Innenminister Thomas Strobl hat sieben weitere Genehmigungen zum Führen von Zusatzbezeichnungen an sechs Städte und Gemeinden im Land übergeben. Mit den sieben Genehmigungen dürfen nun fast 120 Gemeinden und Ortsteile eine kommunalrechtliche Zusatzbezeichnung führen.
„Mit den Zusatzbezeichnungen stärken wir die Identität und das Zusammengehörigkeitsgefühl in den Städten und Gemeinden vor Ort, kurz: Wir stärken unsere Kommunen und bringen so die ganze Vielfalt unserer baden-württembergischen Kommunen zum Vorschein. Deshalb habe ich mich dafür eingesetzt, dass unsere Kommunen diese Möglichkeit bekommen. In der Zusatzbezeichnung kann das eigene Selbstverständnis der Gemeinde und der Bevölkerung zum Ausdruck kommen – die Bezeichnung ist damit identitätsstiftendes Element für die örtliche Gemeinschaft. In den letzten Jahren haben wir bereits über 110 Zusatzbezeichnungen genehmigt. Die neue Welt der Zusatzbezeichnungen ist also schon recht bunt und sie wird immer bunter – so vielfältig wie unser Land und die kommunale Familie in Baden-Württemberg“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident, Innen- und Kommunalminister Thomas Strobl.
Anlass war die feierliche Übergabe von sieben Genehmigungen zum Führen einer Zusatzbezeichnung an sechs weitere Städte und Gemeinden – die Stadt Karlsruhe war gleich zweimal dabei. Genehmigt wurden diese Zusatzbezeichnungen:
- Große Kreisstadt Aalen (Ostalbkreis): Hochschulstadt für den Ortsteil Aalen,
- Stadt Karlsruhe: Historische Künstlerkolonie für den Ortsteil Grötzingen,
- Stadt Karlsruhe: Waldenserort für den Ortsteil Palmbach,
- Stadt Kenzingen (Landkreis Emmendingen): Breisgaustadt,
- Stadt Schiltach (Landkreis Rottweil): Flößerstadt,
- Stadt Weilheim an der Teck (Landkreis Esslingen): Zähringerstadt,
- Gemeinde Wiernsheim (Enzkreis): Waldenserort für die Ortsteile Pinache und Serres.
Die Gemeinden dürfen die Zusatzbezeichnungen formal ab dem 1. Oktober 2024 führen.
Änderung in der Gemeindeordnung
„Vor nunmehr fast vier Jahren hat der Landtag von Baden-Württemberg auf meinen Vorschlag eine kleine, aber feine Änderung der Gemeindeordnung beschlossen. Für die Gemeinden im Land ist es seither viel leichter möglich, neben dem Gemeindenamen eine weitere Bezeichnung zu führen. Es freut mich sehr, dass diese Neuregelung bei den baden-württembergischen Gemeinden so großen Anklang gefunden hat. Nach wie vor erhalten wir Anfragen von Gemeinden, die sich dafür interessieren, örtliche Besonderheiten, geschichtliche Bezüge und Alleinstellungsmerkmale mit einer Zusatzbezeichnung besonders hervorzuheben. Oft wird auf die Geschichte der Stadtgründungen Bezug genommen, auch dieses Mal bei den Zusatzbezeichnungen ‚Zähringerstadt‘ und ‚Waldenserort‘“, erklärte Innenminister Thomas Strobl. Am 2. Dezember 2020 hatte der Landtag von Baden-Württemberg eine Änderung der Gemeindeordnung beschlossen, mit der die bislang zurückhaltende Praxis im Bereich der Zusatzbezeichnungen gelockert wurde.
Fast 120 Gemeinden dürfen Zusatzbezeichnung führen
Mit den sieben Genehmigungen dürfen nunmehr fast 120 Gemeinden beziehungsweise Ortsteile eine kommunalrechtliche Zusatzbezeichnung führen. Zusatzbezeichnungen können auf der geschichtlichen Vergangenheit, der Eigenart oder der heutigen Bedeutung der Gemeinde beruhen. Zusatzbezeichnungen enthalten eine charakterisierende Aussage über den Status, die Eigenart oder die Funktion einer Gemeinde oder eines Ortsteils in gegenwärtiger oder historischer Hinsicht.
Von besonderer Bedeutung ist insofern jeweils das eigene Selbstverständnis der Gemeinde oder des Ortsteils und der Bevölkerung im Hinblick auf die Zusatzbezeichnung als identitätsstiftendes Element für die örtliche Gemeinschaft. Örtliche Besonderheiten, geschichtliche Bezüge und Alleinstellungsmerkmale einer Gemeinde oder eines Ortsteils können mit einer entsprechenden Bezeichnung deutlicher hervorgehoben werden. Insbesondere kann eine Zusatzbezeichnung auf den Ortstafeln an den Ortseingängen geführt werden.
Eine Zusatzbezeichnung kann über einen Gemeinderatsbeschluss mit qualifizierter Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen aller Mitglieder beantragt werden. Dieses Quorum soll sicherstellen, dass sich der Wunsch der Gemeinde nach der Bestimmung oder Änderung einer Zusatzbezeichnung auf ein breites demokratisches Fundament und damit auch auf entsprechenden Rückhalt in der Bevölkerung stützt. Die Bestimmung oder Änderung einer Zusatzbezeichnung bedarf der Genehmigung des Innenministeriums.
Die neuen Zusatzbezeichnungen der Kommunen
„Die Stadt Aalen beglückwünsche ich herzlich zur Zusatzbezeichnung ‚Hochschulstadt‘! Aalen ist zu Recht stolz auf seine Hochschule. Der vollständige Name lautet: ‚Hochschule Aalen – Technik und Wirtschaft‘. Und damit weiß sofort jeder Interessierte über die Studienschwerpunkte Bescheid. Die Hochschule ist einer der zentralen Gründe für den wirtschaftlichen Erfolg der Ostalb. Von der sehr anwendungsnahen Ausrichtung profitieren Unternehmen und Wissenschaft sowie die rund 5.000 Studierenden. Für die Stadt ist die Hochschule, mit ihrer positiven Entwicklung in den vergangenen 60 Jahren, ein enormer Gewinn. Herzlichen Glückwunsch an die elfte Hochschulstadt im Land!“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident, Innen- und Kommunalminister Thomas Strobl.
„Die Karlsruher Stadtteile Grötzingen und Palmbach beglückwünsche ich herzlich zu ihrer neuen Zusatzbezeichnung! Im Jahre 1889 baute das Künstlerpaar Friedrich Kallmorgen und Margarethe Hormuth-Kallmorgen zum Wohnen und Malen in den Sommermonaten ein Haus im ländlichen Grötzingen. Dies führte dazu, dass ihnen weitere Künstlerinnen und Künstler folgten, wie der Tiermaler Otto Fikentscher und die Karlsruher Maler Gustav Kampmann, Franz Hein und Karl Biese. Mit der Zeit entstand somit eine Künstlerkolonie nach dem Vorbild von Barbizon in Frankreich. Die historische Künstlerkolonie in Grötzingen bestand bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1903 und leistete einen wesentlichen Beitrag zur deutschen Landschafts- und Naturmalerei der Jahrhundertwende. Auch heute noch ist das künstlerische Erbe ein gewichtiger Teil des kulturellen Gedächtnisses im Ortsteil Grötzingen. Die Bürgerinnen und Bürger von Grötzingen verstehen die Künstlerkolonie als Teil des Ortes und ihrer Identität. Die Zusatzbezeichnung ‚Waldenserort‘ für den Karlsruher Ortsteil Palmbach erinnert an dessen Gründung im Jahr 1701 als Waldensersiedlung. Die Waldenser-Bewegung im Ortsteil Palmbach ist nach wie vor lebendig und stellt auch einen wichtigen Teil der kulturellen Identität dieses Ortsteils dar. Die Waldenserkirche, der Palmbacher Waldenserweg und das Waldenserdenkmal zeugen auch heute noch davon, dass das Erbe und Andenken an die Waldenser stets präsent sind. Der Ortschaftsrat von Palmbach hat sich sehr für diese Bezeichnung eingesetzt, vor dem Hintergrund, dass die Bürgerinnen und Bürger auch heute noch ihre Wurzeln bis zur Waldensergemeinschaft des frühen 18. Jahrhunderts zurückverfolgen können. Die Kultur der Waldenser prägt das Selbstverständnis der Bevölkerung in Palmbach und in Karlsruhe insgesamt auch heute noch und stellt insofern ein identitätsstiftendes Element für die örtliche Gemeinschaft dar“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident, Innen- und Kommunalminister Thomas Strobl.
„Die Stadt Kenzingen beglückwünsche ich herzlich zur Zusatzbezeichnung ‚Breisgaustadt‘! Die Stadt Kenzingen hat sich zum Ziel gesetzt, von Einheimischen und Besuchern bei Veranstaltungen und innenstadtwirksamen Projekten sowie im Marketing-Bereich als die ‚Breisgaustadt‘ wahrgenommen zu werden. Die geografische Lage der Stadt, deren Gemarkung sich – wie der Breisgau selbst – von der Rheinebene bis hoch in die Vorbergzone des Schwarzwaldes erstreckt, das milde Klima mit der hohen Anzahl von Sonnenstunden, die Lebensart der Menschen, arbeitsam und dabei der südländischen Lebensart zugewandt, die Pflege der regionalen Kultur und des örtlichen Brauchtums – all das steht für den Breisgau und für Kenzingen in gleichem Maß. Von den Städten im Breisgau ist Kenzingen neben Freiburg die älteste; die Kenzinger Altstadt wurde als eine der ersten in Baden-Württemberg bereits 1959 insgesamt unter Denkmalschutz gestellt. Die Zusatzbezeichnung ‚Breisgaustadt‘ soll nun – zum 775-jährigen Stadtjubiläum in diesem Jahr – die Verbundenheit der Stadt zu ihrer geografischen Lage besonders hervorheben“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident, Innen- und Kommunalminister Thomas Strobl.
„Die Stadt Schiltach beglückwünsche ich herzlich zur Zusatzbezeichnung ‚Flößerstadt‘! Mehr als 500 Jahre seiner Geschichte war Schiltach im Kinzigtal eine Flößerstadt. Der Handel mit Langholz und sein Transport auf Wasser war eines der wichtigsten Standbeine. Bereits 1816 berichtet das erste badische Lexikon, dass in Schiltach der Floßhandel mit Lebhaftigkeit betrieben wurde und bedeutende Geldsummen in Umlauf kamen. Im Zuge der Industrialisierung ging 1894 das letzte Schiltacher Floß die Kinzig hinab. Das traditionelle Handwerk wurde freilich in Schiltach nie vergessen und vor diesem Hintergrund gründete sich im Jahr 1998 der Verein Schiltacher Flößer e.V.. Dieser hält seither mit unterschiedlichsten Aktionen die historische Bedeutung der Flößerei im Bewusstsein. Auch die regelmäßig stattfindenden Flößerfeste sind ein fester Bestandteil im Veranstaltungskalender der Stadt und finden in der Bevölkerung stets eine große Resonanz. Die internationale Flößervereinigung hat Schiltach daher als erster Kommune überhaupt den Ehrentitel ‚Flößerstadt‘ verliehen. Die Flößerei ist im Stadtbild an vielen Orten sichtbar, sie ist dauerhaft prägend für Schiltach und gehört zum Selbstverständnis der Gemeinde“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident, Innen- und Kommunalminister Thomas Strobl.
„Die Stadt Weilheim an der Teck beglückwünsche ich herzlich zur Zusatzbezeichnung ‚Zähringerstadt‘! Die historische Bedeutung der Zusatzbezeichnung ‚Zähringerstadt‘ beginnt für Weilheim an der Teck bereits um die Mitte des 11. Jahrhunderts. Die Liste der Zähringerstädte umfasst sechs Gemeinden in der Schweiz und sechs in Baden-Württemberg. Weilheim an der Teck wurde im Jahr 1990 in den Bund der Zähringerstädte aufgenommen. Die heutige enge Zusammengehörigkeit reicht in die Gründungszeit der meisten Städte zurück. Allen ist gemeinsam, dass sie zum Besitztum der Herzöge von Zähringen gehörten, die mit einheitlicher Rechtsprechung und der Verleihung von zahlreichen Rechten an den Orten eine fortschrittliche Regierung über ihre großen Ländereien führten. Die meisten Städte wurden sogar von ihnen gegründet. Die Stadt Weilheim an der Teck sieht die Zähringer als identitätsstiftendes Element für die örtliche Gemeinschaft. So sind die Zähringer bis in die Gegenwart hinein Teil Weilheims, deren Geschichte über Generationen hinweg weitergetragen wird. Auf dem Bertoldsplatz der Stadt findet man heute noch die Wappen der zwölf Zähringer Partnerstädte und das Reitersiegel von Bertold dem fünften. Einmal im Jahr findet der über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Zähringermarkt in Weilheim statt, der die Zähringergeschichte erlebbar macht“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident, Innen- und Kommunalminister Thomas Strobl.
„Die Wiernsheimer Ortsteile Pinache und Serres beglückwünsche ich herzlich zu ihrer neuen Zusatzbezeichnung! lm Mai des Jahres 1699 wurden französischstämmige Waldenserflüchtlinge in mehrere Ortsgruppen wie Pinache und Serres verteilt. Den Waldensern wurden zum Teil von der Regierung beschaffte Unterkünfte zur Verfügung gestellt. Sie übernahmen die Landschaftspflege und kultivierten die verödeten Felder. Die Familien, die in Württemberg eine neue Heimat fanden, haben ihren Wohnorten hier die Namen ihrer früheren Heimatorte gegeben. ln Pinache steht die älteste Waldenserkirche Deutschlands, die im Jahr 1721 erbaut wurde. Die baulichen Merkmale aller Waldenserorte wurden vorgegeben. An einer schnurgeraden Straße liegen die Waldenserhäuser aufgereiht; alle Häuser weisen mit dem Giebel zur Straße. Seit den 1970er-Jahren gehören Pinache und Serres zur Gesamtgemeinde Wiernsheim. Die Menschen dort sind auch heute noch mit der Geschichte der Waldenser verbunden. Seit 2005 besteht der Freundeskreis, der als Teil der Kirchengemeinde in ehrenamtlichem Engagement das Gemeindeleben bereichert und das Erbe der Waldenser neu belebt. lm denkmalgeschützten alten Rathaus in Pinache sind im Jahr 2013 im Waldenser-Museumsstüble zwei Räume vom Waldenser-Freundeskreis dafür eingerichtet worden“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident, Innen- und Kommunalminister Thomas Strobl.