„Klimaschutz geht uns alle an, daher muss jeder Sektor seinen individuellen Beitrag leisten. Das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) hat deshalb ein Gutachten (PDF) bei der Universität Hohenheim in Auftrag gegeben, das erstmals konkrete Minderungspotenziale für Treibhausgase durch landwirtschaftliche Maßnahmen entsprechend dem Klima-Maßnahmen-Register (KMR) des Landes aufzeigt. Emissionen in der Landwirtschaft, zum Beispiel aus der Tierhaltung und der Nutzung landwirtschaftlicher Böden, liegen natürliche Prozesse zugrunde. Viele Rahmenbedingungen für den Klimaschutz werden auf Bundesebene und Ebene der Europäischen Union (EU) gesetzt. Das MLR stellt sich seiner Verantwortung und geht das Thema aktiv an. Wir müssen unsere kleinstrukturierte Landwirtschaft mit ihren bäuerlichen Familienbetrieben erhalten und den Grad der Selbstversorgung mit hochwertigen, regionalen Produkten sowie den Erhalt der Kulturlandschaft trotz rückläufiger Tierbestände bewahren. Klar ist, dass wir eine Verlagerung der landwirtschaftlichen Produktion in andere Regionen mit geringeren Standards verhindern müssen, denn sie hilft weder dem Klima noch den Landwirten“, sagte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, anlässlich der Vorstellung des Klimaschutzgutachtes der Universität Hohenheim.
Baden-Württemberg hat eine gute Ausgangsposition
Baden-Württemberg hat im Ländervergleich bereits eine gute Ausgangsposition. Düngemittel werden bereits sehr effizient eingesetzt. Nur 1,9 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche sind mit Nitrat belastetet, das ist im bundesweiten Vergleich die niedrigste Quote.
Der Sektor Landwirtschaft hat einen Anteil von sieben Prozent an den Gesamt-Emissionen in Baden-Württemberg und trägt somit deutlich geringer zum Klimawandel bei als die Sektoren Verkehr (32,4 Prozent), Energiewirtschaft (22,6 Prozent), Gebäude (22,6 Prozent) und Industrie (14,8 Prozent). Die Treibhausgasemissionen im Bereich Landwirtschaft weisen einen langjährig abnehmenden Trend auf. Die aktuellen Zahlen des Statistischen Landesamts zeigen, dass sich der Rückgang auch im letzten Jahr fortgesetzt hat.
Gutachten schafft Transparenz beim Klimaschutz
„Die fachlich fundierte, wissenschaftliche Bewertung durch das Gutachten schafft die notwendige Transparenz beim Klimaschutz. Berücksichtigt werden beispielsweise die Produktion von Diesel, Mineraldünger und Futtermitteln, die im Ausland entstehen. Damit wird ein umfassender Blick über Grenzen der Klimaberichterstattung hinaus ermöglicht“, sagte Prof. Dr. Enno Bahrs von der Universität Hohenheim und Mitautor des Gutachtens.
„Als besonders wirkmächtige Maßnahme wurde die Steigerung von Agri-Photovoltaik identifiziert. Gerade bei Sonderkulturen kann diese Anlageform aufgrund vielfältiger potenziell positiver Synergieeffekte Vorteile auch im Hinblick auf die Anpassung an den Klimawandel bieten. Die Bedeutung der Landwirtschaft für die Energiewende wird hier offenkundig. Diese Treibhausgasminderung wird jedoch in erster Linie im Sektor Energie bilanziert“, betonte Minister Hauk. Zudem müsse aber auch darauf geachtet werden, dass landwirtschaftliche Fläche für die Erzeugung hochwertiger regionaler Lebensmittel erhalten bleibe.
Landwirtschaft ist Teil der Lösung
„Klimaschutz kann nur gemeinsam mit der Landwirtschaft umgesetzt werden, sie ist Teil der Lösung. Denn in der Biomasse und in landwirtschaftlichen Böden wird Kohlenstoff gespeichert. Einer dieser wichtigen Kohlenstoffspeicher ist zum Beispiel das Grünland. Wiederkäuer sind dabei unverzichtbar, wenn es um dessen Erhalt geht. Insgesamt hat die Weidetierhaltung positive Effekte auf den Erhalt der Biodiversität und die Kulturlandschaft sowie den Klimaschutz“, so Minister Hauk.
„Für uns steht die Optimierung von Prozessen im Fokus und nicht der Abbau landwirtschaftlicher Produktion – wie es häufig gefordert wird. Wir schauen uns den Inhalt des Gutachtens sehr genau an und beziehen dabei unsere Expertinnen und Experten bei den landwirtschaftlichen Landesanstalten ein“, gibt Minister Hauk einen Ausblick. „Den eingeschlagenen Weg mit den Landwirtinnen und Landwirten werden wir konsequent weitergehen.“
Gutachten mit vier Themenschwerpunkten
Das Gutachten „Analyse von Klimaschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft auf ihr Potenzial zur Emissionsminderung und ihren Auswirkungen auf die Strukturen der Landwirtschaft in Baden-Württemberg“ hatte das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz bei der Universität Hohenheim in Auftrag gegeben.
Themenschwerpunkte:
- Senkung der Stickstoffüberschüsse durch technische Minderungsmaßnahmen und eine verbesserte Verteilung des organischen Düngers; zum Beispiel: Ansäuerung sowie Aufbereitung von Wirtschaftsdüngern, Erhöhung des Anbaus von Leguminosen und Zwischenfrüchten
- Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen in der Tierhaltung;
zum Beispiel Verlängerung der Nutzungsdauer von Milchkühen - Auswirkungen ausgewählter erneuerbarer Energie auf die Treibhausgasminderung im Energie- und Landwirtschaftssektor;
zum Beispiel Steigerung von Agri-Photovoltaik auf landwirtschaftlichen Flächen, Erhöhung der Güllevergärung und Reduktion der Methanverluste - Nutzung und Verbesserung der Senkenfunktion im Sektor LULUCF (engl. Abkürzung für Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft); zum Beispiel Extensivierung und Wiedervernässung von landwirtschaftlich genutzten Moorböden, Sequenzierungspotential von Agroforstsystemen
Klimaschutzziele des Landes
Der Sektor Landwirtschaft ist gesetzlich verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2030 um 39 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Die Klimaschutzmaßnahmen der Landesregierung werden in einem Klima-Maßnahmen-Register gesammelt und dokumentiert. Das Klima-Maßnahmen-Register ist in Bereiche („Sektoren“) unterteilt, für die es jeweils ein verantwortliches Ministerium gibt. Damit verfolgt das KMR einen dezentralen Ansatz. Im MLR sind die Sektoren Landwirtschaft und LULUCF verortet.