In seiner fünften Sitzung beschäftigte sich der Kabinettsausschuss „Entschlossen gegen Hass und Hetze“ intensiv mit der Sicherheitslage und dem Sicherheitsgefühl der LSBTTIQ-Community.
„Niemand darf aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung angefeindet oder angegriffen werden. Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung ist in unserem Grundgesetz fest verankert – und das schützen wir hier in Baden-Württemberg konsequent. Wer Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer geschlechtlichen Vielfalt verbal oder gar körperlich angreift, wer andere für ihre Lebensentwürfe verächtlich macht, verletzt unsere freiheitlich demokratische Grundordnung. Dem stellen wir uns entgegen. Wir ergreifen Maßnahmen, um den Trend steigender Fallzahlen im Keim zu ersticken – das hat der Kabinettsausschuss ‚Entschlossen gegen Hass und Hetze‘ heute beschlossen“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl am 30. April 2024 anlässlich der fünften Sitzung des Kabinettsausschusses „Entschlossen gegen Hass und Hetze“.
Mehr Sicherheit für die LSBTTIQ-Community
In seiner fünften Sitzung beschäftigte sich der Kabinettsauschuss „Entschlossen gegen Hass und Hetze“ intensiv mit der Sicherheitslage und dem Sicherheitsgefühl der LSBTTIQ-Community. Im Ergebnis sieht der Kabinettsausschuss vor, den Fokus beim nächsten Aktionstag zum Themenfeld „Hass und Hetze“ im zweiten Halbjahr 2024 auf die queere Community zu legen. Mit offensiver Öffentlichkeitsarbeit und einer „Streife im Netz“ setzt der Aktionstag dort an, wo sich viele in ihrer vermeintlichen Anonymität sicher fühlen und hemmungslos gegen andere hetzen. Um die Regenbogen-Community weiter zu stärken, wird das Innenministerium am 15. Mai 2024, im Vorfeld des Christopher-Street-Days, einen Erfahrungsaustausch mit den Veranstaltenden durchführen. Weiterhin soll der Austausch verschiedener Interessengemeinschaften, wie der LSBTTIQ-Community, verfestigt und Netzwerktreffen etabliert werden. „Im Juni geht die LSBTTIQ-Community wieder mit Stolz und Selbstbewusstsein für mehr Toleranz und gegen Ausgrenzung auf die Straßen. Es ist dabei auch unsere Aufgabe als Staat und Gesellschaft, diejenigen zu schützen, die ausgegrenzt und diskriminiert werden. Alle Menschen in Baden-Württemberg sollen sicher sein und sich sicher fühlen. Das ist mir ein persönliches Anliegen“, so Innenminister Thomas Strobl.
Hasskriminalität
„Die Fallzahlen der Hasskriminalität in Baden-Württemberg sind im Jahr 2023 mit 1.514 erfassten Delikten auf einem Zehnjahreshoch. Auch bei Taten, die aufgrund der sexuellen Orientierung oder der geschlechtsbezogenen Diversität begangen wurden, ist eine deutliche Erhöhung der Fallzahl feststellbar“, so Innenminister Thomas Strobl. Die deliktischen Schwerpunkte liegen hierbei bei Volksverhetzung und Beleidigungen. Körperliche Übergriffe und unmittelbare Konfrontationen sind weiterhin eher selten. Zum Bereich der Hasskriminalität gehören Straftaten, wenn die ideologische Vorstellung der Täterschaft an die Vorstellung einer angeblichen Ungleichwertigkeit von Menschen anknüpft. Diese kann sich zum Beispiel auf Vorurteile in Bezug auf Nationalität, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, Geschlecht oder die sexuelle Orientierung beziehen.
„Der Anstieg der Fallzahlen bedeutet auch, dass unsere Bemühungen Früchte tragen und mehr Hilfe in Anspruch genommen wird. Jede Anzeige, die eine Straftat ans Tageslicht bringt, kann wichtige Erkenntnisse für unsere Polizei liefern. Deshalb bleiben wir in einem engen Austausch mit der Community“, führte Innenminister Thomas Strobl weiter aus. Seit Mai 2023 fördert das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration deshalb erstmals eine „Koordinationsstelle zur Informationsvermittlung und Opferberatung im Kontext von Gewalt und sexualisierter Gewalt an Menschen der LSBTTIQ-Community“. Die Expertinnen und Experten beraten Menschen, die von Gewalt betroffen sind und bieten Beratungs- und Unterstützungsangebote für Organisationen sowie Fortbildungen im Kontext geschlechtlicher Vielfalt an. „Wir sind sehr froh, dass wir mit den beteiligten Organisationen eine hohe Expertise auf diesem Gebiet in Baden-Württemberg haben und somit ein spezialisiertes Beratungsangebot schaffen konnten – das unterstützen wir sehr gerne. Die neue Koordinationsstelle ergänzt die vorhandenen Beratungsstrukturen im Gewaltschutz für Menschen mit vielfältigen Geschlechtsidentitäten und ihre besonderen Schutzbedürfnisse“, erläuterte Staatssekretärin Dr. Ute Leidig.
Runder Tisch „Schule queer gedacht“
Das Kultusministerium hat 2023 den Runden Tisch „Schule queer gedacht“ eingerichtet. Hier fließt die Perspektive und Expertise der beteiligten Einrichtungen und Interessenvertretungen in die Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen ein. Derzeit erarbeiten die Beteiligten beispielsweise gemeinsam einen Katalog mit FAQ, der Lehrkräften und Schulleitungen eine verlässliche Erstorientierung im Themenbereich LSBTTIQ bietet. Zudem entwickelt das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) eine Fortbildungsreihe, die Lehrkräfte im Umgang mit „schwierigen Situationen“ (zum Beispiel queerfeindliche Äußerungen und Handlungen) stärkt.
„Baden-Württemberg ist bunt und vielfältig“, betonte die Staatssekretärin im Kultusministerium, Sandra Boser. „Jedoch erleben queere Jugendliche und queere Lehrkräfte nach wie vor Diskriminierung und Ausgrenzung. Das ist inakzeptabel – wir müssen gemeinsam daran arbeiten, eine Gesellschaft zu schaffen, in der sie sich alle sicher und respektiert fühlen. Daher haben wir mehrere Maßnahmen ergriffen, um Schulen zu einem sicheren Raum für alle zu machen, beispielsweise die Ausweitung der Meldepflicht“, so Boser weiter.
Auf Empfehlung des Runden Tisches hat das Kultusministerium im März die seit 2018 bestehende Meldepflicht ausgeweitet. Schulen müssen jetzt nicht nur antisemitische und andere religiös oder ethnisch begründete diskriminierende Vorkommnisse melden, sondern auch diskriminierende Vorfälle, die auf die geschlechtliche oder sexuelle Identität zurückzuführen sind.
Weitere Experten bei spezifischen Themen
Im Kabinettsausschuss sind neben dem Innenministerium auch das Staats-, das Kultus-, das Sozial-, und das Justizministerium vertreten. Neben dem bereits zu allen Sitzungen eingeladenen Beauftragten der Landesregierung gegen Antisemitismus können zu spezifischen Themen Vertretungen der Religionsgemeinschaften oder weitere Personen mit besonderer Expertise eingeladen und ihre Fachmeinung eingeholt werden.
Die anfallenden Aufgaben werden durch die Geschäftsstelle innerhalb des Innenministeriums koordiniert. Darüber hinaus wurde eine Task Force gegen Hass und Hetze eingesetzt, die dem Kabinettsausschuss zuarbeitet. Die Task Force hat die Aufgabe, einschlägige Bedrohungen im Bereich Hass und Hetze festzustellen und diesen entgegenzuwirken. Ihre Geschäftsstelle ist beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg angesiedelt.