Das Land fördert die Entwicklung eines Corona-Schnelltests mit sechs Millionen Euro. Mit einem mobilen Gerät soll es innerhalb von 30 bis 40 Minuten sehr verlässliche Analysen über eine Infizierung der getesteten Personen mit dem Corona-Virus ermöglichen.
Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau hat eine Förderung in Höhe von sechs Millionen Euro zur Entwicklung eines Schnelltests zum Vor-Ort-Nachweis des Corona-Virus bewilligt. „Im Kampf gegen Corona dürfen wir keine Zeit verlieren. Dieses innovative Projekt ist ein wichtiger Schritt bei der Eindämmung der Virus-Ausbreitung, denn das neue Testgerät wird die Erkennung von Infizierten maßgeblich beschleunigen und vereinfachen. Mit der Bewilligung der Gelder haben wir nun die Voraussetzungen geschaffen, dass Hahn-Schickard und die Spindiag GmbH mit der Entwicklung sofort loslegen können“, sagte Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut.
Die Ministerin werde die beiden Einrichtungen in Freiburg bereits am kommenden Donnerstag selbst besuchen und sich vor Ort ein Bild von der Entwicklung der Tests machen. Das vom Hahn-Schickard-Institut für Mikroanalysesysteme gemeinsam mit dem aus dem Institut hervorgegangenen Start-up Spindiag GmbH konzipierte Testverfahren soll schon im August dieses Jahres auf den Markt kommen. Mit einem mobilen Gerät soll es innerhalb von 30 bis 40 Minuten sehr verlässliche Analysen über eine Infizierung der getesteten Personen mit dem Corona-Virus ermöglichen.
Schnell hochinnovative Lösungen hervorbringen
„Dieses Projekt ist ein hervorragendes Beispiel für die Innovationstärke Baden-Württembergs. Dank der Kompetenz und Kreativität unserer Unternehmen und Forschungseinrichtungen können wir bei globalen gesellschaftlichen Bedrohungen wie der Corona-Pandemie schnell hochinnovative Lösungen hervorbringen, die eine wichtige Rolle bei der Eindämmung der Krankheit spielen“, sagte die Ministerin.
Gemeinsam mit dem Start-up Spindiag hatte Hahn-Schickard bereits zuvor ein vergleichbares Point-of-Care-Testsystem für den Nachweis antibiotikaresistenter bakterieller Erreger entwickelt. Auf Basis dieser vorliegenden Plattform wollen die Beteiligten nun innerhalb weniger Wochen den Schnelltest entwickeln und zur Anwendungsreife bringen. Das innovative Konzept überzeugt dabei vor allem mit der geringen Testdauer von 30 bis 40 Minuten für zwei parallele Analysen und einem hochsensitiven, zweistufigen „nested PCR-Ansatzes“. Dabei werden zwei Stufen des gängigen Labor-Analysestandards „Polymerase-Kettenreaktion“ (polymerase chain reaction, PCR) in einem Testträger hintereinandergeschaltet. Dieses System ermöglicht Analysen mit einer Genauigkeit von über 95 Prozent.
Die hohe Sensitivität des Tests sorgt außerdem dafür, dass mit sehr wenig „Testmaterial“, wie etwa einem Speichelabstrich auf Wattestäbchen, sichere Testergebnisse erzielt werden können. Das System zeichnet sich vor allem durch die einfache und sichere Testdurchführung aus. Der Tupfer, mit dem der Nasen- oder Rachenabstrich vorgenommen wird, wird direkt in die Kartusche eingeführt. Es ist keine weitere Arbeit mit der Patientenprobe notwendig, sodass das Kontaminations- und Infektionsrisiko für das Personal minimiert wird. Dies macht die Benutzung weit über Kliniken und Arztpraxen hinaus möglich, beispielsweise in Apotheken, erste-Hilfe-Stationen, Betrieben und vielen anderen Vor-Ort-Stellen.
Die von Professor Dr. Roland Zengerle und dem von ihm geleiteten Hahn-Schickard-Institut für Mikroanalysesysteme in Freiburg über einige Jahre entwickelte Mikrofluidik-Struktur erlaubt es nicht nur, schneller und mit höherer Präzision als mit anderen Produkten zu messen, diese Technologie erschließt auch eine zukünftige Multiplexfähigkeit des Systems in Bezug auf weitere Erreger. So können beispielsweise auch mutierte Corona-Viren parallel getestet werden. Als weiterer Vorteil des Verfahrens gilt, dass die Produktion der nur aus zwei Teilen bestehenden Analyseträger deutlich kostengünstiger ist als bei anderen Systemen, die auf Testkartuschen aus mehr Einzelteilen basieren. In Bezug auf die zu erwartenden Kosten ist das System von Hahn-Schickard und Spindiag auch im weltweiten Vergleich nach bisherigen Kenntnissen führend.
Die Hahn-Schickard-Gesellschaft
Die Hahn-Schickard-Gesellschaft für angewandte Forschung ist Träger von Forschungsinstituten an den Standorten Villingen-Schwenningen, Freiburg und Stuttgart. Diese Institute betreiben industrienahe und anwendungsorientierte Forschung, Entwicklung und Fertigung in der Mikrosystemtechnik. Die Gesamtbetreuung und Verantwortung von der Idee bis zur Produktion zählt zu den herausragenden Stärken der Forscher. Das Angebot umfasst auch die Herstellung von Prototypen, Erst- und Kleinserien sowie die Überleitung in die industrielle Produktionstechnologie. Damit sind die Institute gerade für kleine und mittlere Unternehmen ein wertvoller Innovationspartner.
Die Institute der Hahn-Schickard-Gesellschaft sind Mitglieder der Innovationsallianz Baden-Württemberg innbw. Ein wichtiger Teil der Umsätze der Hahn-Schickard-Gesellschaft mit Industrieunternehmen erfolgt im Auftrag von baden-württembergischen Firmen. Sie kooperiert hier vor allem mit kleinen und mittleren Unternehmen. Insgesamt bearbeiteten die mehr als 240 Forscherinnen und Forscher im zurückliegenden Jahr Aufträge von Industrieunternehmen und der öffentlichen Hand in Höhe von rund zwanzig Millionen Euro.
Die Spindiag GmbH entwickelt und produziert automatisierte diagnostische Systeme für das Testen von Patienten auf Krankheitserreger, beispielsweise in Krankenhäusern und für den Vor-Ort-Einsatz in anderen dezentralen Diagnose-Situationen. Die Spindiag GmbH gründete sich 2016 von Hahn-Schickard aus und umfasst aktuell ein Team von 31 Expertinnen und Experten.