Das Wirtschaftsministerium und der Handwerkstag haben die Personal- und Strategieoffensive Handwerk 2025 vorgestellt. Mit gemeinsamen Maßnahmenpaketen soll das Handwerk bei der Fachkräftesicherung, der Strategieorientierung und der Digitalisierung unterstützt werden. Dafür will das Land bis 2019 insgesamt 4,4 Millionen Euro bereitstellen.
Wirtschafts- und Arbeitsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut und der Hauptgeschäftsführer des Baden-Württembergischen Handwerkstages (BWHT), Oskar Vogel, haben ein erstes Maßnahmenpaket vorgestellt, das innerhalb des Projekts „Dialog und Perspektive Handwerk 2025“ zur Zukunftssicherung des Handwerks im Südwesten entwickelt wurde.
„Unser Handwerk ist mit gut 93 Milliarden Euro jährlichem Umsatz, rund 133.000 Betrieben, in denen 780.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie 48.000 Auszubildende arbeiten, die ‚Wirtschaftsmacht von nebenan‘ und ein zentraler Faktor der ökonomischen Leistungskraft im Land. Diese zentrale Rolle im Wirtschaftsleben Baden-Württembergs soll das Handwerk auch in Zukunft behalten. Mit den jetzt gemeinsam entwickelten Maßnahmenpaketen werden wir das Handwerk entscheidend dabei unterstützen, sich bei der Fachkräftesicherung, der Strategieorientierung und der Digitalisierung gut positionieren zu können“, sagte Ministerin Hoffmeister-Kraut. Insgesamt plane das Wirtschaftsministerium, dafür ein Fördervolumen von 4,4 Millionen Euro bis 2019 bereitzustellen.
Land unterstützt Handwerk bei aktuellen Herausforderungen
Ziel des dialogorientierten Projekts sei es gewesen, angesichts der derzeitigen guten konjunkturellen Lage im Handwerk Vorsorge zu treffen und Herausforderungen, Chancen und Potenziale für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung des baden-württembergischen Handwerks in den nächsten zehn Jahren näher zu beleuchten, so die Ministerin. Hoffmeister-Kraut: „Gerade weil unsere Handwerksbetriebe zurzeit volle Auftragsbücher haben, fällt es ihnen nicht immer leicht, sich mit den Herausforderungen von Digitalisierung, demographischem Wandel, Fachkräfte- und Nachfolgeproblematik angemessen auseinanderzusetzen und sich bietende Chancen zu nutzen. Es ist deshalb gemeinsame Aufgabe von Land und Handwerksorganisationen, hier Unterstützung zu leisten.“
„Im Fokus stand für uns, keine Studie für die Schublade zu generieren, sondern so konkret, betriebs- und praxisnah wie möglich Unterstützung für die Zukunft des baden-württembergischen Handwerks zu bieten“, ergänzte Hauptgeschäftsführer Oskar Vogel aus Sicht des Handwerkstags. Auf Basis einer umfassenden Struktur- und Bestandsanalyse der Ausgangssituation des Handwerks in Baden-Württemberg auch im bundesweiten Vergleich sei in einem umfassenden Dialogverfahren unter Einbindung der Handwerksorganisationen sowie vieler Betriebsinhaberinnen und -inhaber ein umfangreicher Katalog entstanden, der Handlungsfelder aufzeige, denen sich Handwerksbetriebe im Zuge aktueller Megatrends gegenübersähen, so Vogel.
In einem weiteren Schritt hätten Expertengruppen aus Vertretern der Handwerksorganisationen, des Wirtschaftsministeriums sowie der Wissenschaft konkrete Maßnahmen für Betriebe und Handwerksorganisationen sowie für die Handwerks- und Mittelstandspolitik im Land abgeleitet. Ein erstes Paket besteht aus einer „Personaloffensive“ sowie einer „Strategieoffensive“. Auf beide entfallen rund 2,2 Millionen Euro der Förderung des Wirtschaftsministeriums bis 2019.
Personaloffensive Handwerk 2025
Ausgangspunkt für die Personaloffensive ist der Befund, dass zwei Drittel der im Handwerk Ausgebildeten diese im Laufe ihres Berufslebens verlassen. Oskar Vogel: „Dieser Befund zeigt uns, dass sich das Handwerk als Arbeitgeber attraktiver machen muss.“ Es gehe dabei um Nachwuchskräfte- und Fachkräftegewinnung, Personalentwicklung, Wissensmanagement, Mitarbeiterbeteiligung und damit letztlich auch um Mitarbeiterbindung und auch Nachfolgefragen.
Die Personaloffensive sieht daher vor, als Modellprojekt bis zu acht Personalberaterstellen bei den Handwerkskammern zu schaffen, um die Betriebe bei der Umsetzung von Maßnahmen der Personalentwicklung, der Nachwuchs- und Mitarbeitersuche und Nachfolgeplanung zu begleiten und einen Instrumentenkasten für die Betriebe hierzu entwickeln. Die Personalberater sollen noch im Herbst 2017 ihre Tätigkeit aufnehmen. Die entsprechenden Förderanträge haben alle acht Handwerkskammern bereits gestellt. Begleitend wird die Einrichtung einer digitalen Informations- und Wissensplattform rund um das Thema Personal vorbereitet sowie die Entwicklung und Förderung attraktiver Veranstaltungsformate zur Sensibilisierung und Information der Betriebe vorgesehen. Ergänzendes Coaching zum Thema Personal mit einer Verbilligung des Tagewerksatzes bei der Beratungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft für Handwerk und Mittelstand (BWHM), runden die Personaloffensive ab.
Strategieoffensive Handwerk 2025
Oskar Vogel: „Unsere Struktur- und Bestandsanalyse hat ein erhebliches Strategiedefizit der Betriebe festgestellt und damit die Anforderung an die Handwerksorganisationen verbunden, verstärkt die Funktion einer strategischen Stabsstelle für die Betriebe zu übernehmen.“ Mit der Strategieoffensive solle daher das Themenfeld der Strategischen Betriebsführung verstärkt in die Betriebe im Land getragen werden.
Gefördert wird deshalb die Einrichtung einer Projektleitung „Zukünftige Strategien und Geschäftsmodelle im Handwerk“ beim Handwerkstag. Diese soll Zukunftsthemen, Technologie- und Marktentwicklungen für die einzelnen Gewerke erkennen und über eine enge Kooperation mit den Betriebsberatern der Kammern und der Fachverbände für den Transfer in die Betriebe sorgen. Daneben werde es Coaching-Angebote mit einer Verbilligung des Tagewerksatzes bei der Beratungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft für Handwerk und Mittelstand (BWHM) geben, um Betriebe direkt bei der Umsetzung zu unterstützen.
Digitaloffensive Handwerk 2025
Neben der Personal- und Strategieoffensive Handwerk 2025 sollen bis zum Jahresende im nächsten Schritt auch Maßnahmen in den Themenfeldern Digitalisierung, Innovation und Kooperation zu einem weiteren Paket verknüpft werden.
Ministerin Hoffmeister-Kraut: „Die Digitaloffensive wird eng mit unserer Initiative Wirtschaft 4.0 und ihren Unterstützungs- und Informationsangeboten wie bspw. die Digitalisierungsprämie verknüpft. Damit schaffen wir aufeinander aufbauende und abgestimmte Angebote zur Unterstützung von Mittelstand und Handwerk, angefangen von niederschwelliger Information und Sensibilisierung über eine Erstberatung bei Beratern der Kammern bis hin zu einer umfassenden und intensiven konzeptionellen und strategischen Umsetzungsbegleitung.“
Begleitend seien die Förderung von Digital-Werkstätten zur Erprobung und Demonstration neuer digitaler Anwendungsmöglichkeiten im Handwerk, eine modellhafte Übertragung „digitaler Innovationspfaden“ in die Bildungszentren des Handwerks sowie die modellhafte Einrichtung der ersten „Lernfabrik 4.0“ für das Handwerk vorgesehen.
„Handwerk 2025 ist ein Zukunftsprojekt, das wir sukzessive weiterverfolgen und umsetzen. Wir werden das Handwerk im Land damit entscheidend unterstützen können“, zeigte sich Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut überzeugt. Personal- und Strategieoffensive Handwerk 2025 seien dafür erste wesentliche Meilensteine.
Dialog und Perspektive Handwerk 2025 – 20 Maßnahmen (PDF)
Wirtschaftsministerium: Strategiekonzept und Handlungsfelder für das Handwerk in Baden Württemberg
Wirtschaftsministerium: Struktur- und Bestandsanalyse „Dialog und Perspektive Handwerk 2025“