Im abgeschalteten Kernkraftwerk Neckarwestheim, Block I, schlossen zwei Gebäudeabschlussarmaturen zeitverzögert. Nach der internationalen Bewertungsskala INES hat der Vorfall keine oder nur eine sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung.
Im abgeschalteten Kernkraftwerk Neckarwestheim, Block I, haben sich bei einer wiederkehrenden Prüfung zwei Gebäudeabschlussarmaturen im Ringraum erst mit einer Verzögerung von circa sechs Minuten geschlossen. Es handelt sich um Armaturen, die im Zuluft- beziehungsweise Abluftstrang eingebaut sind. Die in beiden Leitungen in Reihe geschalteten zusätzlichen Armaturen haben sich wie vorgesehen geschlossen. Vor etwa einem Jahr haben dieselben Armaturen bei einer Prüfung bereits verzögert geschlossen, sie schlossen jedoch beim wiederholten Durchführen der Prüfung ohne Verzögerung. Das Ereignis wurde 2016 ebenfalls gemeldet. Die anschließende Untersuchung ergab keine eindeutige Ursache.
Einstufung durch den Kraftwerksbetreiber: Meldekategorie N (Normalmeldung); INES 0 (keine oder sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung).
Maßnahmen des Kraftwerksbetreibers: Der Betreiber hat die Prüfung wiederholt. Dabei schlossen die Armaturen ohne Verzögerung. Aufgrund dessen, dass es sich faktisch um eine Wiederholung eines Ereignisses handelt, hat der Betreiber beschlossen, innerhalb des Prüfintervalls zusätzliche Prüfungen durchzuführen und die im letzten Jahr begonnene Ursachenklärung zu erweitern.
Die Gebäudeabschlussarmaturen des Ringraums dienen dazu, bei Störfällen einen Luftaustausch zwischen dem Ringraum und der Umgebung zu verhindern (sogenannter Lüftungsabschluss). Dadurch wird eine Abgabe von Radioaktivität, die über Leckagen aus dem Sicherheitsbehälter in den Ringraum gelangen könnte, in die Umgebung verhindert. Da sich die Anlage in Stilllegung befindet, ist das Risiko, dass Aktivität in den Ringraum gelangt, im Vergleich zum früheren Leistungsbetrieb erheblich reduziert. Darüber hinaus war der Lüftungsabschluss über die weiteren vorhandenen Armaturen sichergestellt. Die sicherheitstechnische Bedeutung des Ereignisses ist daher gering. Es ergaben sich keine Auswirkungen auf Personen und die Umwelt.
Meldekategorien
Die für die kerntechnische Sicherheit bedeutsamen Ereignisse sind den atomrechtlichen Aufsichtsbehörden der Länder nach den bundeseinheitlichen Kriterien der Atomrechtlichen Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung (AtSMV) zu melden. Ziel des Meldeverfahrens ist, den Sicherheitsstand der Kernkraftwerke zu überwachen, dem Auftreten ähnlicher Fehler in anderen Kernkraftwerken vorzubeugen und die gewonnenen Erkenntnisse in sicherheitstechnische Verbesserungen einfließen zu lassen.
Die meldepflichtigen Ereignisse sind unterschiedlichen Kategorien zugeordnet (Erläuterungen zu den Meldekriterien für meldepflichtige Ereignisse):
- Kategorie S (Unverzügliche Meldung): Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde unverzüglich gemeldet werden müssen, damit sie gegebenenfalls in kürzester Frist Prüfungen einleiten oder Maßnahmen veranlassen kann. Hierunter fallen auch die Vorkommnisse, die akute sicherheitstechnische Mängel aufzeigen.
- Kategorie E (Meldung innerhalb von 24 Stunden): Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde binnen 24 Stunden gemeldet werden müssen, damit sie gegebenenfalls in kurzer Frist Prüfungen einleiten oder Maßnahmen veranlassen kann. Hierunter fallen auch die Ereignisse, deren Ursache aus Sicherheitsgründen in kurzer Frist geklärt und gegebenenfalls in angemessener Zeit behoben werden muss. In der Regel handelt es sich dabei um sicherheitstechnisch potentiell – aber nicht unmittelbar – signifikante Ereignisse.
- Kategorie N (Meldung bis zum fünften Werktag): Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde innerhalb von fünf Werktagen gemeldet werden müssen, um eventuelle sicherheitstechnische Schwachstellen frühzeitig erkennen zu können. Dies sind in der Regel Ereignisse von geringer sicherheitstechnischer Bedeutung, die über routinemäßige betriebstechnische Einzelereignisse bei vorschriftsmäßigem Anlagenzustand und -betrieb hinausgehen. Unverfügbarkeiten von Komponenten/Systemen, die durch im Betriebshandbuch spezifizierte Prozeduren temporär beabsichtigt herbeigeführt werden, sind nicht meldepflichtig, wenn dies auch in der Sicherheitsspezifikation des Betriebshandbuches entsprechend berücksichtigt ist.
INES-Skala
Internationale Bewertungsskala INES: Aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Betreibern der Kernkraftwerke und dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit werden meldepflichtige Ereignisse in Kernkraftwerken auch nach der Bewertungsskala INES (International Nuclear and Radiological Event Scale) der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) und der Nuklearenergie-Agentur (NEA) der OECD bewertet. Sie hat eine rasche und für die Öffentlichkeit verständliche Bewertung eines Ereignisses zum Ziel.
Die Skala umfasst sieben Stufen:
- Störung
- Störfall
- ernster Störfall
- Unfall mit örtlich begrenzten Auswirkungen
- Unfall mit weitergehenden Auswirkungen
- schwerer Unfall
- katastrophaler Unfall
Meldepflichtige Ereignisse, die nach dem INES-Handbuch nicht in die Skala (1 bis 7) einzuordnen sind, werden unabhängig von der sicherheitstechnischen Bedeutung nach nationaler Beurteilung der „Stufe 0” zugeordnet.