Baden-Württemberg und Sachsen fordern im Bundesrat gemeinsam die Gleichbehandlung der außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen bei Bezahlung des Spitzenpersonals.
Mit dem heute (7. Juli 2023) im Bundesrat vorgestellten Gesetzesantrag soll eine echte Gleichbehandlung unter den außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen erreicht werden. Den Industrieforschungseinrichtungen in den Ländern sollen die gleichen Freiräume bei der Bezahlung ihres Spitzenpersonals gewährt werden, wie sie für die großen Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen bereits vor Jahren eingeführt wurden.
Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in Baden-Württemberg, fordert zusammen mit Martin Dulig, Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in Sachsen, die Gleichbehandlung der außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen in den Ländern und schlägt eine Änderung des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes vor. Die beiden Länder haben gemeinsam einen entsprechenden Gesetzesantrag in den Bundesrat eingebracht (BR-Drs. 264/23).
Im Wettbewerb um Fachkräfte braucht es angemessene Bezahlung
„Im globalen Wettbewerb um Fachkräfte und die besten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler braucht es Freiräume und eine angemessene Bezahlung, auch bei außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen“, begründete die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut das Anliegen. „Ansonsten droht Deutschland im Innovationswettbewerb um die klügsten Köpfe in Rückstand zu geraten“, so Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut weiter. Das Agieren des Bundes in den vergangenen Monaten habe zu großer Verunsicherung bei allen Beteiligten geführt. Es fehle nach wie vor eine klare Perspektive. Die außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen bräuchten dringend Planungssicherheit, um sich wieder auf ihre Forschungsaufgaben konzentrieren zu können.
Der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig: „Die Forschungseinrichtungen sind zentrale Innovationspartner unseres Mittelstandes – und Fortschritt benötigt Fachkräfte! Wir stehen vor großen Herausforderungen bei der Klima- und Energiewende, in der Automobilindustrie und der gesamten Digitalisierung unserer Gesellschaft. Dafür bedarf es kluger Ideen und Innovationen! Die Institutionen brauchen daher die besten Forscherinnen und Forscher, aber auch erfahrene Wissenschaftsmanager. Wir müssen ihnen ermöglichen, mit privaten Erlösen wettbewerbsfähige Gehälter zu bezahlen. Nur so können sie Fachkräfte für sich gewinnen und langfristig halten.“
Bund geht gegen außeruniversitäre Wissenschaftseinrichtungen vor
Nach den haushaltsrechtlichen Regelungen von Bund und Ländern dürfen Zuwendungsempfänger ihre Beschäftigten grundsätzlich nicht besserstellen als vergleichbare Beschäftigte des Bundes beziehungsweise der Länder. Den Maßstab bilden die öffentlichen Tarifverträge. Die Gewährung wettbewerbsfähiger Gehälter beim Leitungspersonal wird dadurch stark eingeschränkt, da die öffentlichen Tarifverträge nicht für leitende Angestellte gelten. Seit mehreren Monaten geht der Bund gegen zahlreiche außeruniversitäre Wissenschaftseinrichtungen in den Ländern vor und macht zur Auflage, das Besserstellungsverbot für sämtliches Personal einzuhalten.
Mit dem 2012 beschlossenen Wissenschaftsfreiheitsgesetz erhielten die außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen der von Bund und Ländern gemeinsam getragenen Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, darunter zum Beispiel die Max-Planck-Gesellschaft, die Fraunhofer-Gesellschaft, die Helmholtz-Gemeinschaft, die Leibniz-Gemeinschaft und die Deutsche Forschungsgemeinschaft, deutlich mehr Eigenverantwortung und Freiheiten. Die im Gesetz aufgeführten Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen können ihre finanziellen Mittel dadurch flexibler und im Ergebnis wirksamer, effizienter und zielorientierter einsetzen. Dazu gehört insbesondere auch, dass das Besserstellungsverbot eingeschränkt wurde und die Einrichtungen Drittmittel aus nicht-öffentlichen Quellen einsetzen dürfen, um hochqualifizierte Forscherinnen und Forscher zu gewinnen oder zu halten. Für die unabhängigen außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen der Länder gilt das Gesetz bisher nicht, wodurch diese im Wettbewerb erhebliche Nachteile erleiden.
In den vergangenen Monaten hatten sich die Länder wiederholt an den Bund gewandt und Lösungsvorschläge unterbreitet. Einstimmige Beschlüsse der Wirtschaftsministerkonferenz sowie auch der Ministerpräsidentenkonferenz, die einen langfristig tragfähigen Rechtsrahmen fordern, haben bislang nicht zu einem Einlenken des Bundes geführt.
Wesentlicher Schlüssel für die Innovations- und Wirtschaftskraft Deutschlands
Die wirtschaftsnahen Forschungs- und Transfereinrichtungen sind ein wesentlicher Schlüssel für die Innovations- und Wirtschaftskraft Deutschlands. Bei den außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen der Länder handelt es sich um eigenständige Institute wirtschaftsnaher Forschungseinrichtungen. Sie bilden eine wichtige Brücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft und sind speziell auf die Bedürfnisse des Mittelstandes ausgerichtet. Die Aufgabe der außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen ist es, für die Wirtschaft relevante Technologiefelder in Vorlauf- und Eigenforschung rechtzeitig aufzugreifen und zu erschließen. Die einzelnen Institute sind wichtige Stützen im Transfersystem der Länder.
In Baden-Württemberg sind die außeruniversitäre Wissenschaftseinrichtungen in der Innovationsallianz innBW e.V. gemeinsam organisiert und erhalten eine jährliche Grundfinanzierung durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus. Darüber hinaus erhalten die Institute Projektfördermittel durch den Bund oder die Europäische Union sowie Aufträge aus der Industrie.
Die sächsischen Institute sind in der Sächsischen Industrieforschungsgemeinschaft e. V. (SIG) organisiert und finanzieren sich im Wesentlichen durch Industrie- und Gemeinschaftsprojekte. Sie erhalten vom Freistaat Sachsen auf Antrag Zuschüsse zu größeren Investitionsvorhaben und profitieren stark von Innovationsförderprogrammen des Bundes.