Justiz

Digitalisierung im Gerichtsaal

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Drei leuchtende Würfel mit Paragrafen-Zeichen liegen auf einer Computer-Tastatur.

In Baden-Württemberg hält die Digitalisierung in den Gerichtssälen weiter Einzug. Nicht nur durch Corona ist die Zahl an Videoverhandlungen gestiegen. Auch immer mehr Gerichte führen die papierlose E-Akte ein und sind mit W-LAN ausgestattet.

An einem Mittwochmorgen wird am Arbeitsgericht Ulm über eine Kündigung verhandelt. Doch die Beteiligten sitzen dem Richter Nikolaus Zimmermann nicht etwa gegenüber, er sieht sie nur auf einem Bildschirm. „Hallo, sie können mich gut hören und auch sehen?“, fragt Zimmermann die beiden Anwälte, die per Video zugeschaltet sind. 

Um die Kontakte bei Prozessen während der Pandemie zu reduzieren, setzten in den vergangenen beiden Jahren immer mehr Gerichte in Baden-Württemberg auf Videoverhandlungen – am stärksten hielten diese bei den Arbeitsgerichten Einzug. So wurden dort während der Pandemie im Südwesten bereits zwei Drittel aller Verhandlungen per Video geführt, wie ein Sprecher des Justizministeriums in Stuttgart sagt.

Damit dies möglich war, musste die Digitalisierung der Justiz zunächst grundlegend vorangebracht werden. Baden-Württemberg sieht sich dabei auf einem guten Weg.

Land schafft technische Voraussetzungen an den Gerichten

Richter Zimmermann und seine Kollegen in Ulm begannen schon im Herbst 2020 mit den ersten Videoverhandlungen. Dabei habe geholfen, dass sie schon im März 2019 auf die elektronische Prozessakte umgestellt und so auch Monitore in den Sälen hatten, um die digitalen Dokumente zeigen zu können, erklärt der Richter.

Mittlerweile arbeiten laut Justizministerium rund 70 der Gerichte im Südwesten mit der elektronischen Akte. 40 weitere sollen in diesem Jahr hinzukommen.

Damit die Videoverbindung in den Gerichtssaal funktioniert, braucht es auch Internet.  Im Südwesten sollen bis Ende März alle 160 Gerichtsstandorte mit kabellosem Internet versorgt sein. Bislang ist dies in 700 Gerichtssälen der Fall. 

Doch auch abseits der technischen Voraussetzungen haben sich die Videoverhandlungen bei den Gerichten in Baden-Württemberg schon etabliert. Richter Zimmermann schätzt an ihnen vor allem den Umweltaspekt. „Wenn etwa mehrere Prozessbeteiligte eine lange Anfahrt haben für eine Verhandlung, die auch mal nur einige Minuten dauern kann, lässt sich damit einiges an Aufwand sparen.“ Es sei zudem erstaunlich, wie wenig anders eine Videoverhandlung im Vergleich zu einer Verhandlung in Präsenz ablaufe, sagt der Arbeitsrichter. Der Ministeriumssprecher aus Stuttgart betont, in der Zivil- und Arbeitsgerichtsbarkeit sei die Videoverhandlung aus dem gerichtlichen Alltag nicht mehr wegzudenken. 

Videoverhandlungen eignen sich nicht für alle Prozesse

Besonders geeignet sind die Videoverhandlungen an den Arbeitsgerichten aus Sicht von Zimmermann, weil dort eine klare Trennung zwischen Güte- und Kammerterminen herrscht. Bei den Güteterminen, wo zunächst geklärt wird, ob es nicht doch zu einer Einigung kommen kann, findet Zimmermann die Videoverhandlung eine gute Lösung. Die Grenze sei aber dort, wo es stark auf den persönlichen Eindruck ankomme oder sehr komplexe Sachverhalte zu erörtern seien.

Diese Ansicht teilt auch das Justizministerium. Dennoch spricht sich Baden-Württembergs Justizministerin Marion Gentges für einen Ausbau der Videoverhandlungen aus. Sie fordert zudem, dass Richter Video-Prozesse verbindlich anordnen können. Nicht gegen den Willen der Beteiligten, aber etwa mit einer zweiwöchigen Widerspruchsfrist. Das würde auch Arbeitsrichter Zimmermann helfen. Er weiß bislang nie genau, wer wirklich per Video zugeschaltet sein wird oder dann doch zu ihm ins Gericht kommt. Der Aufwand, dies bei allen Prozessen und mit allen Beteiligten vorher abzusprechen, sei einfach zu groß, erklärt er. 

In Baden-Württemberg geht es weiter voran. Noch im Februar soll im Südwesten in einem Pilotprojekt die elektronische Akte im Strafverfahren Einzug halten. Videoverhandlungen über Morde oder Misshandlungen wird es dagegen so schnell nicht geben. Im Strafrecht ist und bleibt der Video-Prozess verboten.

Quelle:

dpa/lsw

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von links nach rechts: Präsidentin des Landesjustizprüfungsamtes Sintje Leßner, Noemi Jahli Anika-Avallone, Rektor Frank Haarer, Nicole Linder, Franziska Maria Martin, Kira Aileen Nußbaumer und Prorektor Rainer Hock, Ministerin der Justiz und für Migration Marion Gentges
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