Hochwasser

25-jähriges Bestehen der Hochwasservorhersagezentrale

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Feuerwehrmann beim Hochwassereinsatz (Foto: © dpa)

Umweltminister Franz Untersteller würdigte die Hochwasservorhersagezentrale Baden-Württemberg bei seinem Besuch als einen unverzichtbaren Bestandteil der Hochwasserstrategie des Landes und als eine über die Landesgrenzen hinaus bekannte Institution.

„Die Hochwasservorhersagezentrale liefert seit einem Vierteljahrhundert zuverlässige Vorhersagen und Hochwasserinformationen. Sie trägt damit maßgeblich dazu bei, dass im Fall eines Hochwassers Leib und Leben der Bevölkerung geschützt und Schäden in Millionenhöhe vermieden werden können“, sagte Untersteller. 

Untersteller informierte sich anlässlich des 25-jährigen Jubiläums in der Hochwasservorhersagezentrale (HVZ) der LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg in Karlsruhe. Im Mittelpunkt der Gespräche stand die Weiterentwicklung der heute vorhandenen Vorhersageinstrumente vor allem im Hinblick auf die künftigen Herausforderungen durch verstärkt auftretenden lokalen Starkregen.

63 Hochwassereinsätze in 25 Jahren

Die HVZ der LUBW ist im Hochwasserfall die zentrale Anlaufstelle in Baden-Württemberg. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewältigten in dieser Zeit 63 Einsätze, das sind durchschnittlich zwei bis drei Einsätze pro Jahr. Kommunen, Betriebe, Bürgerinnen und Bürger richten ihre Alarm- und Einsatzpläne und ihre Vorsorgemaßnahmen nach den Vorhersagen der HVZ aus. Die HVZ berät Krisenstäbe und Einsatzkräfte und erteilt Bürger- und Medienauskünfte.

„Die Hochwasservorhersagezentrale kann die Naturkatastrophe ‚Hochwasser‘ nicht verhindern. Aber wir können helfen, die Schäden so gering wie möglich zu halten“, mit diesen Worten fasst Burkhard Schneider, stellvertretender Präsident und Leiter der Abteilung Wasser der LUBW, die wichtige Aufgabe der HVZ in den letzten 25 Jahren zusammen.

Schneider nutzte den Anlass, um seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern offiziell für ihr kontinuierliches Engagement in den letzten 25 Jahren zu danken – sowohl während der Hochwassereinsätze als auch für die technische Weiterentwicklung des Messnetzes und der informationstechnischen Infrastruktur.

Hochwasser 2013: tagelange großflächige Regenfälle

Im Jahr 2013 kam es zu tagelangen großflächigen Regenfällen in Europa, die in sieben Ländern zu schweren Überflutungen führten. Umweltminister Untersteller erinnerte daran, dass als Konsequenz aus dem Hochwasserereignis 2013 die technische Ausstattung der HVZ bezüglich Redundanz und Ausfallsicherheit nochmals erheblich verbessert wurde. Weiterhin hat das Land Baden-Württemberg wesentliche finanzielle Mittel bereit gestellt, um das landesweite Pegelmessnetz zu verbessern, auch im Hinblick auf die ökologische Durchgängigkeit der Pegel. Die kontinuierliche und ausfallsichere Messung der Pegelstände ist nicht nur bei Hochwasser unverzichtbar, sondern auch für die Klimaforschung eine wesentliche Grundlage.

Herausforderung lokale Starkniederschläge

Dieses Jahr gab es im Vergleich zum Hochwasserereignis 2013 eine andere meteorologische Situation und auf die sich Baden-Württemberg künftig ebenfalls häufiger einstellen muss: Gewitter mit lokalen Starkregen und Hagel. Diese haben Ende Mai und Anfang Juni zu lokalen Überflutungen und Erdrutschen auch in Baden-Württemberg geführt. Die Auswirkungen waren teilweise katastrophal. Insbesondere kleinere Gewässer waren hiervon betroffen. Die Schwerpunkte der Gewitteraktivität variierten von Tag zu Tag. „Solche Ereignisse sind schwer beziehungsweise gar nicht vorhersehbar und erlauben nur eine geringe Reaktionszeit. Leider müssen wir davon ausgehen, dass im Zuge des Klimawandels diese Starkregen in Zukunft häufiger auftreten werden“, so Umweltminister Untersteller.

Die Verlässlichkeit einer Hochwasservorhersage hängt jedoch ganz wesentlich von der Güte der Niederschlags­vorhersagen ab. Dies ist eine Aufgabe des Deutschen Wetterdienstes DWD. Gerade nach den Starkregenereignissen in diesem Jahr fordert der Umweltminister: „Wir brauchen in Zukunft schnellere und kleinräumigere Prognosen des Deutschen Wetterdienstes. Deshalb habe ich mich auf Bundesebene stark dafür eingesetzt, dass der DWD die Vorhersagen von lokalen Extremniederschlägen sowie die Warnung der Bevölkerung weiterentwickelt.“

Basierend auf diesen verbesserten meteorologischen Vorhersagen soll dann auch das Hochwasserfrühwarnsystem der HVZ weiter verfeinert werden. Die Aktualisierungsrate der regionsbezogenen Hochwasserfrühwarnung soll beispielsweise künftig von drei Stunden auf eine Stunde reduziert werden. Weiterhin wird rund um die Uhr auf den Informationswegen der HVZ eine 15-minütliche Datenaktualisierung für gemessene Pegelstände angestrebt.

450 Millionen Mess- und Modellwerte pro Tag

Heute ruft die HVZ im Routinebetrieb bereits mindestens viermal täglich die Abfluss- und Wasserstandswerte an rund 300 Pegeln ab. Diese Messdaten werden mit Daten zur Meteorologie zusammengeführt. Die darauf aufbauenden Wasserstandsvorhersagen der HVZ basieren auf einem umfangreichen Datenfluss von Mess- und Vorhersagedaten, der derzeit rund 450 Millionen Mess- und Modellwerte pro Tag umfasst und automatisiert 24 Stunden pro Tag, sieben Tage pro Woche erfolgt.

„Im Hochwasserfall werden die Wasserstandsvorhersagen stündlich neu berechnet und veröffentlicht. Auf der Grundlage dieser fundierten Informationen und Warnungen können im Hochwasserfall rechtzeitig Maßnahmen ergriffen werden, die bei jedem Hochwasser zu einer Vermeidung oder Verminderung von Schäden in Millionenhöhe führen“, erläutert Schneider.

Die zahlreichen Daten und Prognosen werden grafisch aufbereitet und auf verschiedenen Informationswegen wie Internet, mobilen Webseiten, Videotext, Rundfunk, automatischer Telefonansage und der App „Meine Pegel“ veröffentlicht.

Schlaglichter auf 25 Jahre Hochwasservorhersagezentrale (HVZ)

Auslöser für die Errichtung der Hochwasservorhersagezentrale war das Jahrhunderthochwasser im Februar 1990. Starke Regenfälle führten in Baden-Württemberg zu schnellen und großräumigen Überflutungen entlang der Donau und am Neckar. Das Hochwasser kam für viele überraschend. Es gab kaum Vornwarnzeit für Anwohner und Behörden. Die Unteranrainer hatten keinen zentralen Ansprechpartner, der ihnen mitteilen konnte, mit welchen Wasserständen sie, zu welchem Zeitpunkt zu rechnen hatten.

Die katastrophalen Verhältnisse in zahlreichen Orten veranlassten das baden-württembergische Kabinett, eine zentrale Stelle zu schaffen, bei der alle relevanten Informationen im Hochwasserfall zeitnah zusammenlaufen und bewertet werden sollen. Zunächst wurden die Informationen für rund 30 Pegel, die bereits Anfang der 1990er Jahre über eine entsprechende technische Ausstattung verfügten, in das Datennetz der HVZ integriert. Im Laufe der kommenden Jahre wurden nach und nach weitere Pegel mit einer entsprechenden Abrufmöglichkeit ausgerüstet und in den Daten­umfang der HVZ aufgenommen. Im Dezember 1991 wurde die HVZ offiziell eröffnet. Wenige Tage später, am 22. Dezember 1991, hieß es dann bereits entlang des Neckars großflächig: „Land unter“. Die HVZ hatte ihren ersten Einsatz.

1991 verfügte die HVZ über Pegeldaten aus dem Oberrhein- und Neckargebiet. Später folgten dann die übrigen Flüsse des Landes wie Donau, Hochrhein und Tauber. Für den Bodensee konnten hingegen lange keine Wasserstands­vorher­sagen erstellt werden, da es damals noch keine Zufluss­vorhersage für dessen alpines Einzugsgebiet gab.

Das Hochwasser im Frühsommer 1999 verdeutlicht jedoch eindringlich den Bedarf, auch für den Bodensee Vorhersagen zu erstellen. Nach mehrtägigen starken und großflächigen Regenfällen hatten wir in Baden-Württemberg Hochwasser im Oberrhein sowie im Bodensee. Allein in Baden-Württemberg verursachte das Bodenseehochwasser geschätzte Schäden in Höhe von rund 40 Millionen Euro.

Die Bodensee-Anrainerstaaten Baden-Württemberg, Schweiz und Österreich bauten daraufhin für die Seezuflüsse in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich Vorhersagemodelle auf, auf dessen Grundlagen die HVZ in Kooperation mit den Nachbarstaaten seit dem Jahr 2004 genauso präzise Hochwasser am Bodensee vorhersagen kann, wie bereits an Rhein, Neckar, Donau und Main.

Im Jahr 2007 folgte die Inbetriebnahme eines zu diesem Zeitpunkt bundesweit innovativen Hochwasserfrühwarnsystems für kleine Einzugsgebiete unter 200 km². Auf der Basis dieser Daten werden heute nicht nur Hochwasser­vorhersagemodelle berechnet, sondern auch für rund 100 Pegel Vorhersagen für Mittel- und Niedrigwasser in Baden-Württemberg.

Seit 2014 berechnet und veröffentlicht die HVZ zusätzlich die Bandbreite der erwarteten Wasserstandsentwicklung. Diese basieren auf Wetter­vorher­sagen verschiedener Wetterdienste.

Für die Herausforderung von großflächigen Niederschlägen wurde in den vergangenen 25 Jahren ein gut funktionierendes Mess- und Frühwarnsystem in Baden-Württemberg etabliert. Bei den lokal begrenzten und extremen Starkniederschlägen, die in diesem Jahr sehr häufig auftraten, ist eine räumliche und zeitlich präzise Vorhersage bisher nicht zufriedenstellend möglich.

Quelle:

Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW)

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