Berufliche Weiterbildung ist essentiell für eine erfolgreiche Arbeitswelt. Kleine und mittlere Unternehmen können sich nun in Qualifizierungsverbünden zusammenschließen und gemeinsam Weiterbildungen für ihre Beschäftigten anbieten.
Arbeits- und Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut gab gestern (1. Juli) in Stuttgart den Startschuss für ein neues, innovatives Modellprojekt zur beruflichen Weiterbildung: „Kleine und mittelständische Unternehmen werden dabei unterstützt, sich künftig in so genannten ‚Qualifizierungsverbünden‘ zusammenzuschließen und gemeinsam Weiterbildungsangebote für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu planen und durchzuführen. Weiterbildung ist branchenübergreifend der Schlüsselfaktor, wenn es darum geht, den Weg in die Arbeitswelt 4.0 erfolgreich zu bestreiten“, so Hoffmeister-Kraut. „Angesichts neuer Technologien, der fortschreitenden Digitalisierung sowie neuer Geschäftsfelder und -modelle, gewinnt die berufliche Weiterbildung immer größere Bedeutung. Wir müssen deshalb in der beruflichen Weiterbildung innovative Wege gehen, um mehr Betriebe und Beschäftigte zu erreichen und zu motivieren.“
Genau ein solcher Weg sei die Schaffung von Qualifizierungsverbünden. Diese würden unterstützt von Verbundmanagern, die die Weiterbildungsbedarfe in den beteiligten Betrieben identifizieren und gemeinsame, passgenaue Weiterbildungen für deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter organisieren, sie trägerneutral beraten und eine Lotsenfunktion in die Weiterbildungsförderung wahrnehmen. „Dadurch können wir gezielt auch die betriebsgrößenbedingten Nachteile von kleinen und mittleren Unternehmen im Bereich der Weiterbildung abmildern“, hob die Ministerin hervor. Viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) verfügten nicht über die erforderlichen Personalkapazitäten und das fachliche Knowhow, um ihren Beschäftigten eine systematische Personalentwicklung und Weiterbildung zu ermöglichen und benötigen hierbei Unterstützung, erläuterte die Ministerin.
Schwerpunkte und Finanzierung des Modellprojekts
Gestartet wird in der zweijährigen Pilotphase mit dem Aufbau von Qualifizierungsverbünden in vorerst sechs Regionen im Land und zwar in den Regionen Rhein-Neckar, Ostwürttemberg, Stuttgart, Ulm, Freiburg und Reutlingen. Branchenschwerpunkte sind dabei zunächst die Metall- und Elektroindustrie sowie die Textilindustrie. Der Standort Reutlingen fokussiert sich landesweit auf Unternehmen der Textil- und Bekleidungsindustrie. Bei den anderen Standorten stehen regionale Qualifizierungsverbünde mit dem Schwerpunkt Metall- und Elektroindustrie im Vordergrund. Die Umsetzung des Projekts wird wissenschaftlich begleitet. Zielgruppen der Qualifizierungsverbünde sind neben Fach- und Führungskräften vor allem auch un- und angelernte Beschäftigte, die ein erhöhtes Arbeitsplatzrisiko tragen. Im Einzelfall sollen außerdem auch (Langzeit-) Arbeitslose einbezogen und Jugendliche an eine berufliche Ausbildung herangeführt werden.
Die „Qualifizierungsverbünde“ sind ein innovatives Gemeinschaftsprojekt des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg, der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit, des Verbands der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e. V. (Südwestmetall) und des Verbands der Südwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie (Südwesttextil e. V.). Die Finanzierung des Modellprojekts von 2,1 Millionen Euro für zwei Jahre erfolgt in der Probephase zu 50 Prozent aus Mitteln der Regionaldirektion Baden-Württemberg und zu je 25 Prozent aus Mitteln des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau sowie der beiden Wirtschaftsverbände. Eine Fortsetzung des Projekts für weitere zwei Jahre ist bereits angedacht. Langfristiges Ziel soll das eigenständige Funktionieren der Qualifizierungsverbünde ohne öffentliche Förderung sein.
Statements der Projektpartner
Christian Rauch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit: „Weiterbildung ist der Schlüssel, aus den immer schneller zunehmenden technologischen Veränderungen einen Wettbewerbsvorteil für die Zukunft zu generieren. Baden-Württemberg schafft mit den Qualifizierungsverbünden die Voraussetzungen insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen.“
Der Hauptgeschäftsführer von Südwestmetall, Peer-Michael Dick, zeigte sich zufrieden, dass nun nach langer und intensiver Vorbereitung der Startschuss für das gemeinsame Vorhaben der Qualifizierungsverbünde gefallen ist: „Wir haben bei Südwestmetall die Idee der Qualifizierungsverbünde sehr gerne aufgegriffen, denn unsere Unternehmen stehen vor großen Herausforderungen im Zusammenhang mit den beiden großen Themenkomplexen Digitalisierung und Dekarbonisierung. Die Qualifizierungsoffensive ist hier ein wichtiger Schritt, um die Unternehmen und ihre Beschäftigten in diesem gewaltigen Transformationsprozess zu unterstützen.“
Der Hauptgeschäftsführer von Südwesttextil, Peter Haas, freute sich über diese neue Form der Zusammenarbeit: „Baden-Württemberg geht beispielhaft voran: Südwesttextil als Initiator, Südwestmetall und das Bildungswerk als starke Partner aus der Industrie und die Bundesagentur sowie das Wirtschaftsministerium als finanzierende Möglichmacher. Mit diesem Quintett für Qualifizierung werden wir ein Angebot machen, für das es höchste Zeit wird – nämlich unsere mittelständischen Industrieunternehmen bei der Personalentwicklung in Zeiten des Strukturwandels zu unterstützen. Wir wissen: Die Betriebe haben diesen Bedarf, die Träger entwickeln die Maßnahmen, die Bundesagentur hat das Geld – aber die Dinge kommen noch nicht zur Genüge zusammen. Die Qualifizierungsverbünde sollen das ändern.“
Der Geschäftsführer des Bildungswerks der Baden-Württembergischen Wirtschaft, Stefan Küpper, erklärte: „Es freut mich, dass wir den Auftrag bekommen haben, das Projekt der Qualifizierungsverbünde umzusetzen. Als der Bildungsträger der Wirtschaft haben wir den direkten Zugang in die Unternehmen und große Expertise in der Beratung und Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen zu allen Fragen der Personal- und Organisationsentwicklung. Wir werden nun alle Anstrengungen unternehmen, um möglichst viele Qualifizierungsverbünde in Baden-Württemberg zu etablieren. Erste Anfragen aus der Mitgliedschaft von Südwesttextil und Südwestmetall deuten auf ein beachtliches Interesse an diesem Konzept hin.“
Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau: Berufliche Weiterbildung