Wer als Ausländer nur geduldet ist, aber bereits längere Zeit im Südwesten arbeitet, soll eine bessere Bleibeperspektive bekommen. Künftig können ausreisepflichtige Ausländer in Beschäftigung sogenannte Ermessensduldungen bekommen. Einen entsprechenden Erlass hat Innenminister Thomas Strobl heute unterzeichnet.
„Geflüchtete können einen wichtigen Beitrag zur Sicherung des Fachkräftebedarfs leisten. Daher eröffnen wir auch ausreisepflichtigen Personen, die sich nachhaltig in den Arbeitsmarkt integriert haben, eine Bleibeperspektive. Wir tun das jetzt – und warten nicht erst die geplante bundesgesetzliche Regelung ab“, erklärte Innenminister Thomas Strobl nach zahlreichen intensiven Gesprächen mit Familienbetrieben, Mittelstand und Handwerk.
Im Vorgriff auf eine entsprechende gesetzliche Regelung auf Bundesebene, nach der eine Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Beschäftigungsduldung für gut integrierte Geduldete in Arbeit geschaffen werden soll, hat Minister Thomas Strobl veranlasst, dass durch das Regierungspräsidium Karlsruhe künftig Ermessensduldungen für ausreisepflichtige Ausländer in Beschäftigung erteilt werden können. „Dadurch werden wir weitestgehend vermeiden, dass im Laufe dieses Jahres Ausländer und ihre Familienangehörigen abgeschoben werden, obwohl sie bereits die Voraussetzungen der künftigen Beschäftigungsduldung erfüllen“, so Innenminister Thomas Strobl.
Arbeitgeber leisten großen Beitrag zur Integration
Für eine solche Duldung müssen die Voraussetzungen der Beschäftigungsduldung vorliegen, wie sie im derzeitigen Gesetzentwurf auf Bundesebene niedergelegt sind. Dazu gehört insbesondere, dass die betroffene Person seit mindestens zwölf Monaten geduldet ist, sie seit mindestens 18 Monaten eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausübt und ihr Lebensunterhalt gesichert ist. Darüber hinaus ist für die Erteilung einer Ermessensduldung in diesen Fällen erforderlich, dass in Fällen, bei denen noch keine Identitätsklärung erfolgen konnte, zumindest alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zur Identitätsklärung ergriffen worden sind. Wer bestimmte Straftaten begangen hat, ist freilich ausgenommen: „Für Straftäter gibt es klare K.O.-Kriterien“, so Innenminister Thomas Strobl.
Minister Thomas Strobl erläuterte: „Insgesamt kommen wir einem vielfach geäußerten Wunsch aus der Unternehmerschaft in Baden-Württemberg nach, gut integrierten Ausländern in Arbeit – gerade auch vor dem Hintergrund des nach wie vor sehr angespannten Arbeitsmarktes – Planungssicherheit bis zum Erlass einer bundesweiten Regelung zur Beschäftigungsduldung zu geben. Umgekehrt muss aber auch klar sein: Wer die Voraussetzungen der künftigen Regelung nicht erfüllt und auch kein Bleiberecht im Übrigen für sich geltend machen kann, muss unser Land wieder verlassen. Niemand kann unserer Bevölkerung erklären, dass wir abgelehnte Asylbewerber bei uns behalten, gleichgültig, ob diese eine begründete Bleibeperspektive haben oder nicht. Bleiben kann nur, wer eine Bleibeperspektive hat, sich hier an die Regeln hält, nicht straffällig wird und keinesfalls über seine Identität täuscht. Das ist mein Verständnis von Herz und Härte.“
Pragmatischer Beitrag zur Fachkräftesicherung
Wirtschafts- und Arbeitsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut erklärte mit Blick auf den aktuellen Erlass des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration zu Ermessensduldungen im Vorgriff auf die geplante Beschäftigungsduldung: „Damit erhalten arbeitende, gut integrierte Geduldete heute schon eine längerfristige, verlässliche Bleibeperspektive. Die Vorgriffsregelung schafft für Arbeitgeber, die geduldete Flüchtlinge beschäftigen, Planungssicherheit. Der Erlass hat damit die Interessen unserer Wirtschaft im Blick und stellt einen pragmatischen Beitrag zur Fachkräftesicherung dar.“
Die geplante bundesgesetzliche Regelung zur Beschäftigungsduldung soll am 1. Januar 2020 in Kraft treten, sofern der Bundesgesetzgeber den Plänen der Bundesregierung zustimmt. Mit dieser Neuregelung sollen ausreisepflichtige Flüchtlinge, die durch ihre Erwerbstätigkeit ihren Lebensunterhalt sichern und gut integriert sind, einen sicheren Status erhalten.
Der heute vom Innenministerium Baden-Württemberg bekannt gemachte Erlass nimmt diese gesetzliche Neuregelung vorweg. Damit kommt die Regelung sofort zum Tragen und schafft neben Rechtssicherheit für die betroffenen Menschen auch Planungssicherheit für ihre Arbeitgeber. „Das ist nicht nur ein positives Signal an die Flüchtlinge, die hier in Lohn und Brot stehen und sich nichts zu Schulden haben kommen lassen, sondern auch an die Unternehmen, die sich mit großem Engagement für die Integration dieser Menschen eingesetzt haben und auf ihre Arbeitskraft angewiesen sind“, so die Ministerin weiter.
Das richtige Signal zur richtigen Zeit
Zum Erlass des Innenministeriums sagte Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha: „Mit dem Pakt für Integration mit den Kommunen und über 1.250 Integrationsmanagern im ganzen Land hat Baden-Württemberg bundesweit Maßstäbe gesetzt. Wir haben gezeigt, dass Integration vor Ort gelingt. Es ist gut, dass sich mit dem heute veröffentlichten Erlass auch der Innenminister zu einer klaren Bleibeperspektive für gut integrierte Geflüchtete bekennt."
„Das ist das richtige Signal zur richtigen Zeit. Wir dürfen bei unseren Integrationsbemühungen nicht nachlassen und müssen all jenen Menschen, die gut integriert sind, unsere Sprache lernen, Arbeit haben und sich nichts haben zuschulden kommen lassen, Perspektiven bieten. Davon profitieren nicht nur die integrationswilligen Geflüchteten, sondern auch wir als Gesamtgesellschaft, insbesondere die Wirtschaft, die diese Menschen ausgebildet hat und auf deren Fleiß und Einsatz nicht mehr verzichten möchte. Ich habe immer gefordert, dass bei uns im Land das schwäbische Mantra gelten muss: Wer schafft und sich anstrengt, der braucht auch Perspektiven. Ich hoffe sehr, dass sich jetzt auch die Bundesregierung endlich aufrafft und ein modernes, wirkliches Einwanderungsgesetz vorlegt“, so Lucha weiter.