So wenig Schwerverletzte wie nie zuvor seit Einführung der Verkehrsunfallstatistik – das ist ein Ergebnis der Verkehrsunfallbilanz 2023. Gleichzeitig ist dieser Erfolg Ansporn für den weiteren Einsatz zur Vision Zero: Null Tote und Schwerverletzte im Straßenverkehr.
„Im vergangenen Jahr haben wir einen deutlichen Rückgang schwerverletzter Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer erzielt. Damit haben wir so wenige Schwerverletzte wie nie zuvor seit Einführung der Verkehrsunfallstatistik im Jahr 1953, also seit 70 Jahren. Das ist ein Erfolg, den wir uns in Baden-Württemberg mit viel Aufwand und Mühe erarbeitet haben. Freilich werden wir uns darauf nicht ausruhen. Im Gegenteil: Er ist Ansporn für unseren weiteren, unermüdlichen Einsatz auf dem Weg zur Vision Zero – Null Tote und Schwerverletzte im Straßenverkehr“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl bei der Vorstellung der baden-württembergischen Verkehrsunfallbilanz 2023.
Die Verkehrsunfallbilanz in Zahlen
Im Jahr 2023 hat die Polizei auf baden-württembergischen Straßen insgesamt 308.597 Verkehrsunfälle registriert (+5,1 Prozent). Die Anzahl der Verkehrsunfälle mit Sachschaden ist leicht angestiegen (+5,8 Prozent), die Anzahl der Verkehrsunfälle, bei denen Personen zu Schaden kamen, ging ganz leicht zurück (-0,8 Prozent). Während die Anzahl der Leichtverletzten um 2,2 Prozent geringfügig zunahm, ist bei den Schwerverletzten im zurückliegenden Jahr mit 6.143 Verunglückten der niedrigste Wert seit Einführung der Verkehrsunfallstatistik im Jahr 1953 zu verzeichnen (-11,2 Prozent; 2022: 6.919). Mit 369 stieg die Zahl der im Straßenverkehr Getöteten gegenüber dem Vorjahr leider um 19 Getötete an. Die Anstiege sind insbesondere bei den getöteten Pkw-Fahrerinnen und PKW-Fahrern (+16,4 Prozent), Motorradfahrerinnen und Motorradfahrern (+10,6 Prozent) und Fußgängerinnen und Fußgängern (+13 Prozent) festzustellen.
„Im Sinne der Vision Zero haben wir uns selbst das ambitionierte Ziel gesetzt, die Anzahl der Getöteten und Schwerverletzten bis zum Jahr 2030 schrittweise um 30 Prozent zu reduzieren. Für 2023 hätte das maximal 6.801 Schwerverletzte bedeutet. Damit haben wir das Etappenziel nicht nur erreicht, sondern haben den Zielwert erfreulicherweise sogar deutlich unterboten und liegen auf einem historischen Tiefstand. Bei den Getöteten sind wir in der langfristigen Entwicklung zwar auf einem guten Weg, im letzten Jahr mussten wir hier aber leider einen leichten Anstieg verzeichnen, was uns darin bestärkt: Wir dürfen in unseren Anstrengungen nicht nachlassen!“, so Innenminister Thomas Strobl.
Ein Blick auf ausgewählte Verkehrsmittel
Im vergangenen Jahr hat die Polizei mit insgesamt 4.644 Motorradunfällen (2022: 4.744) rund zwei Prozent weniger Motorradunfälle registriert. Hierbei starben 73 Motorradfahrerinnen und -fahrer, sieben mehr als im Vorjahr. Bei den Schwerverletzten ist ein positiver Trend festzustellen: Mit 1.032 Verunglückten gehen die Zahlen deutlich, um 17 Prozent, zurück (2022: 1.246). 60 Prozent der Verkehrsunfälle mit Personenschaden verursachten die Bikerinnen und Biker selbst. „Die Sicherheit der Bikerinnen und Biker hat höchste Priorität. Wir lassen in unseren Bemühungen nicht nach, die Motorradsicherheit auf den Straßen in Baden-Württemberg zu erhöhen. Mit dem 5-Punkte-Plan sind wir hierbei ganz auf der Spur – die Maßnahmen zahlen sich nach und nach aus“, führte Innenminister Thomas Strobl aus.
Ein weiterer positiver Trend ist im Radverkehr festzustellen: Die Anzahl der schwerverletzten Radlerinnen und Radler ging um neun Prozent von 2.056 auf 1.876 zurück. 62 Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer starben (2022: 75), davon waren 27 mit einem Pedelec unterwegs. Der Rückgang bei den getöteten Radfahrerinnen und Radfahrern ist insbesondere auf die deutliche Abnahme getöteter Pedelecnutzerinnen und -nutzer zurückzuführen (2022: 49). 24 Radfahrende verunglückten ohne Fremdbeteiligung. Über 80 Prozent der tödlichen Verkehrsunfälle verursachten die Fahrradfahrerinnen und -fahrer selbst.
Die zunehmende Anzahl von Elektrokleinstfahrzeugen („E-Scooter“) im Straßenverkehr macht sich weiterhin im Unfallgeschehen bemerkbar. Insgesamt wurden 1.098 Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Elektrokleinstfahrzeugen registriert, rund 200 mehr als im Vorjahr (2022: 893). Während die Anzahl der Schwerverletzten mit 7,5 Prozent leicht zunahm, blieb die Anzahl der Getöteten (drei) gleich. Alle tödlichen Verkehrsunfälle waren dabei selbstverursacht. Auch im Bereich der Schwerverletzten verursachten die Fahrerinnen und Fahrer der Elektrokleinstfahrzeuge weit überwiegend die Verkehrsunfälle selbst (85 Prozent).
Hauptunfallursachen und Risikofaktoren
Nach wie vor sind überhöhte oder nicht angepasste Geschwindigkeit die Hauptursache für tödliche Verkehrsunfälle auf baden-württembergischen Straßen. 152 Menschen haben deshalb im vergangenen Jahr ihr Leben gelassen, das sind 41 Prozent aller Verkehrstoten.
Von 1.953 Verkehrsunfällen mit Personenschaden, bei denen Alkohol oder Drogen ursächlich waren, kamen 35 Menschen ums Leben. 30 Menschen wurden bei Verkehrsunfällen getötet, bei denen die Unfallverursacherinnen und -verursacher unter Alkoholeinfluss standen. Vier Verkehrsteilnehmer starben, weil die Unfallverursachenden Drogen konsumiert hatten. Eine weitere Person kam bei einem Verkehrsunfall ums Leben, bei dem der Unfallverursachende sowohl unter Alkohol- als auch unter Drogeneinfluss stand.
Bei jedem achten Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang waren die Unfallverursacherinnen und -verursacher vom Straßenverkehr abgelenkt, beispielsweise durch die Verwendung eines Mobiltelefons.
Knapp ein Drittel aller gurtpflichtigen Getöteten hatte den Sicherheitsgurt nicht ordnungsgemäß angelegt. Über 60 Prozent der getöteten Radfahrerinnen und Radfahrer trugen keinen Fahrradhelm.
„Diese Zahlen müssen wachrütteln! 85 Menschen könnten heute vielleicht noch am Leben sein, wenn sie sich angeschnallt oder einen Fahrradhelm getragen hätten. Keine Frisur, kein knitterfreies Hemd ist einen solchen Schicksalsschlag wert. Deshalb: Schnallen Sie sich an! Tragen Sie einen Fahrradhelm“, betonte Innenminister Thomas Strobl.
Verkehrsüberwachung
Mit Blick auf die Verkehrsüberwachungsergebnisse des Jahres 2023 erläuterte Innenminister Thomas Strobl: „Verkehrsüberwachung ist kein Selbstzweck, sondern ein ganz wesentliches Schlüsselelement in der Verkehrsunfallbekämpfung! Wir wollen damit die Wirkung erzielen, dass sich im Straßenverkehr alle korrekt und regelkonform verhalten.“
Im Jahr 2023 hat die Polizei rund 1,47 Millionen Geschwindigkeitsverstöße registriert. 28.179 Personen gelangten wegen Fahrens unter Alkohol-, Drogen- oder Medikamenteneinfluss zur Anzeige. Außerdem hat die Polizei 89.105 Handyverstöße, 97.693 Verstöße gegen die Gurt- und Kindersicherungspflicht und 65.684 Abstandsverstöße festgestellt. Weitere Verstöße gab es im Zusammenhang mit illegalem Tuning (4.794) sowie bei Kontrollen des Motorrad- (5.626) und des Fahrradverkehrs (18.648).
Verkehrsunfallprävention
„Am besten ist es, wenn es gar nicht erst kracht! Daher haben wir im vergangenen Jahr unsere Anstrengungen, Verkehrsunfälle zu verhindern, noch einmal kräftig erhöht. Denn jeder Mensch, der durch einen Verkehrsunfall zu Schaden kommt, ist einer zu viel“, sagte Innenminister Thomas Strobl und betonte damit den Stellenwert der Verkehrsunfallprävention.
Bei insgesamt 13.833 Präventionsveranstaltungen (2022: 12.992) hat die Polizei 288.606 Menschen (2022: 241.543) zielgruppenorientiert erreicht. Das ist gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg um mehr als 19 Prozent. In den Veranstaltungen sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für Unfallgefahren sensibilisiert und verkehrsgerechtes und -sicheres Verhalten vermittelt werden. Rund um die Hauptunfallursachen und Risikofaktoren standen dabei die Themen Geschwindigkeit, Verkehrstüchtigkeit, Ablenkung und Sicherungseinrichtungen im Vordergrund. Allein mit dem Thema Alkohol, Drogen und Medikamente hat die Polizei knapp 50 Prozent mehr Menschen erreicht als im Vorjahr (2023: 42.794; 2022: 29.080).
Der 5-Punkte-Plan im Einzelnen
- Überwachungsoffensive – Raser und Lärm stoppen
- Prävention „Ü50“ – Gefahrenbewusstsein schaffen
- Gutes Equipment – Motorrad und Ausrüstung checken
- Offensive Öffentlichkeitsarbeit – Verkehrsteilnehmer erreichen
- Sicherer Verkehrsraum – Gefahrenträchtige Strecken entschärfen