Die Louis-Lepoix-Schule in Baden-Baden stellt mit Hilfe von 3D-Druckern des Projekts „3D-erleben“ Gesichtsschilde zum Infektionsschutz her. Auf ihrer Webseite stellt die Schule zudem eine Anleitung zum Bau der Masken frei zur Verfügung.
Louis Lucien Lepoix (1918 bis 1998) hat in besonderem Maße technische Phänomene mit gestalterischer Kreativität verbunden. Der in Frankreich geborene und in Baden-Baden gestorbene Ingenieur verband seine visionären Ideen mit praktischen Erwägungen, ein Pionier und Vordenker auf dem Feld des Industriedesigns. Da passt es, dass er der Namensgeber der beruflichen Schule in Baden-Baden ist, wo jüngst ein dreidimensionales Lauffeuer der Hilfe seinen Anfang nahm. Die hauseigenen 3D-Drucker stellen nämlich seit einigen Tagen so genannte Face Shields her, und diese Gesichtsmasken helfen unter anderem Ärzten, Krankenschwestern, Hebammen oder Apothekern, sich selbst vor dem Coronavirus zu schützen, während sie für ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger da sind. Auch Sozialstationen oder Landratsämter profitieren von den Schildern.
Spätestens seitdem die Presse darüber berichtet hat, machen viele weitere mit, wie Schulleiterin Gabriela Krellmann im Kurzinterview erzählt. Sie hatte zudem ihre Kolleginnen und Kollegen über die Direktorenvereinigung zum Mitmachen aufgerufen – mit Erfolg. Schulen, Firmen und Privatpersonen wollen helfen: bei der Produktion oder mit Spenden. Auch ein ehemaliger Schüler unterstützt nun seine alte Bildungsstätte, Kooperationspartner der Schule übernehmen die Großbestellungen. Gabriela Krellmann hat anderen Schulleiterinnen und Schulleitern von der Aktion berichtet, und da die Louis-Lepoix-Schule beim Projekt „3D-erleben“ im Rahmen der Digitalisierungsstrategie des Landes mitmacht, finden sich unter diesen Rektoren auch zahlreiche mit 3D-Affinität. Passgenaue Multiplikatoren dank dieses Netzwerks.
Schokoladenformen, Drohnen und jetzt Gesichtsschilder
Auf der Website der Louis-Lepoix-Schule können Interessierte die Bauanleitung zu den Gesichtsmasken herunterladen. Außerdem hat die Schule ein kleines Zeitraffer-Produktionsvideo angefertigt, auf dem man sieht, wie solch ein Face Shield entsteht. Schicht für Schicht, zwei Stunden und 15 Minuten dauert der Druck des Kopfrings. Dann noch ein, zwei Handgriffe – und fertig ist der Schild. Wichtig: Es handelt sich hier nicht um ein zertifiziertes Medizinprodukt. Daher werden die Gesichtsschilder unentgeltlich und unter Ausschluss jeglicher Haftung verteilt.
Seinen Anfang machte die Idee bei Daniel Müller. Der Physiklehrer begann, die schuleigenen 3D-Drucker für die Produktion eines Gesichtsschilds einzusetzen, weil er aus Gesprächen mit medizinischem Personal in seinem Umfeld von der Not an Schutzkleidung gehört hatte. Schokoladenformen, Drohnen oder Vorlagen für Orthopädiemechaniker verlassen unter anderem die Drucker, wenn Müller additive Fertigung unterrichtet. Nun sind es Kopfringe, in die eine austauschbare Folie eingehängt wird. Die Lasercutter der Schulen schneiden zudem die Gummihalterungen, welche die Maske am Kopf halten. „Das war keine Idee von mir, das ist in verschiedenen Ländern von Firmen schon gemacht worden“, sagt Müller in einem Interview mit dem Südwestrundfunk, der den Prototyp dem Krankenhaus in Achern zur Verfügung stellte und nach Rückmeldung feinjustierte. Etwa 20 Stunden pro Tag sind die Drucker der Louis-Lepoix-Schule, die seither in den Home Office-Zimmern einiger Lehrer stehen, im Einsatz. Die Nachfrage ist aber so groß, dass Firmen wie Stratasys, der Kooperationspartner der Schule aus Baden-Baden, bei der Produktion helfen.
Netzwerk beschleunigt Innovationen
Auch andere Schulen des Projekts „3D-erleben“ sowie die Medienzentren mit Makerspace – einem Lern- und Kreativitätsstudio – sowie das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) drucken mittlerweile die Gesichtsmasken. „Solche Geschichten zeigen exemplarisch, wie groß der Zusammenhalt in der Gesellschaft ist und was unsere Lehrerinnen und Lehrer dazu beitragen“, sagt Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann und fügt an: „Die Schulschließungen verlangen von ihnen ohnehin schon viel ab, und da beeindruckt es umso mehr, dass solche gemeinnützigen Ideen entstehen und auch die damit verbundene zusätzliche Arbeit das Engagement keineswegs mildert. Das ist in diesen Zeiten nicht nur ungemein wichtig, es ist auch einfach stark.“
Zudem freut es die Ministerin, dass durch Aktionen wie diese den Schülerinnen und Schülern noch einmal konkret verdeutlicht wird, was sie beispielsweise im Rahmen des Projekts „3D-erleben“ lernen können: „Nämlich wie man Produkte entwirft und herstellt, die ganz konkret im echten Leben helfen.“ An diesem Beispiel zeigt sich auch, wie sinnvoll solche schulübergreifenden Zusammenarbeiten sind. „Denn die Schulen, die an ,3D-erleben‘ teilnehmen, haben nicht nur die Möglichkeit, zukunftsweisende digitale Technologien selbst auszuprobieren und im Unterricht anzuwenden. Sie profitieren auch von dem Netzwerk und können Innovationen umsetzen und weiterentwickeln. Das zeigt sich nun mit den Gesichtsmasken in einer besonderen Art, wovon auch die Allgemeinheit profitiert.“
Bauanleitung zum Herunterladen
Wer die Aktion, die von der Louis-Lepoix-Schule ausging, unterstützen möchte, kann sich an den dortigen Lehrer Daniel Müller wenden, per E-Mail an info@lls-bad.de. Die Vorlage zum Druck der Schilde steht auf der Internetseite der Schule zum Herunterladen bereit.
Im Rahmen der Digitalstrategie digital@bw werden verschiedene Leuchtturm-Projekte initiiert, die neue Technologien in Schule erlebbar machen und weitreichende Strahlkraft haben sollen. 3D-Druck stellt, mit Blick auf die Anforderungen des Arbeitsmarkts, als digitale Schlüsseltechnologie eine Säule dieser Strategie dar. „3D-erleben“ zielt auf die Integration innovativer digitaler Technologien in den Schulunterricht ab, um die Schülerinnen und Schülern fit zu machen für sich ständig wandelnde und weiterentwickelnde Berufe. Denn mit Blick auf die Anforderungen des Arbeitsmarkts gilt insbesondere der 3D-Druck als digitale Schlüsseltechnologie der nächsten Jahre. Daneben bietet er auch für den Schulunterricht selbst zahlreiche spannende Ansätze, da sich theoretisches Wissen in physisch greifbare Produkte verwandeln lässt. Der praxisnahe Technikeinsatz kann zudem einen Beitrag zur Steigerung des Interesses an MINT-Themen beziehungsweise zur Förderung der MINT-Kompetenzen junger Menschen leisten. Im Rahmen des Projekts wurden an Medienzentren sogenannte Makerspaces oder FABLabs (Abkürzung für fabrication laboratory – Fabrikationslabor) eingerichtet, die von Schulen als Lern- und Kreativitätsstudios genutzt werden können. Parallel wurden und werden Fortbildungskonzepte für Lehrkräfte zum didaktischen Einsatz des Makerspace und zur technischen Bedienung entwickelt. Zwischen dem ZSL und den Medienzentren wurde zudem eine Projektvereinbarung mit dem Ziel geschlossen, die von den Medienzentren entwickelten Unterrichtskonzepte zum Einsatz der innovativen Technik auf einer verbindlichen Basis in geprüfter Qualität allen Schulen verfügbar zu machen.