Das Sozialministerium weist Vorwürfe im Zusammenhang mit der Beschaffung von Antigen-Schnelltests entschieden zurück. Das Verfahren sei gründlich, zügig und transparent gewesen.
Das Ministerium für Soziales und Integration weist die von unterschiedlicher Seite, unter anderem der FDP- und SPD-Oppositionsfraktionen im Landtag, erhobenen Vorwürfe im Zusammenhang mit der Beschaffung von Antigen-Schnelltests entschieden zurück und empfiehlt dringend eine differenzierte Betrachtung dieser komplexen Thematik. Das Ministerium nimmt dazu wie folgt Stellung:
Zur Zeitschiene und dem Vorwurf der Verschleppung:
Am 7. Oktober hat der Bund mitgeteilt, dass er nicht in die Beschaffung von Antigenschnelltests einsteigen wird, sondern vielmehr mit verschiedenen Lieferanten Rahmenverträge im Umfang von zehn Millionen Tests pro Monat abgeschlossen hat, innerhalb derer die Akteure selbst beschaffen können. Grundsätzlich soll jeder Akteur (Einrichtungsträger) für sich beschaffen und entsprechend der Testverordnung über die Kassenärztliche Vereinigung (KV) abrechnen.
Am 15. Oktober trat die aktualisierte Testverordnung des Bundes in Kraft, sie sieht erstmals den Einsatz von Antigen-Schnelltests, unter anderem in Einrichtungen mit vulnerablen Personengruppen wie Altenpflegeheime oder Krankenhäuser vor. Gleichzeitig hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Liste „Antigen-Tests zum direkten Erregernachweise des Coronavirus-SARS-CoV-2“ veröffentlicht. Diese Liste basiert im Übrigen ausschließlich auf Herstellerangaben. Unabhängige Test liegen derzeit nicht vor. (Stand 12. November 2020)
Baden-Württemberg hat sich entschieden, eine dringende Notreserve an Schnelltests zu beschaffen. Diese soll nicht zur flächendeckenden Verteilung an die Einrichtungen dienen, sondern als Notreserve für große Ausbrüche oder bei Lieferschwierigkeiten von Anbietern eingesetzt werden. Am 21. Oktober hat das Kabinett eine entsprechende Kabinettsvorlage „Vergabeverfahren zur Beschaffung von Antigentests und weitere personelle Unterstützung der Gesundheitsämter“ im Umlaufverfahren beschlossen. Darin ist vorgesehen, dass das Land 5 Millionen Schnelltests bestellt, die als Notreserve für größere Ausbrüche oder bei Lieferengpässen der Herstellerfirmen zum Einsatz kommen sollen.
Von diesem Zeitpunkt an holte das Sozialministerium bei diversen Lieferanten Angebote für geeignete Schnelltests ein, kümmerte sich um Lagermöglichkeiten, Logistik und so weiter und bereitete – so sieht es das parlamentarische Verfahren ausdrücklich vor – einen entsprechenden „Antrag zur Entnahme aus der Rücklage für Haushaltsrisiken für die Beschaffung von Antigen-Schnelltests“ vor. Dieser wurde vom Finanzausschuss in seiner Sitzung vom 12. November 2020 genehmigt.
Im Übrigen war und ist oberstes Ziel bei der Beschaffung, dass die Angebote und Produkte gewissenhaft geprüft werden – hier geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit, damit das Land am Ende keine qualitativ minderwertigen Tests einkauft. Unmittelbar nach der Genehmigung durch den Finanzausschuss ist das Sozialministerium zügig in das Vergabeverfahren eingestiegen und beschafft die Tests bei den vorab ausgewählten Anbietern. Es wird mit einer Auslieferungsfrist von circa zwei Wochen gerechnet.
Zum Bestellverfahren der Antigen-Schnelltests für Einrichtungsträger:
Der Bund hat seine neue Verordnung zum Anspruch auf Testungen am 14. Oktober veröffentlicht, am 15.Oktober ist sie in Kraft getreten. Seitdem ist der Einsatz von Antigenschnelltests – also in welchem Umfeld und in welchen Settings – flächendeckend möglich. Bund und Länder haben sich auf ein relativ unbürokratisches Verfahren geeinigt, das den Einrichtungen sehr entgegen kommt. Seit Ende Oktober läuft dieses Antragsverfahren in Baden-Württemberg.
Das Verfahren gestaltet sich wie folgt: Einrichtungen wie Krankenhäuser, Pflegeheime und ähnlichen Einrichtungen, müssen sich nach der Testverordnung des Bundes die Bestellung der (vom Bund bezahlten) Antigenschnelltests genehmigen lassen (Paragraph 6 Absatz 3 TestV Bund). Das Land Baden-Württemberg hat dieses Antragsverfahren im Einvernehmen mit den Pflegekassen und Kommunalen Landesverbänden sehr einfach gelöst: Einrichtungen senden ein leicht auszufüllendes Antragsformular an ein spezielles Postfach im Ministerium - auf dieser Grundlage wird schnell und unbürokratisch die Maximalzahl an bestellbaren Tests ermittelt und automatisch eine Genehmigung generiert. Dieses schlanke, unbürokratische Verfahren verhindert, dass die ohnehin stark belasteten Gesundheitsämter sich auch noch um die Abwicklung von Anträgen kümmern müssten.
Zum Vorwurf, das Land habe geschlafen und deshalb gebe es viele Einträge von Infektionen in Alten- und Pflegeeinrichtungen:
Dieser Vorwurf ist nicht richtig! Der Schutz vulnerabler Gruppen hat für das Land oberste Priorität. Dies geht auch aus der erst in der vergangenen Woche aktualisierten Teststrategie des Landes hervor. Vorab: Jede Infektion, jeder Todesfall ist einer zu viel und zutiefst bedauerlich. Jedoch sind die Ausbrüche in Altenheimen im Vergleich zum Frühjahr stark zurückgegangen, sie machen nur noch einen Bruchteil der Infektionszahlen aus dem Frühjahr aus. Ausreichend Schutzausrüstung, Hygiene-Konzepte, regelmäßige PCR-Tests, straffe Besuchsregelungen und weitere Regelungen, haben dazu geführt, dass die meisten Heime das Infektionsgeschehen einigermaßen unter Kontrolle halten können.
Antigen-Schnelltests gehören auch dazu und können auf jeden Fall dabei helfen, sind aber auch kein Allheilmittel, sie stellen nur eine Momentaufnahme des aktuellen Infektionsgeschehens dar. Insgesamt wurden dem Landesgesundheitsamt in den letzten Wochen im Vergleich zum Frühjahr nur ein Bruchteil der Erkrankungshäufungen und Fälle aus Pflegeheimen gemeldet. Im Vergleich zum Frühjahr sind Alten- und Pflegeheime keine Hotspots mehr, sondern haben durch ihre klugen Konzepte dazu beigetragen, die Infektionszahlen zu senken.
Zum Vorwurf, es gebe Lieferschwierigkeiten:
Eine Abfrage bei den großen Einrichtungsträgern hat diesen Vorwurf nicht bestätigt. Im Gegenteil: In der Task Force Langzeitpflege und Eingliederungshilfe – an der neben den Verbänden der Leistungserbringer unter anderem die Kommunalen Landesverbände, Vertreterinnen der Pflegewissenschaft und die Pflegekassen beteiligt sind – wurde erst in der letzten Sitzung am 6. November 2020 explizit abgefragt, ob es bei der Beschaffung der PoC-Antigen-Tests nennenswerte Schwierigkeiten gebe – kein einziger Vertreter berichtete dort von Schwierigkeiten bei der Beschaffung. Eine erneute Abfrage wurde am heutigen Montag, 16. November, gestartet.
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