Die in Paris vereinbarten Klimaschutzziele erfordern umfangreiche gesellschaftliche Veränderungen. Hierzu zählt auch die Umstellung der Wirtschaftsweise, weg vom Einsatz fossiler Ressourcen, hin zu nachwachsenden Alternativen. Nachhaltiges Wirtschaften, in allen Lebensbereichen, so lässt sich Bioökonomie einfach beschreiben. Baden-Württemberg plant eine Landesstrategie zu diesem Zukunftsthema. Erstmals lud Minister Hauk Experten aus dem Land, aus Bayern und der Schweiz zum branchenübergreifenden Austausch ein – mit zukunftweisenden Ansätzen.
„Gerade für den Ländlichen Raum bietet die Bioökonomie eine Chance durch die Schaffung regionaler, biobasierter Wirtschaftskreisläufe die Einkommensstrukturen zu diversifizieren und damit krisenfester zu machen. Marktfähige biobasierte Produkte existieren bereits: Plastiktüten oder PET-Flaschen biologisch abbaubar aus Holz, Smartphone-Displays aus Zucker, Fahrradschläuche aus Löwenzahn, Enzyme aus Algen – alles erneuerbare und oft klimaneutrale Alternativen zu Produkten aus fossilen Rohstoffen. Baden-Württemberg hat hier als Land der Tüftler und Denker die Chance, durch weitere Innovationen seine Vorreiterposition auszubauen. „Damit sich diese Zukunftsmärkte entwickeln können, muss den Menschen aber erklärt werden, was sich hinter der Bioökonomie verbirgt, welche Beiträge eine biobasierte Wirtschaftsweise zum Klimaschutz leisten kann und welchen Nutzen letztendlich jeder Einzelne davon hat“, sagte der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk MdL, im Nachgang zum Experten-Hearing im Schloss Hohenheim.
Der Klimawandel ist eine Herausforderung für die es Lösungsansätze gibt
Den sich abzeichnenden Auswirkungen des Klimawandels rechtzeitig und richtig zu begegnen sowie eine wachsende Weltbevölkerung ausreichend und gesund zu ernähren, waren zwei Aspekte, die im Mittelpunkt dieser hochkarätig besetzten Konferenz standen.
„Wir stehen vor großen Herausforderungen. Die Bioökonomie bietet uns die Chance, einen wichtigen Beitrag zur Lösung dieser Aufgaben zu leisten und gleichzeitig die internationale Wettbewerbsfähigkeit Baden-Württembergs als Wirtschaftsstandort zu stärken“, erklärte der Minister.
Hierzu wird in Baden-Württemberg bereits eine exzellente und international anerkannte Forschungs- und Entwicklungsarbeit geleistet. „Denn erst durch neue Erkenntnisse aus Forschung und Entwicklung werden wir in der Lage sein, unsere Wirtschaftsweise nachhaltiger zu gestalten und gleichzeitig im globalen Wettbewerb zu bestehen“, so der Minister weiter. Ideen und Innovationen alleine bewirkten jedoch noch keine automatische Umgestaltung unserer Lebensweise. Hierfür ist es unabdingbar, dass ein zielgerichteter Wissenstransfer und eine enge Kooperation zwischen Politik, Wissenschaft und Industrie, begleitet von einem intensiven gesellschaftlichen Dialog stattfinden.
Landesstrategie soll die richtigen Schwerpunkte setzen
Die Landesregierung hat diese Aufgabe erkannt und im Koalitionsvertrag 2016 die Vereinbarung getroffen: Die vorhandenen und geplanten Aktivitäten in einer Landesstrategie ‚Nachhaltige Bioökonomie‘ zu bündeln und zu koordinieren.
„Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz wird hierzu im Rahmen des Kabinettsausschuss Ländlicher Raum einen wesentlichen Beitrag leisten, denn die Herstellung, Aufbereitung, Verarbeitung und stoffliche Nutzung nachwachsender, biogener Rohstoffe sind seit jeher fest in der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft verankert. Mit der Landesstrategie ‚nachhaltige Bioökonomie‘ wollen wir die Aktivitäten zusammenführen und Prioritäten für eine Bioökonomie-Politik in Baden-Württemberg, die auch internationale Verantwortung wahrnimmt, setzen“, so Hauk.
Schluss mit der Diskussion Tank oder Teller
Dabei würden die verschiedenen Bereiche und Akteure mit dem Ziel einer einheitlichen und stringenten Politik zusammengebracht. Betroffen sind die Industrie- und Energiepolitik, die Agrarpolitik aber auch die Klima- und Umweltpolitik sowie die Forschungs- und Entwicklungspolitik. Als Ergebnis sollen die Erschließung von Wachstumsmärkten und die Unterstützung von innovativen Technologien und Produkten stehen. Die Entwicklung neuer sektorenübergreifender Wertschöpfungsnetze und transparenter Nachhaltigkeitsstandards spielten dabei eine wesentliche Rolle. Gleichzeitig solle ein Beitrag zur Entschärfung von Nutzungskonkurrenzen, etwa zwischen der Erzeugung von Nahrungsmitteln und nachwachsenden Rohstoffen geleistet werden. Entscheidend sei, dass es gelinge, den Strukturwandel weg von fossilen Rohstoffen hin zu mehr nachwachsenden Ressourcen zu schaffen. Und dies im Einklang mit der Sicherung der Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung, dem Klimaschutz und der Erhaltung der Artenvielfalt. „Die Ernährung und die Produktion von Lebensmitteln muss dabei immer Vorrang vor einer stofflichen Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen haben – dieser Grundsatz gilt auch in Baden-Württemberg“, erklärte der Minister. Bei dieser Kernaussage waren sich alle Experten im Rahmen der Diskussion einig.
Zielsetzung der Tagung war, für Baden-Württemberg erste relevante Entwicklungsfelder und Zielsetzungen herauszuarbeiten. Was passt zu Baden-Württemberg? Wo liegen unsere Stärken? Das waren zentrale Fragen der Diskussion. Der Fokus der Diskussion wurde bewusst auf die Chancen und Perspektiven für den Ländlichen Raum und die dort ansässigen bäuerlichen Betriebe und Gewerbetreibenden gelenkt. „Denn der Ländliche Raum ist das starke Rückgrat unseres Landes. Es gilt, die hier verankerten Werte zu wahren und zukunftsfähig weiter zu entwickeln“, betonte Hauk.
Bioökonomie, der Schlüssel für zukunftsfähiges Wirtschaften
„Der Ländliche Raum Baden-Württembergs steht gut da und wir haben bereits die Weichen gestellt, dass dies auch zukünftig so bleibt. Die Bioökonomie ist angesichts der Endlichkeit fossiler Ressourcen weltweit der Schlüssel für eine zukunftsfähige Wirtschaftsweise und wird ein weiterer Strategiebaustein sein, dafür mache ich mich auch persönlich gerne stark“, erklärte Peter Hauk.
Im Rahmen des Kabinettsauschusses solle es nun Arbeitsgruppen geben, die entlang der Anregungen aus der Diskussion die Potenziale für Baden-Württemberg weiter definieren und Ideen für die Umsetzung ausarbeiten sollen.
Bioökonomie
Bioökonomie ist nach Definition des Bioökonomierates der Bundesregierung die wissensbasierte Erzeugung und Nutzung biologischer Ressourcen zur Herstellung von Produkten, Verfahren und Dienstleistungen in allen wirtschaftlichen Sektoren. Sie orientiert sich an natürlichen Stoffkreisläufen und umfasst Pflanzen, Tiere und auch Mikroorganismen. Auf dieser Basis stellt sie ein sich selbst erneuerndes Kreislaufsystem dar, das mit Sonnenenergie, als externem Beitrag, im Wesentlichen auskommt.
Die Bioökonomie verfolgt das langfristige Ziel eines Strukturwandels, weg von einer fossil-basierten, hin zu einer mehr auf Biomasse basierenden, energie- und rohstoffeffizienten Wirtschaft. Ihr kommt also bei der Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen zum Aufbau neuer Wertschöpfungsketten und Stoffströme, eine entscheidende Bedeutung zu.
Dabei ist es mit Hilfe von Spitzentechnologien bereits heute möglich, vielfältige Produkte herzustellen, die nicht nur ohne Erdöl auskommen, sondern sogar oftmals bessere Produkteigenschaften haben. Sie überzeugen durch ihren hohen Gebrauchswert sowie durch ihre Umwelt- und Gesundheitsfreundlichkeit.