Bei den Feierlichkeiten zum Gedenken des 75. Jahrestags der Hinrichtung von Staatspräsident Dr. Eugen Bolz hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann dessen unerschrockenen Einsatz für Rechtsstaat, Freiheit und Menschenwürde gewürdigt.
„Heute vor 75 Jahren wurde Eugen Bolz durch die Nationalsozialisten hingerichtet. Jede Erinnerung an ihn sollte ausgelöscht werden. Und heute kommen wir zusammen, um genau dies nicht zuzulassen. Stattdessen gedenken wir eines aufrechten Menschen und überzeugten Parlamentariers, der sich in seinem Handeln von Vernunft, Moral und seinem Gewissen leiten ließ“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann anlässlich der Gedenkfeierlichkeiten.
Unerschrockener Einsatz für Rechtsstaat, Freiheit und Menschenwürde
Bolz sei zu Verständigung und Kompromissen bereit, aber um klare Worte nie verlegen gewesen, so Kretschmann in seiner Ansprache. „Eugen Bolz hat sich als Zentrumspolitiker und als württembergischer Justiz- und Innenminister mit den Feinden der Republik angelegt. Er hat uns gezeigt, was es heißt, unerschrocken für Freiheit, Menschenwürde und Recht einzustehen.“ Für den gläubigen Christen Bolz sei der Freiheitsgedanke in seinem Wirken stets zentral gewesen. „Persönliche Freiheit, aber auch Freiheit in Gesellschaft und Politik war für Eugen Bolz ein hohes Gut. Er war ein Verfechter der Grundrechte, der Verfassungsordnung und des Rechtsstaates“, betonte Ministerpräsident Kretschmann.
Auch wenn die heutige Zeit nicht mit den späten Jahren der Weimarer Republik vergleichbar sei, so bleibe Eugen Bolz weiterhin ein Vorbild. „Denn auch heute wird unsere Demokratie von innen und außen angegriffen. Deshalb braucht es wieder Menschen, die für unsere Grundrechte einstehen. Menschen, die sich leidenschaftlich für unsere Ordnung einsetzen und sie gegen die neuen Feinde der offenen Gesellschaft verteidigen – selbst wenn sie dadurch Hass und Anfeindungen ausgesetzt werden“, so Kretschmann.
In seiner in der Domkirche St. Eberhard gehaltenen Predigt erinnerte Stadtdekan Msgr. Dr. Christian Hermes an den Staatsmann und Widerstandkämpfer Bolz: „Viele haben sich in den vergangenen Jahrzehnten gefragt, wie 1933 möglich war und, mit Blick auf Eugen Bolz, wie ein geachteter und erfahrener Politiker in kurzer Zeit zum Objekt von Hass und Spott werden konnte, wie sich viele willig den neuen Machthabern anschlossen und andere verängstigt verstummten.“ Inzwischen sei die Gesellschaft dafür sensibilisiert, wie Hassparolen und Hetze, auch erleichtert durch neue soziale Medien, den Ton verändern könnten und mutige Menschen angefeindet oder sogar angegriffen würden und manche verunsichert schwiegen. „Weltweit und hierzulande erleben wir, wie Zynismus, Manipulation, Populismus und Verrohung in sozialen Medien, aber auch im Handeln politischer Verantwortungsträger und radikaler Parteien zunehmen.“
Gedenken soll Mut machen, Hass zu widersprechen und für Humanität und Demokratie einzutreten
Das Gedenken an Eugen Bolz lebendig zu halten sei daher für Kirche und Staat gleichermaßen wichtig, so Stadtdekan Hermes weiter: „Für die Kirche, weil Glaube nichts mit frommer Entweltlichung zu tun hat, sondern damit, aus dem Geist des Evangeliums Verantwortung zu übernehmen; für die Bürgergemeinschaft und den Staat, weil mehr denn je deutlich ist, dass Gesellschaft und Politik Werteorientierung brauchen, ob in Fragen der Gerechtigkeit, eines friedlichen Zusammenlebens oder der Bewahrung der Schöpfung.“ Das Gedenken an Eugen Bolz solle Mut machen, zu widersprechen und Farbe zu bekennen für Demokratie und Menschenrechte, Humanität und christliche Verantwortung, so Stadtdekan Dr. Hermes.
Nach dem Gedenkgottesdienst in der Domkirche St. Eberhard legten Ministerpräsident Kretschmann und Stadtdekan Dr. Hermes einen Kranz am Denkmal für Eugen Bolz nieder.