Justizministerin Gentges fordert mehr Schutz für Kinder vor sexuellem Missbrauch. Auf der Justizministerkonferenz brachte das Land zusammen mit Bayern einen entsprechenden Antrag ein.
Zusammen mit Bayern bringt Baden-Württemberg bei der 93. Justizministerkonferenz am 1. und 2. Juni 2022 einen Antrag ein, der auf eine Ausweitung des Strafrechts auf die Fälle zielt, in denen schutz- und aufsichtspflichtige Personen eine fremde Missbrauchstat durch grobes Fehlverhalten fördern. Hintergrund der Initiative ist, dass es oft das Unterlassen aufsichtspflichtiger Personen ist, das einen sexuellen Missbrauch fördert, das nach der aktuellen Rechtslage jedoch nur strafbar ist, wenn Vorsatz nachgewiesen werden kann. Der Nachweis von Fahrlässigkeit genügt bislang nicht.
Ministerin der Justiz und für Migration Marion Gentges sagte: "Beim sexuellen Missbrauch von Kindern hinterlässt nicht nur das physische Leid tiefe Spuren. Fast genauso schwer wiegt – das ist aus vielen Opferberichten bekannt – die Erfahrung, dass fürsorgepflichtige Bezugspersonen wegschauen. Beim sexuellen Missbrauch leidet das Kind doppelt: Es ist hilflos schrecklichen körperlichen Qualen ausgesetzt, und ausgerechnet die Person, von der es sich Schutz und Hilfe verspricht, stellt sich blind und taub und lässt den Täter gewähren. Das hinterlässt in der Psyche des Kindes unvorstellbar tiefe Brüche, die oft ein Leben lang nicht mehr heilen. Das Versagen von Aufsichtspflichtigen ist struktureller Bestandteil des sexuellen Missbrauchs. So müssen wir es auch behandeln.“
Längere Speicherfristen von IP-Adressen sinnvoll
Darüber hinaus hat sich Justizministerin Marion Gentges auch vor dem Hintergrund der jüngsten Missbrauchsfälle in Nordrhein-Westfalen und der Brutalität, mit der die Täter vorgegangen sind, für längere Speicherfristen von IP-Adressen eingesetzt:
„Viel deutlicher kann es nicht mehr werden: Es besteht dringender Handlungsbedarf! Kinder sind die schwächsten Glieder in unserer Gesellschaft und nicht in der Lage, sich selbst zu wehren. Sie brauchen unseren Schutz! Wir müssen die Ermittlungsbehörden in die Lage versetzen, effektiv zu ermitteln. In zu vielen Fällen können Täter nicht ermittelt werden, weil ihre IP-Adresse nicht mehr gespeichert ist. Der zunehmend sensiblere Umgang mit persönlichen Daten ist eine Errungenschaft unserer Zeit und Datenschutz ein hohes Gut. Er schließt die Speicherung von Verkehrsdaten aber nicht völlig aus – der Europäischer Gerichtshof (EuGH) eröffnet Spielräume, die wir nach meiner Überzeugung nutzen sollten. Datenschutz darf und muss hier nicht zum Täterschutz werden."
In seinem Urteil vom 5. April 2022 (C-140/20) hat der EuGH ausdrücklich festgestellt, dass im Fall einer im Internet begangenen Straftat und insbesondere im Fall des Erwerbs, der Verbreitung, der Weitergabe oder der Bereitstellung im Internet von Kinderpornografie die IP-Adresse der einzige Anhaltspunkt sein kann, der es ermöglicht, die Identität der Person zu ermitteln, der diese Adresse zugewiesen war, als die Tat begangen wurde. Der Gerichtshof hat in dem genannten Urteil deshalb entschieden, dass eine Vorratsspeicherung der IP-Adressen, die der Quelle einer Verbindung zugewiesen sind, grundsätzlich nicht gegen Artikel 15 Absatz eins der Richtlinie 2002/58 im Licht der Artikel sieben, acht und elf der Charta verstößt, sofern dies von hinreichend konkreten materiellen und prozeduralen Voraussetzungen abhängig gemacht wird, die die Nutzung dieser Daten regeln müssen.
Quelle:
Justizministerium Baden-Württemberg