Primärversorgungszentren bieten den Bürgerinnen und Bürgern künftig Erstberatung und medizinische Grundversorgung. Sie entlasten dadurch die Krankenhäuser und dienen der Sicherung der Gesundheitsversorgung gerade in ländlichen Regionen. In vier Projekten untersucht das Land ab Ende November die Voraussetzungen erfolgreicher Primärversorgungszentren und -netzwerke.
In sogenannten Primärversorgungszentren arbeiten Angehörige unterschiedlichster Gesundheitsberufe Hand in Hand unter einem Dach. In enger Zusammenarbeit bieten die Verantwortlichen Bürgerinnen und Bürgern hier eine umfassende Betreuung in gesundheitlichen Fragen. Sie entlasten dadurch die Krankenhäuser und dienen der Sicherung der Gesundheitsversorgung gerade in ländlichen Regionen. Ab Ende November dieses Jahres erprobt das Land deshalb in vier Projekten Primärversorgungszentren und -netzwerke, die für Menschen mit gesundheitlichen Anliegen den Erstkontakt zu einer umfassenden Versorgung und Beratung vor Ort sicherstellen. Das Ministerium für Soziales und Integration hatte dazu im Juni 2019 einen Förderaufruf veröffentlicht und stellt für die vier ausgewählten Vorhaben Fördermittel in Höhe von jeweils 150.000 Euro bereit, teilte Gesundheitsminister Manne Lucha mit.
„Um eine möglichst optimale Gesundheitsversorgung der Bevölkerung auch für die Zukunft zu gewährleisten, spielen Vernetzung und sektorenübergreifendes Denken eine entscheidende Rolle. Primärversorgungszentren sind deshalb ein wichtiger Baustein, um die vielfältigen Herausforderungen im Gesundheitssystem zu bewältigen. Darüber hinaus entsprechen die Arbeitsbedingungen in ländlichen Einzel- und Kleinpraxen längst nicht mehr den Wünschen des medizinischen Nachwuchses. Angehende Ärztinnen und Ärzte bevorzugen heute oftmals ein Angestelltenverhältnis sowie Teilzeitarbeit und haben großes Interesse an der Zusammenarbeit in Teams. Primärversorgungszentren können daher auch zur Attraktivität einer Niederlassung im ländlichen Raum beitragen.“
Welche Voraussetzungen und Gegebenheiten erfolgreiche Primärversorgungszentren und Netzwerke benötigen, wird ab Ende November in vier ausgewählten Projekten mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten untersucht.
Übersicht der einzelnen Projekte
Landkreis Calw: Hausärztliches Primärversorgungszentrum Calw
Mit dem Projekt werden neue Versorgungswege der hausärztlichen Versorgung in Calw und Umgebung geschaffen. So wird ein Team – bestehend aus Pflegekräften, medizinischen Fachangestellten und Versorgungsassistenten – aufgebaut, das sich um die kontinuierliche Versorgung und Präventionsbegleitung chronisch und mehrfach erkrankter Menschen kümmert. Auch einheitliche Versorgungspfade für häufige Erkrankungen sollen eingeführt und die Gesundheitskompetenz der Bürgerinnen und Bürger insgesamt gesteigert werden.
Stadt Filderstadt: Gesundheit vor Ort gemeinsam Gestalten – praxisorientierte Versorgung
Mit dem Projekt wird die strukturierte und multiprofessionelle Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe erprobt. Umgesetzt wird dies in enger Zusammenarbeit mit der Filderklinik. Mittels einer lokalen Gesundheitskonferenz soll ein kommunales, sektorenübergreifendes Entlass- und Nachsorgenetzwerk errichtet werden. Darüber hinaus werden konkrete Struktur- und Beratungskonzepte (Handlungsempfehlungen) entwickelt. Auch das Thema Nachsorge soll im Fokus stehen.
Landkreis Konstanz: Delegation von Leistungen der haus- und fachärztlichen Versorgung an Pflegefachkräfte unter Einbezug der ambulanten Pflegedienste
Das Projekt untersucht, wie niedergelassene Haus- und Fachärzte Aufgaben in der Versorgung an Pflegefachkräfte und Pflegedienste delegieren können. Die Zusammenarbeit soll in einem Primärversorgungsnetzwerk getestet und etabliert werden. Darüber hinaus geht es um den sinnvollen Einsatz der unterschiedlichen Formen digitaler Kommunikation.
Gemeinde Nußloch: GECAM-NETZ – Gemeindebasiertes Case-Management mit Primärversorgungsnetz mit sektorenübergreifender multiprofessioneller Prävention und Frühintervention zum Erhalt von Teilhabe und Lebensqualität
In der Gemeinde Nußloch im Rhein-Neckar-Kreis wird untersucht, wie ärztliche und nichtärztliche Fachpersonen in den Bereichen Prävention, Frühintervention und Primärversorgung zusammenarbeiten können. Die drei ermittelten Zielgruppen Kinder im Vorschulalter, Erwerbstätige und ältere Bürger stehen dabei im Fokus und werden in eine umfassende Gesundheitsstrategie eingebunden. Ein Zentrum für Bürgergesundheit soll eingerichtet und Bürgerinnen und Bürger von einem sogenannten Case-Management-Team fortwährend betreut werden.
Primärversorgung
Die Primärversorgung ist für Patienten meist die erste Anlaufstelle bei gesundheitlichen Problemen und wird bislang in der Regel vom Hausarzt abgedeckt. Für Patientinnen und Patienten sollte perspektivisch der Erstkontakt zum Versorgungssystem über die sogenannte Primärversorgung erfolgen. Diese bietet eine Erstberatung und medizinische Grundversorgung. Präventive, gesundheitsfördernde, kurative, pflegerische, rehabilitative und palliative Maßnahmen gehören zum umfassenden Begriff der Primärprävention dazu. Dabei spielt die Kontinuität in der Versorgung eine wesentliche Rolle. Diese bezieht sich nicht nur auf einzelne Gesundheitsprofessionen, sondern muss auch hier sektorenübergreifend gewährleistet sein.
Case-Management („Lotsenfunktion“)
Für einen zielgenauen Zugang und eine bessere Versorgung von Patientinnen und Patienten soll das sogenannte Case-Management sorgen. Dieses vermittelt Patientinnen und Patienten an die passenden Versorgungsangebote, leitet sie an andere Gesundheitsprofessionen weiter und bietet einen Überblick über den gesamten Behandlungsverlauf. Damit leistet das Case-Management einen wichtigen Beitrag für eine optimale Versorgung aus einer Hand und dient durch die Lotsenfunktion dem Patientenwohl.