Um Unternehmen und Bürgern angesichts der Corona-Pandemie kurzfristig zu helfen, werden im Rahmen einer Sonderausschreibung des diesjährigen Entwicklungsprogramms Ländlicher Raum insbesondere gastronomische Vorhaben und Maßnahmen der Grundversorgung gefördert.
„Die Corona-Pandemie stellt die Unternehmen, ebenso wie unsere Gastronomie vor große Herausforderungen. Für die Landesregierung ist klar, dass hier schnelle Hilfen nötig sind. Deshalb wird es in diesem Jahr im Entwicklungsprogramm Ländlichen Raum (ELR) zum ersten Mal eine unterjährige Programmentscheidung geben. Trotz der Krise wurden erfreulicherweise eine Vielzahl an Projekten im Rahmen der Sonderausschreibung eingereicht. Das zeigt, dass unsere Entscheidung richtig war. Aus den Aufnahmeanträgen von 248 Gemeinden ist eine Programmentscheidung mit einem Fördervolumen von 15,8 Millionen Euro entstanden“, sagte der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, anlässlich der im Zuge des Entwicklungsprogramms Ländlicher Raum unterjährig zur Förderung ausgewählten Projekte.
Hohe Nachfrage nach Fördermitteln
Zahlreiche Maßnahmen der Landesregierung zielten derzeit darauf ab, den Unternehmen und Bürgern in der durch die Corona-Pandemie erschwerten Lage kurzfristig zu helfen. Dass parallel dazu aber auch nachhaltige, strukturverbessernde Maßnahmen geplant werden, zeige die hohe Nachfrage nach Fördermitteln im ELR.
Im Gegensatz zu den Ausschreibungen für die Jahresprogramme des ELR gab es in der Sonderausschreibung klare inhaltliche Gewichtungen. „Entsprechend der Ausschreibung, wurden die eingegangenen Aufnahmeanträge gesichtet und priorisiert. Alle qualifizierten Projekte für Dorfgaststätten und Maßnahmen der Grundversorgung wie zum Beispiel Bäcker, Metzger, Dorfläden und Arztpraxen wurden berücksichtigt. So konnten nun beispielsweise 78 gastronomische Vorhaben mit rund 6,4 Millionen Euro Fördersumme innerhalb der ‚Sonderlinie Dorfgastronomie‘ sowie weitere 31 Projekte zur Stärkung der lokalen Grundversorgung mit rund 3,5 Millionen in die Förderung aufgenommen werden. Auch die Maßnahmen, die der Schaffung von Barrierefreiheit in öffentlichen Bereichen dienen, wurden alle berücksichtigt. Aus den anderen Förderschwerpunkten konnten zusätzlich weitere, besonders dringliche und strukturell bedeutsame Projekte aufgenommen werden“, betonte Minister Hauk.
Weitere Aufnahmeanträge bis Ende August
Unabhängig von der Bekanntgabe dieser Programmentscheidung gilt: Für weitere Projekte von Unternehmen können noch bis Ende August Aufnahmeanträge gestellt werden – es wird monatlich eine Entscheidung über die Aufnahme in die Förderung geben. „Mit den an die aktuelle Situation angepassten Maßnahmen trägt das ELR dazu bei, auch in schwierigen Zeiten effiziente Strukturhilfe zu leisten“, sagte der Minister. Der Ländliche Raum in Baden-Württemberg solle seine in der Fläche beeindruckende wirtschaftliche Stärke beibehalten. „Dieses Ziel bleibt trotz der Corona-Pandemie bestehen, ich bin überzeugt davon, dass die nun aufgenommenen Projekte dazu einen Beitrag leisten werden“, so Peter Hauk.
Das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR) besteht seit 1995. Damals wurde aus dem „Dorfentwicklungsprogramm“ und dem vorwiegend gewerblich orientierten „Strukturprogramm Ländlicher Raum“ ein umfassendes Förderangebot für Gemeinden im Ländlichen Raum konzipiert. Im Jahr 2020 feiert das ELR sein 25-jähriges Jubiläum.
Entsprechend der Koalitionsvereinbarung für die 16. Legislaturperiode wurde das ELR als zentrales Förderinstrument für den Ländlichen Raum weiterentwickelt. Dabei wurden zwei Bereiche besonders berücksichtigt: das Wohnen und die damit verbundene Innenentwicklung sowie die Förderung CO2-speicherndernder Baustoffe, insbesondere Holz.
Negativen Folgfen des Strukturwandels entgegen wirken
Die Landesregierung beobachtet und analysiert die demografische Entwicklung und die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen im Ländlichen Raum mit großer Sorgfalt und steuert den negativen Folgen des Strukturwandels gezielt und mit Einsatz umfangreicher Fördermittel entgegen. Mit dem ELR als zentralem und flexiblem Förderinstrument für den Ländlichen Raum, unterstützt das Land die nachhaltige strukturelle Verbesserung in ländlich geprägten Gemeinden. Ziel ist es, die ökologische und soziale Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft zu unterstützen, den demographischen Veränderungsprozess zu gestalten, die dezentrale Wirtschaftsstruktur des Landes zu erhalten und der Abwanderung von Menschen aus dem Ländlichen Raum entgegenzuwirken.
Die Förderschwerpunkte Wohnen, Grundversorgung, Arbeiten und Gemeinschaftseinrichtungen des ELR sprechen zentrale Aufgabenfelder staatlicher Struktur- und gemeindlicher Entwicklungspolitik an. Damit wird den Gemeinden die Möglichkeit geboten, Strukturentwicklung aus einem Guss zu betreiben. Besonderer Wert wird auf die Stärkung der Ortskerne und Schaffung von zeitgemäßem Wohnraum gelegt. Der Wohnungsmangel ist nicht nur ein städtisches Phänomen, auch auf dem Land fehlt es häufig an Wohnraum. Des Weiteren sind auch die Bereitstellung zukunftsfähiger Arbeitsplätze sowie die Sicherung von bestehenden Arbeitsplätzen von Bedeutung.
Der Erhalt einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs sowie die Sicherung der gemeindlichen Infrastruktur runden die umfassende und integrierte Strukturförderung in ländlichen Gemeinden ab.
Konzentration auf Innenentwicklung und Stärkung der Ortskerne
Durch die Umnutzung vorhandener, oft leerstehender Bausubstanz und umfassenden Gebäudemodernisierungen sollen zum einen die Ortskerne gestärkt und zum anderen der Flächenverbrauch im Außenbereich reduziert werden. Durch die Konzentration auf die Innenentwicklung und die Stärkung der Ortskerne brauchen in vielen Dörfern keine Neubaugebiete mehr ausgewiesen werden. Das ELR unterstützt z.B. die Umnutzung ehemals landwirtschaftlich genutzter Gebäude, die Gestaltung eines attraktiven Wohnumfeldes in den Gemeinden sowie den Bau von Lebensmittelläden und Dorfgemeinschaftshäusern.
Besondere Bedeutung in der nachhaltigen Strukturpolitik haben die interkommunale Zusammenarbeit und die aktive Bürgerbeteiligung. Bei der Auswahl der Förderprojekte wird hierauf besonders geachtet.
Neue Sonderlinie Dorfgastronomie
Für die Programmjahre 2020/2021 wurde die Sonderlinie Dorfgastronomie neu in das ELR eingeführt. Mit der Sonderlinie sollen gastronomische Betriebe im Ländlichen Raum bei zukunftsweisenden investiven Maßnahmen unterstützt werden. Aus dem Gesamtbudget des ELR stehen für die Sonderlinie insgesamt 20 Millionen Euro zur Verfügung.
Für die Aufnahme in das ELR-Jahresprogramm stellen die Städte und Gemeinden sowie teilweise interkommunale Zusammenschlüsse Aufnahmeanträge. Die Aufnahmeanträge mit (inter-)kommunalen Infrastrukturprojekten, privaten Wohnbauprojekten und Unternehmensinvestitionen werden auf Ebene der Landkreise nach der Beratung in den dort angesiedelten Koordinierungsausschüssen priorisiert und den Regierungspräsidien vorgelegt. Diese legen dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz für jeden Regierungsbezirk einen Entscheidungsvorschlag vor.
Schwerpunktgemeinden erarbeiten ein Gesamtkonzept
Gemeinden, die Entwicklungskonzepte mit klaren Vorstellungen und Zielen zur Gestaltung des demografischen Wandels, zu einer flächensparenden Siedlungsentwicklung sowie zu Maßnahmen zum Schutz von Natur und Landschaft vorlegen, können Schwerpunktgemeinde werden. Schwerpunktgemeinden werden mehrjährig in das ELR aufgenommen, erhalten Fördervorrang und profitieren bei kommunalen Projekten von einem höheren Fördersatz.