Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut hat im Rahmen ihrer Sommerreise verschiedene Unternehmen der Automobilwirtschaft und des Maschinen- und Anlagenbaus in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg besucht.
Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut hat ihre Sommerreise fortgesetzt und gemeinsam mit Thomas Bareiß, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium (BMWi), verschiedene Unternehmen der Automobilwirtschaft sowie des Maschinen- und Anlagenbaus in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg besucht. Unter dem Titel „Corona und Transformation: Wie sich die Automobil- und Zuliefererbranche den vielfältigen Herausforderungen stellt“ besuchte die Ministerin die Unternehmen Aicher Präzisionstechnik in Königsheim, die Marquardt Gruppe in Rietheim-Weilheim sowie die CHIRON Precision Factory am Standort Neuhausen ob Eck.
Soforthilfen ersetzen keinen Transformationsprozess
„Viele Unternehmen der Automobil- und Zuliefererindustrie im Land standen angesichts der tiefgreifenden Transformation und dem konjunkturellen Abschwung bereits vor der Corona-Krise vor einer existenzbedrohenden finanziellen Belastung. Enorme Investitionen in die neuen Technologien sind erforderlich, während gleichzeitig die Gewinne sinken. Baden-Württemberg als Autoland Nummer eins in Deutschland ist davon besonders betroffen“, sagte die Ministerin. Die Corona-Pandemie habe die schwierige Situation der Branche weiter verschärft. „Budgets für Zukunftsinvestitionen und die Umstellung des eigenen Produktportfolios auf klimaneutrale, emissionsarme, vernetzte und digitalisierte Fahrzeuge und Produktionsanlagen werden aktuell für Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise benötigt. Unsere Corona-Soforthilfen können hier kurzfristig und wirkungsvoll unterstützen. Sie ersetzen aber nicht einen strategischen Transformationsprozess und eine erfolgreiche Ausrichtung auf neue Produkte und Märkte“, erklärte Hoffmeister-Kraut. „Der vom Bund ins Leben gerufene Transformationsdialog Automobilwirtschaft ist ein starkes Signal an die Branche. Mit unseren Erfahrungen aus dem Strategiedialog Baden-Württemberg bringen wir uns hier selbstverständlich gerne engagiert ein. Es ist richtig und wichtig, dass Bund und Länder hier an einem Strang ziehen.“
Thomas Bareiß, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, sagte: „Die Unternehmen der Automobilindustrie in Baden-Württemberg stellen sich aktiv den Herausforderungen der Zukunft und gestalten diese mit. Für eine erfolgreiche Bewältigung des Strukturwandels müssen die Unternehmen in innovative Technologien investieren, ihre Produktionsprozesse umbauen, zukunftsfähige Geschäftsmodelle entwickeln und neue Wertschöpfungschancen erschließen. Dabei wird die Bundesregierung die Unternehmen gerade in Zeiten der Corona-Pandemie noch stärker unterstützen. Für Zukunftsinvestitionen der Fahrzeughersteller und der Zulieferindustrie wird im Zeitraum 2020 bis 2024 ein Förderprogramm in Höhe von zwei Milliarden Euro aufgelegt.“
Investitionen in Technologien, Verfahren und Anlagen
Dabei gehe es um ein Gesamtkonzept, das kurz- und mittelfristige Maßnahmen kombiniert. Dieses diene der Förderung von Investitionen in neue Technologien, Verfahren und Anlagen. Auch Forschung und Entwicklung für transformationsrelevante Innovationen und neue regionale Innovationscluster vor allem der Zulieferindustrie sollen gefördert werden, so Bareiß. „Wir wollen, dass unsere Schlüsselindustrien weiter Weltspitze bleiben. Deshalb wollen wir vor allem bei E-Mobilität, Brennstoffzelle, Batteriezellen und beim vernetzten und autonomen Fahren ganz vorne mit dabei sein. Das BMWi bereitet aktuell das Förderkonzept vor. Mitte Juni haben wir den ‚Transformationsdialog Automobilindustrie‘ gestartet und werden im September den Austausch mit Akteuren aus den Regionen fortsetzen. Es sollen Vorschläge erarbeitet werden, wie die Bedingungen für Innovationen und Investitionen insbesondere von kleinen und mittelständischen Zulieferern verbessert werden können. Unser Ziel ist die Stärkung der Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit der Automobilindustrie in Deutschland und der Unternehmen in den Regionen“, sagte Bareiß.
Alternative Antriebe, Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und neue Mobilitätsmodelle seien die großen Game-Changer der Gegenwart und das Veränderungstempo enorm, so Hoffmeister-Kraut. „Die entscheidende Frage ist, wie es Deutschland und Europa gelingt, im scharfen Wettbewerb mit China und USA
Internationale Spitzenposition halten
Wertschöpfung und Arbeitsplätze hier vor Ort und natürlich in Baden-Württemberg zu sichern. Mit dem Strategiedialog Automobilwirtschaft haben wir bereits eine Menge erreicht und uns eine gute Ausgangslage erarbeitet. Aber jedem muss klar sein, dass wir erst am Anfang der Transformation stehen, die Voraussetzungen durch die Corona-Pandemie noch schwieriger geworden sind. Wenn wir unsere internationale Spitzenposition halten wollen, müssen wir jetzt richtig Gas geben“, forderte Hoffmeister-Kraut. „Wir müssen gemeinsam alles dafür tun, dass auch die Mobilität der Zukunft ‘Made in Baden-Württemberg‘ ist.“
Die Stationen im Detail
Zunächst besuchte die Delegation das Unternehmen Aicher Präzisionstechnik in Königsheim, ein familiengeführtes, mittelständisches Unternehmen in der dritten Generation mit rund 150 Beschäftigten. Aicher ist Partner und Zulieferer der Automobilindustrie und fertigt Zerspanungsbauteile und Baugruppen (Drehen, Fräsen, Schleifen, Baugruppenmontage). Zum Einstieg in die Thematik startete die Delegation mit einem Impuls zur Lage und den Herausforderungen durch die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, bevor sich die Delegation vor Ort ein Bild von der Produktion machen konnte. Wesentliche Kompetenzen liegen dort heute im Bereich von Hochpräzisionsbauteilen für Verbrennungsmotoren und den konventionellen Antriebsstrang. „Die Firma Aicher zeigt, wie viel Kompetenz in Sachen automobile Wertschöpfungsketten in unserem Mittelstand verortet ist. Es muss uns gelingen, diese hervorragenden Kompetenzen auch für die Zukunft zu sichern. Um unsere mittelständischen Unternehmen auf diesem Weg zu unterstützen, haben wir die Landeslotsenstelle Transformationswissen BW gegründet. Sie steht ab sofort als wichtige Orientierungshilfe für die Unternehmen bei allen Fragen rund um die Transformation zur Verfügung.“
Zweite Station war die Marquardt Gruppe am Stammsitz in Rietheim-Weilheim. Seit der Unternehmensgründung im Jahr 1925 hat sich die Marquardt Gruppe zu einem der global führenden Mechatronik-Experten mit rund 10.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an 20 Standorten weltweit entwickelt. Marquardt verbindet die drei Welten Mechanik, Elektronik und Software zu einer ganzheitlichen Lösung. Führende Unternehmen aus der Automobil-, Elektro- und Elektrowerkzeugindustrie sind Kunden und setzen auf die interaktiven Mechatroniklösungen von Marquardt. „Der Übergang zur Elektromobilität wird bei der Transformation eine entscheidende Rolle spielen. Die Firma Marquard ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie dieser Prozess gelingen kann. Denn die steigende Nachfrage nach den Batteriemanagementsystemen von Marquardt zeigt, dass das Unternehmen bereits heute erfolgreich an der Weiterentwicklung der eigenen Geschäftsmodelle arbeitet“, so Hoffmeister-Kraut.
Dritte und letzte Station der Sommerreise war die CHIRON Precision Factory am Standort Neuhausen ob Eck. Diese ist mit mehr als 30 Millionen Euro die bisher größte Einzelinvestition in fast 100 Jahren Unternehmensgeschichte. Auf einer Nutzfläche von rund 14.000 Quadratmetern bietet der Neubau beste Voraussetzungen für weiteres Wachstum und höhere Maschinenstückzahlen. Hinsichtlich Digitalisierung ist das neue Werk nach dem aktuellen Stand der Technik ausgerüstet mit digitalen Assistenz-Systemen für Montage und Logistik sowie zur Qualitätsprüfung und -sicherung. „Der Wandel vom Verbrennungsmotor hin zum elektrischen Antriebsstrang bedeutet nicht nur einen Wandel im Produkt Fahrzeug selbst, sondern auch in der Produktionstechnik. Wenn wir über die Transformation der Mobilität reden, dürfen wir daher nicht nur auf die Fahrzeughersteller und Zulieferer schauen, sondern müssen auch den Maschinen- und Anlagenbau in den Blick nehmen“, sagte die Ministerin.
„Baden-Württemberg ist wie kaum ein anderes Land darauf angewiesen, dass die Transformation der Automobilwirtschaft gelingt. Denn wir sind aktuell einer der bedeutendsten Industriestandorte in Europa und stehen wirtschaftspolitisch für Innovation und wirtschaftliche Dynamik. Wenn wir diese Spitzenposition in Zukunft erhalten und weiter ausbauen wollen, sind bei der Transformation alle Beteiligten und das volle Engagement gefordert. Nur so können wir auch im harten internationalen Wettbewerb bestehen“, so das Fazit der Wirtschaftsministerin.