Der Bundesrat hat das sogenannte „Notvertretungsrecht“ für Ehegatten beschlossen, für das sich Baden-Württemberg viele Jahre lang intensiv eingesetzt hat. Damit kann ein Ehegatte unter bestimmten Bedingungen für den anderen Ehegatten Entscheidungen der Gesundheitssorge treffen, wenn dieser infolge von Krankheit oder Unfall handlungs- oder entscheidungsunfähig ist.
Der Bundesrat hat das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts beschlossen und damit den Weg frei gemacht für das lang geforderte „Notvertretungsrecht“ unter Ehegatten, für das sich Baden-Württemberg über viele Jahre hinweg intensiv eingesetzt hatte. Wird ein Ehegatte infolge von Krankheit oder Unfall handlungs- oder entscheidungsunfähig, kann künftig der andere Ehegatte unter bestimmten Bedingungen für ihn Entscheidungen der Gesundheitssorge treffen. Justizminister Guido Wolf sagte: „Nach bisher geltendem Recht können Ehegatten für ihren nicht mehr selbst handlungsfähigen Partner ohne entsprechende Vollmacht keine Entscheidungen der Gesundheitssorge treffen, auch wenn die Lage noch so akut ist. Das überrascht viele und bringt immer wieder große Probleme mit sich: Die große Mehrheit der Bevölkerung geht seit jeher ganz selbstverständlich davon aus, dass im Notfall medizinische Entscheidungen für einen Ehepartner getroffen werden können. Das war bislang aber nicht der Fall. Mit der Gesetzesreform wird nun umgesetzt, was die Menschen zwar irrtümlich, aber ganz natürlich als selbstverständlich ansehen.“
Gegenseitige Vertretung in Angelegenheiten der Gesundheitssorge
Der künftige Paragraph 1358 Bürgerliches Gesetzbuch sieht eine gegenseitige Vertretung von Ehegatten oder Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitssorge vor. Wenn ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich nicht mehr besorgen kann, ist der vertretende Ehegatte beispielsweise berechtigt, in Untersuchungen, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einzuwilligen oder sie zu untersagen sowie ärztliche Aufklärung entgegenzunehmen. Bestandteil der Neuregelung sind zudem umfassende Schutzmechanismen, die einem Missbrauch effektiv entgegenwirken. So ist eine Ehegattenvertretung zum Beispiel dann ausgeschlossen, wenn der Ehegatte oder Lebenspartner zuvor einen entgegenstehenden Willen geäußert oder in einer Vorsorgevollmacht ausdrücklich eine andere Person bevollmächtigt hat. Auch wenn die Ehegatten getrennt leben, besteht die gesetzliche Vertretungsberechtigung nicht. Darüber hinaus ist durch eine Befristung des Ehegattenvertretungsrechts auf sechs Monate die Rechtsnatur als Notvertretungsrecht gewährleistet.
Justizminister Wolf sagte dazu: „Für das Notvertretungsrecht für Ehegatten haben wir uns aus Baden-Württemberg über viele Jahre intensiv eingesetzt. Ich freue mich, dass es nun gelungen ist, in diesem hochsensiblen Bereich die bürokratischen Voraussetzungen abzubauen. Mit der Sechs-Monats-Frist sieht das Gesetz nun auch einen ausreichend langen Vertretungszeitraum vor. In Zukunft wird es möglich sein, dem Ehegatten beizustehen und schnell die notwendigen Hilfen in die Wege zu leiten, ohne sogleich den Weg über ein gerichtliches Betreuungsverfahren gehen zu müssen - auch dann, wenn zuvor keine Vorsorgevollmacht ausgestellt wurde.“ Der Gesetzentwurf passierte am 5. März 2021 den Bundestag. Voraussichtlich zum 1. Januar 2023 wird das Gesetz in Kraft treten.