Bei einem routinemäßigen Anlagenrundgang in Block 2 des Kernkraftwerks Neckarwestheim wurde eine Leckage an einer Absperrarmatur festgestellt. Das Ereignis hat keine oder sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung.
Am Samstag, 27. Januar 2021, hat der Betreiber bei einem routinemäßigen Anlagenrundgang in Block 2 des Kernkraftwerks Neckarwestheim (GKN II) an einer Armatur des Systems, das zur Behandlung flüssiger radioaktiver Abfälle dient, Ablagerungen im Bereich des Gehäusedeckels festgestellt. Auf dem Boden unterhalb der Armatur konnten zudem getrocknete Rückstände des ausgetretenen Materials nachgewiesen werden. Obwohl der Systemabschnitt zum Zeitpunkt der Feststellung des Befundes in Betrieb war, wurde keine Leckage von flüssigem Medium mehr beobachtet. Die Kontamination in dem Raum, der als Sperrbereich gekennzeichnet ist, war sehr gering.
Einstufung durch den Genehmigungsinhaber: Meldekategorie N (Normalmeldung), INES 0 (keine oder sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung).
Maßnahmen
Der Betreiber hat die betroffene Armatur durch eine typgleiche Armatur ersetzt. Untersuchung der Schadensursache ist geplant. Das bei dem Vorfall betroffene System verarbeitet die im Kontrollbereich anfallenden aufkonzentrierten radioaktiv belasteten Abwässer, sodass diese später weiter konditioniert werden können. Alle Bestandteile des Systems befinden sich innerhalb des Kontrollbereichs. Die sicherheitstechnische Bedeutung des Systems liegt in der Rückhaltung radioaktiver Stoffe. Es ist kein Teil des Sicherheitssystems des Kernkraftwerks.
Der Raum, in dem die Leckage aufgetreten ist, enthält keine sicherheitstechnisch wichtigen Komponenten, die das austretende Wasser hätte beschädigen können. Da der Raum als Sperrbereich gekennzeichnet ist, darf er nur nach Kontrolle durch Mitarbeitende des Strahlenschutzes betreten werden. Daher wäre auch im Falle des Austritts von stärker radioaktiv belastetem Wasser keine Kontaminationsverschleppung oder Kontamination von Personen zu befürchten. Die sicherheitstechnische Bedeutung ist somit gering. Es ergaben sich keine Auswirkungen auf Personen und die Umwelt.
Meldestufen
Die für die kerntechnische Sicherheit bedeutsamen Ereignisse sind den atomrechtlichen Aufsichtsbehörden der Länder nach den bundeseinheitlichen Kriterien der Atomrechtlichen Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung (AtSMV) zu melden. Ziel des Meldeverfahrens ist, den Sicherheitsstand der Kernkraftwerke zu überwachen, dem Auftreten ähnlicher Fehler in anderen Kernkraftwerken vorzubeugen und die gewonnenen Erkenntnisse in sicherheitstechnische Verbesserungen einfließen zu lassen.
Die meldepflichtigen Ereignisse sind unterschiedlichen Kategorien zugeordnet (Erläuterungen zu den Meldekriterien für meldepflichtige Ereignisse):
- Kategorie S (Unverzügliche Meldung): Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde unverzüglich gemeldet werden müssen, damit sie gegebenenfalls in kürzester Frist Prüfungen einleiten oder Maßnahmen veranlassen kann. Hierunter fallen auch die Vorkommnisse, die akute sicherheitstechnische Mängel aufzeigen.
- Kategorie E (Meldung innerhalb von 24 Stunden): Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde binnen 24 Stunden gemeldet werden müssen, damit sie gegebenenfalls in kurzer Frist Prüfungen einleiten oder Maßnahmen veranlassen kann. Hierunter fallen auch die Ereignisse, deren Ursache aus Sicherheitsgründen in kurzer Frist geklärt und gegebenenfalls in angemessener Zeit behoben werden muss. In der Regel handelt es sich dabei um sicherheitstechnisch potentiell – aber nicht unmittelbar – signifikante Ereignisse.
- Kategorie N (Meldung bis zum fünften Werktag): Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde innerhalb von 5 Werktagen gemeldet werden müssen, um eventuelle sicherheitstechnische Schwachstellen frühzeitig erkennen zu können. Dies sind in der Regel Ereignisse von geringer sicherheitstechnischer Bedeutung, die über routinemäßige betriebstechnische Einzelereignisse bei vorschriftsmäßigem Anlagenzustand und -betrieb hinausgehen. Unverfügbarkeiten von Komponenten/Systemen, die durch im Betriebshandbuch spezifizierte Prozeduren temporär beabsichtigt herbeigeführt werden, sind nicht meldepflichtig, wenn dies auch in der Sicherheitsspezifikation des Betriebshandbuches entsprechend berücksichtigt ist.
Internationale Bewertungsskala INES
Internationale Bewertungsskala INES:Aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Betreibern der Kernkraftwerke und dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit werden meldepflichtige Ereignisse in Kernkraftwerken auch nach der Bewertungsskala International Nuclear and Radiological Event Scale (INES) der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) und der Nuklearenergie-Agentur (NEA) der OECD bewertet. Sie hat eine rasche und für die Öffentlichkeit verständliche Bewertung eines Ereignisses zum Ziel.
Die Skala umfasst sieben Stufen:
- Störung
- Störfall
- ernster Störfall
- Unfall mit örtlich begrenzten Auswirkungen
- Unfall mit weitergehenden Auswirkungen
- schwerer Unfall
- katastrophaler Unfall
Meldepflichtige Ereignisse, die nach dem INES-Handbuch nicht in die Skala (1 bis 7) einzuordnen sind, werden unabhängig von der sicherheitstechnischen Bedeutung nach nationaler Beurteilung der „Stufe 0” zugeordnet.