Innenminister Thomas Strobl hat Vertreterinnen und Vertreter der Polizei, der Feuerwehr, des Technischen Hilfswerks und der Rettungsdienste sowie der Gewerkschaften und der Kommunalen Spitzenverbände zu einem Blaulicht-Austausch eingeladen. Zentrales Thema war: Wie schützen wir die, die uns schützen?
„Baden-Württemberg ist nicht Berlin. Und insbesondere schon mal nicht an Silvester. Das ist die klare Lageeinschätzung der Polizei. Fakt ist aber leider auch: Es gibt eine zunehmende Verrohung, die in Worte, Anfeindungen aber auch in Gewalt umschlägt und sich gegen Vertreter des Staates richtet, kurz gegen Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst aber auch gegen andere Amts- und Mandatsträger. Diese Entwicklung beobachten wir schon seit einiger Zeit mit wachsender Sorge, auch bei uns in Baden-Württemberg. Hierzu haben wir eine klare Haltung: Wir brauchen eine gesellschaftliche Kraftanstrengung und eine gesamtgesellschaftliche Kurskorrektur. Wir müssen alle anpacken. Wir alle sind aufgerufen die zu schützen, die uns schützen. Das beschäftigt uns schon seit Jahren intensiv, aber wir müssen uns auch immer wieder und immer wieder neu damit beschäftigen, was wir hier noch besser machen können“, sagte Innenminister Thomas Strobl im Nachgang an einen Erfahrungsaustausch, der am 24. Januar 2023 im Innenministerium in Stuttgart stattgefunden hat.
Wehret den Anfängen
Auf Einladung des stellvertetenden Ministerpräsidenten und Innenministers Thomas Strobl fand ein „Blaulicht-Austausch“ statt. Im Lichte der Diskussion zur Berliner Silvesternacht war es Minister Thomas Strobl ein Anliegen mit der Blaulichtfamilie reinzuhorchen: Wo können wir im Land noch besser werden? Und was müssen wir tun, damit wir in Baden-Württemberg nicht Zustände wie, zuletzt zu Silvester, in Berlin bekommen? „Unsere Ansage in Baden-Württemberg ist: Wehret den Anfängen!“, so Minister Thomas Strobl. Eingeladen waren unter anderem Vertreterinnen und Vertreter der Polizei, von Feuerwehr, dem Technischen Hilfswerk (THW) und Rettungsdiensten, sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gewerkschaften und der Kommunalen Spitzenverbände.
Ministerin der Justiz und für Migration Marion Gentges sagte: „Der Austausch in der Runde der Blaulichtorganisationen war ein gewinnbringender Teil einer wichtigen Debatte, die wir weiter führen müssen. Der Fokus der Teilnehmerinnen und Teilnehmer lag auf Fragen der Prävention und Strafdurchsetzung. Bereits jetzt sind die Staatsanwaltschaften in hohem Maße sensibilisiert und verfolgen Straftaten gegen Polizisten, Feuerwehrleute oder Sanitäter mit großer Konsequenz. Ob hier dennoch weiterer Handlungsbedarf besteht, werden wir auf Grundlage einer statistischen Sondererhebung erneut überprüfen und zusammen mit den Staatsanwaltschaften erörtern. Die Entscheidungen im Einzelfall werden jedoch immer von Richterinnen und Richtern in richterlicher Unabhängigkeit getroffen, auf die wir weder Einfluss nehmen können noch wollen. Was wir tun können, ist, für die Justiz gute Arbeitsbedingungen zu schaffen. Deshalb bauen wir Standorte für beschleunigte Verfahren weiter aus, damit Straftaten in geeigneten Fällen innerhalb weniger Tage, wenn nicht sogar Stunden mit einem Urteil beantwortet werden können. Dasselbe gilt für die Häuser des Jugendrechts. Auch sie sollen landesweit kommen, damit Jugendamt, Polizei und Staatsanwaltschaft im Kampf gegen Jugendkriminalität überall unter einem Dach effizient zusammenarbeiten können.“
Entschlossen gegen Hass und Hetze
Schon seit einigen Jahren ist das Thema Gewalt gegen Polizei, Einsatzkräfte, aber auch Amts- und Mandatsträger ein zentrales Thema für die Arbeit des Innenministeriums. Hier wurden viele Maßnahmen angepackt und auf den Weg gebracht. „Wir reden nicht über den Einsatz von Bodycams wie in Berlin, wir haben sie flächendeckend bei der Polizei eingeführt. Wir streiten nicht über Strafverschärfungen, wir haben uns bereits 2017 dafür erfolgreich auf Bundesebene eingesetzt. Wir fordern auch nicht nur schnelle Verurteilungen oder die Schmerzensgeldübernahme, wir machen sie bereits. Das gleiche gilt für Sensibilisierungsmaßnahmen oder Präventionsprogramme, die wir auf den Weg gebracht haben. ‚Rechtsstaat macht Schule‘ oder ‚Respekt ist ein Bumerang‘ sind nur zwei Beispiele in dem Zusammenhang. Wir gehen das Thema mit vereinten Kräften und ganz konkreten Maßnahmen an, ob im Kabinettsausschuss ‚Entschlossen gegen Hass und Hetze‘, über die bei uns angesiedelte Gemeinsame Zentralstelle Kommunale Kriminalprävention oder zusammen mit den Kommunalen Landesverbänden, dem Deutschen Gewerkschaftsbund Baden-Württemberg und dem BBW – Beamtenbund Tarifunion. Klar ist aber auch: wir müssen immer weiterdenken und uns auf den Prüfstand stellen“, so der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl.
Alle Beteiligten waren sich einig: Alle seien nun aufgerufen, sich den aktuellen Entwicklungen weiter mit aller Kraft entgegen zu stellen. Der Austausch sei in dem Zusammenhang ein wichtiger Akzent gewesen, sich weiter konsequent und differenziert mit dem Thema zu beschäftigen.
Diskutierte Themen
Diskutiert wurde in dem Zusammenhang unter anderem:
Verstärkte Schulungsmaßnahmen für Rettungskräfte im Bereich kommunikative Deeskalation und im Umgang einer akuten Entscheidungs- und Abwägungssituation (etwa wann man bei einer Eskalation den Rückzug antritt, um sich zu schützen oder in den Konflikt gehen, um Leben zu retten)
Hintergrund: Es seien niederschwellige Auseinandersetzungen, kleine alltägliche Ärgernisse, die das gesellschaftliche Klima vergifteten (wie Beschwerden über geparkte Rettungsfahrzeuge, über laufende Motoren von Einsatzfahrzeugen et cetera). Hier müsse man ansetzen, um zu einem Umdenken zu kommen und das Verständnis füreinander zu stärken. In dem Zusammenhang ging es um Überlegungen hin zu einer neuen Form der politischen Bildung, der politischen Grundhaltung und der Vertrauenskultur in die, die uns schützen.
Aufhellung des Dunkelfeldes durch Motivation zu gezielter Anzeigenerstattung aber auch eine konsequente Strafverfolgung. In diesem Zusammenhang wurde in Aussicht gestellt, die Antragspraxis der Staatsanwaltschaften bei Delikten gegen Einsatzkräften im Rahmen einer Sondererhebung nach 2018 nochmal statistisch zu erheben und auf dieser Grundlage mit den Leitern der Staatsanwaltschaften und Generalstaatsanwaltschaften zu analysieren, ob hier Handlungsbedarf besteht.
Bereits 2018 hat Baden-Württemberg die Schmerzensgeldübernahme geregelt und war Vorreiter mit der damals beamtenfreundlichsten Ausgestaltung bundesweit. Die bereits im Koalitionsvertrag angelegte Ausweitung soll nun rasch angegangen werden.
Wenn Einsätze gefilmt werden, Einsatzkräfte mit zum Teil geschnittenem Filmmaterial online gestellt werden, schreckt das ab. Hier sollte eine Diskussion um den Umgang mit entsprechenden Aufnahmen geführt werden.
Spitzenreiter bei der Inneren Sicherheit
„Der Blaulicht-Austausch war in höchstem Maße konstruktiv, geprägt von einer großen Sachlichkeit und Lösungsorientierung. Man hat gespürt: Allen liegt das Thema am Herzen, alle wollen hier etwas bewegen. Wir haben schon vieles erreicht und umgesetzt, wir haben uns zusammen auf den Weg gemacht und werden diesen auch gemeinsam weiter gehen. Baden-Württemberg ist Spitzenreiter bei der Inneren Sicherheit, ist Ehrenamtsland Nummer 1. Das wollen wir auch bleiben. Deshalb müssen wir alles dafür tun, um die zu schützen, die uns schützen. Wenn etwa Einsatz- und Rettungskräfte das Gefühl haben, selbst zur Zielscheibe zu werden, dann sinkt die Bereitschaft, diesen wichtigen Job zu machen. Wir müssen deshalb alle ran, damit dieses wichtige Fundament, das unsere Gesellschaft trägt, auch in Zukunft hält“, so Innenminister Thomas Strobl.