baden-Württemberg institutionell in ihrer Arbeit gefördert. Für Sonderprojekte können alle vier Institute zusätzliche Projektmittel beantragen.
Die Geschichte des Hip-Hop-Jugendkulturaustausches zwischen Baden-Württemberg und Kalifornien ist lang. Im Jahr 1993 lud das Amerikahaus Stuttgart, der Vorgänger des DAZ, mit ECO RAP junge Hip-Hop-Künstler aus der San Francisco Bay Area nach Stuttgart ein. Während dieser Reise traten sie auch gemeinsam mit Künstlern des Stuttgarter Hip-Hop-KollektivsKolchose im Jugendhaus Mitte auf. Aus dieser Begegnung entstand die Idee eines Hip-HopJugendkulturaustausches im Folgejahr, den das Amerikahaus und das Cumulus- Kulturbüro gemeinsam organisierten. Die jungen Künstler aus der San Francisco Bay Area und aus Stuttgart besuchten sich 1994 gegenseitig, absolvierten gemeinsam mehrere Auftritte und arbeiteten in diversen Graffiti-, Text- und Musik-Workshops zusammen – unter ihnen auch das spätere Freundeskreis-Mitglied und heutiger Solo-Künstler Max Herre.
Fast dreißig Jahre später füllen Max Herre und das DAZ diesen Kulturaustausch mit viel Engagement und ehrenamtlichen Einsatz wieder mit Leben.
Im Rahmen einer digitalen Veranstaltungsreihe zur Landespartnerschaft Baden-Württembergs und Kaliforniens brachte das DAZ Max Herre bereits im Jahr 2020 mit anderen ehemaligen Teilnehmenden zusammen, um über die nachhaltigen kulturellen Effekte des damaligen Austausches zu sprechen und eine Wiederaufnahme des Programms zu diskutieren.
In diesem Kontext nahm Max Herre auf Einladung des DAZ und des Goethe-Instituts am 6. Oktober 2022 in Los Angeles an einem Hip-Hop-Workshop für Jugendliche teil, die vor Ort von Diskriminierung und sozialer Ungleichheit betroffen sind. Den Workshop leiteten der Hip-Hop Aktivist und Musikjournalist Adisa Banjoko, der 1994 ebenfalls Teilnehmer des Austauschprogramms war, und Mitglieder der lokalen Nachbarschafts-Organisation Homies Unidos.
Bei einem nachfolgenden Podiumsgespräch unter dem Titel „Sampling Culture: Empowering Youth throughTransatlantic Hip-Hop Exchanges“ erzählten Herre und Banjoko von ihren gemeinsamen Erfahrungen. Wie prägend solch ein Besuch in Übersee für die persönliche Entwicklung Jugendlicher und zum gegenseitigen kulturellen Verständnis sein kann, war während der Veranstaltung zu Greifen. Außerdem referierten sie über die Bedeutung von Hip-Hop als internationale Jugendkultur und über die Gestaltung eines neuen Jugendkulturaustausch-Programms im Rahmen des DAZ.
Mit seiner wertvollen, ehrenamtlichen Arbeit setzt sich Max Herre für das DAZ und die Idee eines neuen Hip-Hop-Jugendkulturaustauschs zwischen Baden-Württemberg und Kalifornien ein. Auch das Staatsministerium unterstützt dieses wichtige Projekt mit einer finanziellen Förderung. Dem DAZ wurden als Anschubfinanzierung für einen erneuten Jugendkulturaustausch und für die Auftaktaktveranstaltung Mittel in Höhe von insgesamt 27.000 Euro vom Staatsministerium bereitgestellt. Max Herre hat auf ein Honorar für das Podiumsgespräch und eine musikalische Performance verzichtet, ihm werden lediglich die Reisekosten erstattet.
Sein ehrenamtlicher Einsatz für das neue Jugendkulturprogramm ist darin begründet, dass er als junger Musiker als Teilnehmer des ersten Jugendkulturaustausches 1994 von dieser Erfahrung profitiert hat.