Justizministerin Marion Gentges hat im Bundesrat den Gesetzentwurf zur Regelung des Einsatzes von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen kritisiert. Mit den geplanten Neuregelungen steige die Gefahr der Enttarnung von Vertrauenspersonen.
Im ersten Durchgang hat der Bundesrat am 26. April 2024 den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Regelung des Einsatzes von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen beraten. In ihrer Rede warnte Ministerin der Justiz und für Migration Marion Gentges davor, dass die im Entwurf enthaltenen Neuregelungen Vertrauenspersonen der ernsthaften Gefahr einer Enttarnung aussetzen würden. Der Gesetzentwurf in seiner aktuellen Fassung sieht vor, dass Unterlagen und Informationen zu Vertrauenspersonen aufgrund des von der Bundesregierung geplanten Richtervorbehalts Eingang in Gerichtsakten finden, wo sie früher oder später auch dem Beschuldigten bekannt werden. Dies wäre eine bedeutende Verschlechterung im Vergleich zur aktuellen Rechtslage, wonach die Informationen, die Rückschlüsse auf die Identität von Vertrauenspersonen zulassen, zu gesonderten Akten der Staatsanwaltschaft genommen werden und im gerichtlichen Verfahren gesperrt werden können.
„Um es vorwegzunehmen, ich bin alles andere als glücklich über den Gesetzentwurf der Bundesregierung: Weil wir Gefahr laufen, ein wichtiges Ermittlungsinstrument zu verlieren. Weil ohne Not durch die Einführung eines Richtervorbehalts für den Einsatz von Vertrauenleuten das Risiko eingegangen wird, Vertrauenspersonen zu enttarnen. Mit möglicherweise weitreichenden Folgen.
Ich vermute, dass man sich an den Regelungen für richterliche Zustimmungen zum Einsatz Verdeckter Ermittler orientieren wollte, stelle aber fest, dass dabei nicht zu Ende gedacht wurde. Verdeckte Ermittler sind Beamte. Zur Beurteilung der Zulässigkeit ihres Einsatzes wird dem Gericht der zu ermittelnde Sachverhalt dargelegt, es erfolgen Ausführungen zu Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit. Außerdem wird die maximale Zahl der einzusetzenden Verdeckten Ermittler benannt und begründet. Vertrauenspersonen gehören anders als Verdeckte Ermittler keiner Strafverfolgungsbehörde an, sind aber bereit, diese bei der Aufklärung von Straftaten – bei Geheimhaltung ihrer Identität – auf längere Zeit vertraulich zu unterstützen. Zur Beurteilung der Zulässigkeit ihres Einsatzes benötigt das Gericht Informationen zu den persönlichen Verhältnissen der Vertrauensperson. Informationen, die Rückschlüsse auf die Identität der Vertrauensperson zulassen. Informationen, die im weiteren Verfahren aktenkundig und Beschuldigten über kurz oder lang bekannt werden. Dem Richtervorbehalt wohnt deshalb an dieser Stelle das Risiko der Enttarnung von Vertrauenspersonen inne.
Daraus ergibt sich eine steigende Gefahr für Leib und Leben einer Vertrauensperson bei gleichzeitig sinkender Bereitschaft die Aufklärung von Straftaten zu unterstützen. Um schwere und Organisierte Kriminalität – auch Clankriminalität – sowie Staatsschutzkriminalität effektiv zu bekämpfen, sind wir auf den Einsatz von Vertrauenspersonen weiterhin dringend angewiesen. Weil sie uns helfen, kriminelle Strukturen ‚von innen‘ aufzudecken. Der vorgesehene Richtervorbehalt steht einer effektiven Strafverfolgung entgegen, ohne durch überweisende Transparenz-Interessen gerechtfertigt zu sein. Wenn uns ernsthaft daran gelegen ist, dass die Strafverfolgungsbehörden auch künftig noch Vertrauenspersonen einsetzen können, müssen wir den Richtervorbehalt streichen. Belassen wir die Zustimmung zum Einsatz einer Vertrauensperson in den bewährten Händen der Staatsanwaltschaft als Wächterin des Ermittlungsverfahrens. Deren spezialisierte Dezernenten gewährleisten die erforderliche und gebotene rechtsstaatliche Kontrolle polizeilichen Handelns und wahren die zugleich die an dieser Stelle so wichtige Vertraulichkeit.“
Es gilt das gesprochene Wort.