Im Rahmen einer virtuellen Konferenz hat Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut mit Entscheidungsträgern aus Baden-Württemberg, von EU-Institutionen und europäischen Regionen über die Herausforderungen der Gesundheitswirtschaft diskutiert und die Bedeutung der Branche betont.
Im Rahmen einer virtuellen Konferenz hat Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut heute mit Entscheidungsträgern aus Baden-Württemberg, von EU-Institutionen und europäischen Regionen über die Herausforderungen der Gesundheitswirtschaft diskutiert und die Bedeutung der Branche betont: „Die Gesundheitsindustrie und die Gesundheitsdienstleistungen gewinnen weiter an Bedeutung. Die Branche entwickelt sich – nicht erst seit der Corona-Pandemie – zu einem entscheidenden Wachstumstreiber und Jobmotor und damit zu einer Schlüsselbranche für Baden-Württemberg und Europa.“ Die Unternehmen der Gesundheitswirtschaft seien wichtige Innovationstreiber und schaffen zukunftsfähige Arbeitsplätze in Europa. „Die Gesundheitswirtschaft birgt riesiges Potential, nicht nur zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Die EU muss diese Branche stärker in den Fokus nehmen und die richtigen Rahmenbedingungen setzen“, so Hoffmeister-Kraut.
Das richtige Maß für regulative Anforderungen finden
Beispielhaft führte die Ministerin die Überlastung der Unternehmen durch regulative Anforderungen an, wie im Falle der Europäischen Medizinprodukte-Verordnung (MDR): „Insbesondere in der aktuellen Krise sind wir auf ein voll leistungsfähiges Gesundheitssystem angewiesen und müssen die zuverlässige Versorgung von Patienten mit wichtigen Medizinprodukten gewährleisten. Die Situation bei der Entwicklung innovativer Medizinprodukte hat sich mit Blick auf die MDR während der Pandemie noch weiter verschärft. Und die Folgen können fatal sein: Es drohen gravierende Versorgungsengpässe für Patienten, die wir uns in dieser schwierigen Zeit nicht leisten können.“ Unstrittig sei, dass die Branche intensiv zu regulieren sei. Dies dürfe allerdings nicht dazu führen, dass innovative Betriebe den Aufwand für die Umsetzung neuer Ideen in Europa scheuen und aufgeben oder abwandern. „Es geht hier um das richtige Maß: Die regulatorischen Anforderungen müssen für die Unternehmen bezüglich Personalaufwand und Kosten auch realisierbar sein. Nur so können wir die Entwicklungs- und Produktionsstandorte in den Bereichen Medizintechnik und Diagnostika in Baden-Württemberg und Europa mit Blick auf den internationalen Wettbewerb langfristig erhalten.“
Gesundheitsdaten intelligent nutzen
Hoffmeister-Kraut sieht zudem einen neuen Schub für die Gesundheitswirtschaft in der intelligenten Nutzung von Daten: „Für den Gesundheits- und Wirtschaftsstandort wichtige Unternehmen leisten einen erheblichen Beitrag an der Forschungsarbeit in Europa. Meine Zielvorstellung ist es, diesen Unternehmen auch den Zugang zu den klinischen Daten zu ermöglichen – natürlich im Einklang mit den ethischen Voraussetzungen und den Anforderungen des Datenschutzes.“ Für die Gesundheitswirtschaft könne die Schlüsseltechnologie Künstliche Intelligenz einen weiteren enormen Mehrwert bedeuten, beispielsweise bei der Diagnostik, Forschung in der Pharmazie oder der Optimierung medizinischer Produkte.
Auch die Bedeutung und Vorbildfunktion des landesweiten Forums Gesundheitsstandort Baden-Württemberg griff die Ministerin auf: „Mit unserem Forum Gesundheitsstandort Baden-Württemberg haben wir ressortübergreifend und mit den wichtigsten Akteuren im Land eine optimal vernetzte Plattform geschaffen. So stärken wir Baden-Württemberg als Gesundheitsstandort und die Gesundheitswirtschaft als eine der wichtigsten Zukunftsbranchen. Das Forum könnte auch als Modell für die EU dienen.“
Gesundheitsindustrie in Baden-Württemberg
Mit über 1.100 Unternehmen in der Gesundheitsindustrie belegt Baden-Württemberg bundesweit den Spitzenplatz. Zudem kommen kontinuierlich neue Start-ups dazu.
Der virtuelle Kongress „Europäische Gesundheitswirtschaft in der Covid-19-Krise: Wie lässt sich Europas Potential am besten nutzen?“ fand am 3. Dezember 2020 statt. Auf Einladung der Wirtschaftsministerin nahmen Vertreterinnen und Vertreter des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission, von Unternehmen aus Baden-Württemberg sowie hochkarätige Expertinnen und Experten aus der Gesundheitswirtschaft teil. Die Konferenz wurde gemeinsam mit der Landesgesellschaft BIOPRO durchgeführt.
Im Rahmen der Veranstaltung präsentierten die Unternehmen CureVac und BioCopy als Praxisbeispiele aus Baden-Württemberg ihre Best Practices.
Die BioCopy GmbH ist ein Spin-off der Universität Freiburg. Der Hauptgründer der BioCopy, Dr. Günter Roth, ist im Feld der Diagnostik und Impfstoffe langjährig erfahren und hat seit 2007 mit CureVac die Erzeugung von immunisierendem Protein aus RNA untersucht. Er war wichtiger Impulsgeber für aktuell in der Entwicklung oder in ersten Anwendungen realisierten COVID19-Infektionstests. Derzeit wird die Firma BioCopy vom Wirtschaftsministerium mit einem Projekt mit einer Fördersumme von knapp 300.000 Euro unterstützt, um einen Biosensor für eine kosteneffiziente und schnelle Ermittlung des Immunstatus zu entwickeln. Ziel dieses Forschungsprojekts ist es, die Grundlagen für ein neuartiges diagnostisches System zu erarbeiten, das eine detaillierte serologische Diagnostik einer Infektion mit dem SARS-CoV-19 erlaubt.
Das in Tübingen angesiedelte Biotech-Unternehmen CureVac begann mit der Entwicklung seines mRNA-basierten Impfstoffkandidaten im Januar 2020. Das Material für die klinischen Studien wird dank der umfassenden Produktionskapazitäten des Unternehmens für mRNA-Impfstoffe an seinem Hauptsitz in Tübingen bereitgestellt. CureVac baut diese Produktionskapazitäten mit erheblichen Fördermitteln des Bundes derzeit aus, um die breit angelegte Herstellung vorzubereiten. Auf Basis dieser Strategie beabsichtigt das Unternehmen, seine bestehenden Produktionskapazitäten für CVnCoV auf bis zu 300 Millionen Dosen im Jahr 2021 beziehungsweise bis zu 600 Millionen Dosen im Jahr 2022 deutlich zu erhöhen und gleichzeitig potenzielle Risiken in der Lieferkette zu reduzieren. Darüber hinaus befindet sich eine von der Europäischen Investitionsbank (EIB) geförderte großvolumige Produktionsanlage am Hauptsitz von Curevac in Tübingen derzeit im Aufbau.