Regierungsinformation

„Wir müssen das Ruder jetzt herumreißen“

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Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält während einer Plenarsitzung im Landtag von Baden-Württemberg eine Regierungserklärung.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat heute im Landtag den Beschluss der Konferenz von Bund und Ländern zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 vorgestellt. Im Zentrum standen der Ausbau der regionalen Hotspot-Strategie sowie ein gemeinsames, schnelles und entschlossenes Handeln.

Die zweite Corona-Welle rollt über Europa – und hat nun auch Deutschland und Baden-Württemberg erreicht. Die Infektionszahlen steigen in vielen Regionen rasant an. „Deshalb müssen wir jetzt das Ruder herumreißen, sonst kommen wir in schwere Bedrängnis“, so Ministerpräsident Winfried Kretschmann in seiner Regierungsinformation im Landtag. In Baden-Württemberg gab es in der vergangenen Woche im Schnitt deutlich über 500 Neuinfektionen pro Tag. Sechs Stadt- und Landkreise sind mit über 50 Infektionen auf 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern pro Woche Risikogebiete und weitere neun überschreiten die Warnstufe von 35.

Das Virus habe nichts von seiner Gefährlichkeit eingebüßt und wandere durch alle Altersgruppen. „Wir müssen uns noch einmal bewusst machen: Jede Entscheidung, die wir heute treffen oder nicht treffen, wirkt sich erst mit einigen Wochen Verzögerung auf die Krankenhäuser aus. Das ist kein Alarmismus, sondern Realismus“, warnte der Regierungschef im Parlament.

Im Dreiklang gegen die zweite Welle

Drei Aspekte seien nun zentral:

  • die Kontrolle über das Virus zu behalten und die Gesundheit und das Leben der Menschen im Land bestmöglich zu schützen,
  • die Schulen und Kitas offen zu halten,
  • die Wirtschaft am Laufen zu halten.

Kretschmann betonte, dass Kinder und ihre Familien nicht noch einmal die Leidtragenden der Pandemie werden dürften: „Kinder sind das Wertvollste, was wir haben“. Zudem dürfe die Wirtschaft kein zweites Mal heruntergefahren werden, da sie sich langsam erhole und es fatal wäre, den Aufschwung abzuwürgen.

An einem Strang ziehen

Bund und Länder haben sich auf ein dreistufiges Konzept zum weiteren Vorgehen gegen die Corona-Pandemie geeinigt. Diese Beschlüsse werden in der Corona-Verordnung des Landes verankert und so schnell wie möglich beschlossen. Erst dann treten die neuen Regelungen in Kraft. Die Beschlüsse sehen wie folgt aus:

Erste Stufe

Die erste Stufe setzt ein, wenn es in einem Landkreis mehr als 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche gibt.

Maßnahmen:

  • Private Feiern werden auf maximal 25 Personen im öffentlichen Raum und auf maximal 15 Personen in privatem Raum begrenzt.
  • Es gilt eine Maskenpflicht an allen Orten, an denen sich Menschen auf engem Raum über längere Zeit aufhalten.
  • Für die Gastronomie wird eine Sperrstunde empfohlen.
  • Die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmern von Veranstaltungen werden weiter begrenzt.

Zweite Stufe

Die zweite Stufe greift, wenn es in einem Landkreis mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche gibt.

Maßnahmen:

  • Es dürfen maximal zehn Personen im öffentlichen Raum zusammenkommen.
  • Die Maskenpflicht wird erweitert.
  • Es wird eine Sperrstunde in der Gastronomie ab 23 Uhr eingeführt und es gibt keinen Außer-Haus-Verkauf von alkoholischen Getränken.
  • Private Feiern werden auf maximal zehn Personen im öffentlichen Raum begrenzt, im privatem Raum auf maximal zehn Personen aus höchstens zwei Haushalten.
  • Veranstaltungen werden auf 100 Personen begrenzt. Mit entsprechendem Hygienekonzept können die örtlichen Gesundheitsämter Ausnahmen genehmigen.

Dritte Stufe

Sollten die Maßnahmen der zweiten Stufe den Anstieg der Infektionszahlen nicht innerhalb von zehn Tagen zum Stillstand bringen, müssen die Landkreise weitere Einschränkungen in der dritten Stufe anordnen.

Maßnahmen:

  • Zusammenkünfte von maximal fünf Personen oder zwei Haushalten im öffentlichen Raum.

Verantwortung, Geduld und Rücksichtnahme

Der Regierungschef appellierte an die Bevölkerung: „Weder die Kanzlerin, noch die Ministerpräsidenten, noch wir als Parlament können die Krise alleine bewältigen. Das können wir nur alle zusammen als Gesellschaft schaffen. Und dafür braucht es jeden Einzelnen von uns“. Er verstehe, dass es vielen nicht leicht falle und sie nach einem halben Jahr erschöpft und Pandemie-müde seien. „So geht es doch allen. Wir alle sehnen uns nach Normalität“. Jedoch müssten nun alle gemeinsam anpacken, damit Kitas und Schulen offen bleiben und die Wirtschaft weiter an Fahrt gewinne. Es gehe um Verantwortung, Geduld und Rücksichtnahme.

Die Welle gemeinsam brechen

Wichtig sei vor allem, dass wir Wichtiges von Wünschenswertem unterscheiden. „Wir stehen an einer Wegscheide. Im Frühjahr haben wir gesehen, was wir erreichen können, wenn wir als Gesellschaft zusammenhalten. Lassen Sie uns die zweite Corona-Welle gemeinsam brechen!“

Aktuelle Informationen zum Beherbergungsverbot

Zur vorläufigen Aufhebung des Beherbergungsverbots durch den Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg sagte Kretschmann: „Wir werden jetzt das Beherbergungsverbot aufheben, der Verwaltungsgerichtshof hat das Verbot als unverhältnismäßig angesehen. Das Gericht hat den Maßstab der Verhältnismäßigkeit zur Person zu Grunde gelegt. Wir als Politik müssen aber verhindern, dass sich das Virus weiter ausbreitet.“ Das seien unterschiedliche Sichtweisen. In einem Rechtsstaat habe jedoch die Judikative das letzte Wort und nicht die Exekutive.

Kretschmann erklärte, dass angesichts der ernsten Lage Reisen aus und in Risikogebiete auf das unbedingt Notwendige reduziert werden sollten. „Sicherlich gehören Hotels nicht zu den Treibern der Infektion. Aber das Virus verbreitet sich nun mal durchaus auch durch Reisen. So kam es ja aus China in die ganze Welt und zum Beispiel im März aus Ischgl zu uns nach Baden-Württemberg“.

Beschluss der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 14. Oktober 2020 zur Bekämpfung der SARS-Cov2-Pandemie (PDF)

Infektionen und Todesfälle in Baden-Württemberg

Aktuelle Informationen zum Coronavirus in Baden-Württemberg

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