Die Konstanzer Wissenschaftler Marcel Leist und Thomas Hartung haben den Ursula M. Händel-Tierschutzpreis der Deutschen Forschungsgemeinschaft für ihr Lebenswerk auf dem Gebiet der versuchstierfreien Forschung erhalten.
Die Professoren Marcel Leist und Thomas Hartung von der Universität Konstanz erhalten den Ursula M. Händel-Tierschutzpreis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für ihr Lebenswerk auf dem Gebiet der versuchstierfreien Forschung. Mit der Ehrung werde ihr langjähriges Engagement und herausragende Leistung gewürdigt, den Tierschutz in der biomedizinischen Forschung zu verbessern, sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer. Der mit 80.000 Euro dotierte Preis wurde am 1. Oktober im Rahmen einer Veranstaltung am 3R-Zentrum der Universität Gießen verliehen.
Forschung zu Alternativmethoden von Tierversuchen
Marcel Leist ist Professor für In-Vitro-Toxikologie und Biomedizin an der Universität Konstanz, Thomas Hartung Professor an der Johns Hopkins University in Baltimore (USA) und in Konstanz Honorarprofessor für Environmental Health Sciences. „Ich gratuliere den Professoren ganz herzlich für ihre herausragende Leistung und ihr Engagement im Bereich Alternativmethoden von Tierversuchen, das verdientermaßen gewürdigt wird“, sagte Theresia Bauer. Die Wissenschaftsministerin betonte: „Baden-Württemberg trägt als wichtiger Standort der biomedizinischen Forschung eine besondere Verantwortung für den Tierschutz bei Versuchstieren. Dass der wichtigste wissenschaftliche Tierschutzpreis Deutschlands nun bereits zum sechsten Mal nach Baden-Württemberg und zum zweiten Mal nach Konstanz geht, zeigt, dass diese Verantwortung ernst genommen wird.“
Ausgezeichnet werden Prof. Leist und Prof. Hartung für ihr langjähriges Engagement in der Entwicklung und Anwendung von alternativen Testmethoden in der Toxikologie. Beispiele für von den beiden entwickelte Verfahren sind das READacross-Verfahren, das Vorhersagen über die Giftigkeit bisher nicht erforschter Stoffe ermöglicht, oder der RASAR-Ansatz, mit dem unter Einsatz von Methoden der künstlichen Intelligenz Informationen aus toxikologischen Datenbanken für automatisierte Vorhersagen genutzt werden können. Beide setzen sich auch für mehr Akzeptanz für solche Methoden in der Wissenschaft und darüber hinaus ein. Sie haben insbesondere durch internationale Vernetzung von Forschenden, Behörden, Nichtregierungsorganisationen und Industrie einen wesentlichen Beitrag zur Anerkennung von Alternativmethoden geleistet.
Internationale Kooperation
Die beiden Professoren leiten als Co-Direktoren das Center for Alternatives to Animal Testing in Europe (CAAT-Europe), einem gemeinsamen Unterfangen der Universität Konstanz und der Bloomberg School of Public Health an der Johns Hopkins University. Es koordiniert transatlantische Bemühungen zur Entwicklung von neuen und verbesserten Methoden in der Toxikologie, berät auf dem Gebiet der strategischen Entwicklung, ermöglicht den Austausch zwischen verschiedenen Interessensgruppen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik und setzt sich für das 3R-Prinzip ein.
Die Preisträger
Prof. Dr. Marcel Leist ist seit 2006 Professor für In-Vitro-Toxikologie und Biomedizin an der Universität Konstanz. Die Professur wurde ursprünglich von Doerenkamp-Zbinden-Stiftung eingerichtet und 2016 vom Land übernommen. Prof. Leist hat nach dem Studium der Biochemie an der Universität Tübingen und der Toxikologie an der University of Surrey (Großbritannien) in Konstanz promoviert und war dann bis zu seinem Ruf auf die Professur in Konstanz für das dänische Pharmaunternehmen H. Lundbeck A/S in Kopenhagen tätig.
Prof. Dr. Dr. Thomas Hartung ist seit 2009 Professor für Evidence-Based Toxicology an der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health und ist außerdem Honorarprofessor für Environmental Health Sciences an der Universität Konstanz. Prof. Hartung hat nach dem Studium der Informatik in Hagen sowie der Biochemie und Medizin an der Universität Tübingen, sowohl eine medizinische Promotion auf dem Gebiet der Toxikologie an der Universität Tübingen als auch eine Promotion in der biochemischen Pharmakologie an der Universität Konstanz abgeschlossen. Von 1996 bis 2002 war Prof. Hartung CEO des Steinbeis Technology Transfer Center for In Vitro Pharmacology and Toxicology an der Universität Konstanz, danach leitete er das European Centre for the Validation of Alternative Methods der Europäischen Kommission in Ispra (Italien).
Der Ursula M. Händel-Tierschutzpreis in Höhe von 80.000 Euro wird alle zwei Jahre an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verliehen, die sich vorbildlich und nachhaltig darum bemühen, den Tierschutz in der Forschung zu verbessern, insbesondere durch die Entwicklung von Verfahren, die zur Reduzierung, Verfeinerung und zum Ersatz von Tierversuchen beitragen (3R-Prinzip, Replacement, Reduction, Refinement/Vermeidung, Verringerung, Verbesserung von Tierversuchen). Für die Verleihung des Preises ist neben dem Tierschutzaspekt die wissenschaftliche Qualität der zu Grunde gelegten wissenschaftlichen Arbeit ausschlaggebend.