Das Land setzt zum 1. September die Verwaltungsvorschrift Frosthilfe 2017 in Kraft. Nach den gravierenden Schäden in der Landwirtschaft durch den Frosteinbruch im April hat die Landesregierung den Beschluss gefasst, die geschädigten Betriebe mit einem finanziellen Hilfsprogramm zu unterstützen. Anträge können ab dem 11. September 2017 gestellt werden.
„Nach den gravierenden Schäden im Obst- und Weinbau durch den Frosteinbruch in den Nächten vom 19. bis 21. April 2017 hat die Landesregierung am 2. Mai 2017 den Beschluss gefasst, die geschädigten landwirtschaftlichen Betriebe mit einem finanziellen Hilfsprogramm ‚Frosthilfe 2017‘ zu unterstützen. Nachdem nun die Haupternte der durch den Frost besonders stark betroffenen Kulturen Obst und Wein begonnen hat, die Ernte bei Erdbeeren und Kirschen weitgehend abgeschlossen ist, und somit die tatsächlichen Schäden ermittelbar sind, können wir zum 1. September 2017 die Verwaltungsvorschrift Frosthilfe 2017 in Kraft setzen“, sagte der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk. Anträge könnten ab dem 11. September 2017 bei den unteren Landwirtschaftsbehörden bei den Landratsämtern gestellt werden.
Die Frosthilfe 2017 kann von landwirtschaftlichen Unternehmen in Baden-Württemberg im Haupt- oder Nebenerwerb beantragt werden, die unmittelbar durch das Frostereignis im April bedingte Ertragsausfälle an landwirtschaftlichen und gärtnerischen Kulturen inklusive Obst- und Weinbau haben. „Grundlage ist die nationale Rahmenregelung des Bundes, die wir beachten müssen. Danach können Hilfen nur gewährt werden, wenn eine Mindestschadensschwelle von 30 Prozent der normalen Naturalerzeugung des Unternehmens überschritten ist“, betonte der Minister. Festgestellt wird das Erreichen der Mindestschadensschwelle auf Basis der betroffenen Produktionsverfahren, wie zum Beispiel dem Kirsch- oder Apfelanbau. Vergleichsbasis ist der vorangegangene Drei- beziehungsweise Fünfjahreszeitraum. Der Ertragsausfall ist durch geeignete Dokumentationen und Unterlagen zu belegen. Ist die Mindestschadensschwelle eines Produktionsverfahrens überschritten, wird der monetäre Gesamtschaden unter Einbeziehung der Preise aus dem Vergleich des Jahres 2017 mit dem vorangegangenen Drei- beziehungsweise Fünfjahreszeitraum errechnet.
Landtag muss am Ende über finanzielle Mittel entscheiden
„Nach Feststellung der tatsächlichen Schadenssumme muss der Landtag über die finanziellen Mittel entscheiden, die am Ende ausbezahlt werden können. Die Hilfe des Landes wird dann Anfang 2018 ausbezahlt, da die notwendigen Landesmittel erst im Haushaltsjahr 2018 zur Verfügung gestellt werden können. Wir streben an, den Betroffenen zur Existenzsicherung bis zu 50 Prozent des Gesamtschadens über einen Zuschuss auszugleichen“, sagte der Minister. In der Verwaltungsvorschrift „Frosthilfe 2017“ werden unter anderem Mindest- und Maximalbeträge für die Hilfen festgelegt. In besonders begründeten Härtefällen bei sehr hohen Gesamtschäden von über 100.000 Euro und Existenzgefährdung können erhöhte Maximalbeträge gewährt werden.
„Dem Ministerium sind im Gesamtverfahren klare Grenzen gesetzt, die wir aber für unsere Bauern so weit wie möglich ausschöpfen wollen. Am Ende kann das Land nur eine Hilfe zur Existenzsicherung geben. Leider können wir daher nicht alle Schäden ausgleichen“, erklärt der Minister. Das Verfahren wurde mit den Verbänden der betroffenen Erzeuger abgestimmt.
L-Bank unterstützt das Verfahren
Ein Schadensausgleich in begründeten Härtefällen kann nur in Verbindung mit einem Liquiditätssicherungsdarlehen der L-Bank Baden-Württemberg gewährt werden. Die Verbindung mit einem Darlehen ist vor allem für betroffene Betriebe mit hohen Schadenssummen und entsprechend hohen Liquiditätslücken interessant, da bei Aufnahme eines Darlehens den betroffenen Betrieben sofort wieder liquide Mittel zur Verfügung stehen und durch den Zuschuss der aufzunehmende Darlehensbetrag und damit der Kapitaldienst merklich geringer ausfallen kann, als bei einem Kapitalmarktdarlehen.
Dr. Axel Nawrath, Vorsitzender des Vorstands der L-Bank, erläutert die Rolle der Förderbank des Landes: „Der späte Frost hat viele landwirtschaftliche Betriebe schwer getroffen. Als Förderbank ist es unsere Aufgabe, den geschädigten Betrieben im Land zur Seite zu stehen und dabei zu helfen, die zum Teil immensen Einkommenseinbußen abzumildern und Existenzgefährdungen abzuwenden. Mit unserem Liquiditätssicherungsdarlehen wollen hier wir ein Stück weit zur Kompensation des entstandenen Schadens beitragen. Die Unternehmen können hierzu über ihre Hausbank einen zinsgünstigen Kredit mit einer maximalen Darlehenshöhe von 150.000 Euro aufnehmen. Im Bedarfsfall kann das mit einer zehnjährigen Laufzeit und zwei tilgungsfreien Anfangsjahren ausgestattete Darlehen durch die Übernahme einer Bürgschaft durch die Bürgschaftsbank Baden-Württemberg ergänzt werden.“
Ministerrat stuft Frosteinbruch als Naturkatastrophe ein
Die Spätfröste in den Nächten vom 19. bis 21. April dieses Jahres führten zu großflächigen Frostschäden in der Landwirtschaft, insbesondere im Wein- und Obstbau. Landesweit wurden etwa ein Viertel des Weinbaus und ein Drittel des Erwerbsobstbaus sehr stark geschädigt. Es werden erhebliche Einkommenseinbußen erwartet, die vor allem in spezialisierten Obst- und Weinbaubetrieben bis zur Existenzgefährdung führen können. Insgesamt wird von Ertragseinbußen in dreistelliger Millionenhöhe ausgegangen, genaue Zahlen lassen sich jedoch erst nach Abschluss der Ernte benennen. Der Ministerrat stufte den Frosteinbruch als einer Naturkatastrophe gleichzusetzendes widriges Witterungsverhältnis ein und machte damit den Weg frei für finanzielle Ausgleichsmaßnahmen auf der Grundlage der „Nationalen Rahmenrichtlinie zur Gewährung staatlicher Zuwendungen zur Bewältigung von Schäden in der Land- und Forstwirtschaft verursacht durch Naturkatastrophen oder widrige Witterungsverhältnisse“.
Anträge können ab 11. September gestellt werden
Anträge auf Frosthilfe können ab dem 11. September bis zum 30. Oktober 2017 beim zuständigen Landratsamt (Landwirtschaftsamt) gestellt werden. In jedem Fall sind der Antrag sowie die dazugehörigen Datenblätter zur Ermittlung des Gesamtschadens fristgerecht, vollständig ausgefüllt und unterschrieben einzureichen. Gegebenenfalls noch ausstehende Belege wie beispielsweise Abrechnungen können bis zum 15. Dezember 2017 nachgereicht werden. Beim Landwirtschaftsamt erhalten die Antragstellenden Beratung und weitergehende Auskünfte zum Verfahren. Eine entsprechende Terminabstimmung ist notwendig.
Die Antragsformulare können ab dem 11. September 2017 auf der Webseite „Infodienst Landwirtschaft“ heruntergeladen werden oder liegen bei den Landratsämtern aus. Dort finden betroffene Unternehmen auch detaillierte weitergehende Informationen zum Verfahren.
Härtefälle
Von einem begründeten Härtefall ist auszugehen, wenn der bereinigte Gesamtschaden über 100.000 Euro liegt oder das betroffene Unternehmen durch das Frostereignis in eine Existenz gefährdende Lage gekommen ist und unter Berücksichtigung eines zumutbaren Eingriffs in das Betriebs- und Privatvermögen oder unter Aufnahme eines Kapitalmarktdarlehens eine Weiterbewirtschaftung des landwirtschaftlichen Unternehmens nicht gewährleistet ist. Die Existenzgefährdung ist nach einem vorgegebenen Schema im Antragsverfahren zu belegen.
Liquiditätssicherungsdarlehen
Das Liquiditätssicherungsdarlehen der L-Bank wird bei der Hausbank aufgenommen und kann im Bedarfsfall auch durch eine Bürgschaftsübernahme durch die Bürgschaftsbank ergänzt werden. Die Darlehenskonditionen der L-Bank für den/die Endkreditnehmer/-in sind insgesamt genauso günstig wie die Konditionen der Darlehen der Landwirtschaftlichen Rentenbank im Rahmen ihres Liquiditätssicherungsprogramms für frostgeschädigte Landwirte. Die Laufzeit der Liquiditätssicherungsdarlehen der L-Bank beträgt zehn Jahre mit zwei tilgungsfreien Jahren. Die Sollzinsobergrenze wird von der L-Bank für die Dauer der Darlehenslaufzeit festgelegt. Diese ist durch das risikogerechte Zinssystem beeinflusst. Eine außerplanmäßige Rückzahlung der Darlehen ist für die Dauer der Sollzinsbindung grundsätzlich nicht zulässig.