Die Landesbeauftragte für Tierschutz, Julia Stubenbord, fordert eine Verschärfung der Regeln zu Tierversuchen in der wissenschaftlichen Lehre. Die Entwicklung neuer Lehrmethoden sei notwendig, um Tierversuche zu vermeiden.
Die grün-schwarze Koalition feilt derzeit an einer Novelle des baden-württembergischen Hochschulgesetzes. Eine der Änderungen umfasst die Einfügung eines neuen Paragraphen 30a, welcher den Verzicht auf die Verwendung von getöteten Tieren in der Lehre normiert, sofern „wissenschaftlich gleichwertige Lehrmethoden und -materialien zur Verfügung stehen oder die mit dem Studium bezweckte Berufsbefähigung dies zulässt“. Die Hochschulen sollen zudem Lehrmethoden entwickeln, um Tierversuche zu vermeiden. Derartige Vorschriften zur Reduzierung von Tierversuchen in der Lehre sind nicht ungewöhnlich, in sieben Bundesländern gibt es bereits entsprechende Regelungen. Zuletzt hatte Rheinland-Pfalz im Oktober 2020 das eigene Hochschulgesetz entsprechend angepasst.
Tierversuche in der Lehre durch Alternativen ersetzen
Die geplante Änderung stößt in der Koalition und der Wissenschaft auf Widerstand. Der Universitätsrat der Universität Hohenheim ist der Auffassung, die Änderung würde die Qualität der baden-württembergischen Hochschulausbildung nachhaltig negativ beeinflussen, auch sieht man die Lehre und den Wissenschaftsstandort in Gefahr. „Die Befürchtungen sind nicht nachvollziehbar. Hier werden allerdings Äpfel mit Birnen verglichen, denn gerade die Wissenschaft sollte unterscheiden können: Die Änderung betrifft die Ausbildung in der Lehre, nicht die angewandte Forschung. Die Universitäten sollten doch lieber zukunftsorientiert sein, da sie die Wissenschaftler von morgen ausbilden, anstatt an veralteten Denkmustern festzuhalten. Mit der neuen Regelung im Hochschulgesetz sollen auf die Tötung von Tieren verzichtet und Tierversuche in der Ausbildung vermieden werden, beides wird dadurch aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen“, so die Landestierschutzbeauftragte Dr. Julia Stubenbord. „Tierversuche in der Ausbildung können seit langem durch alternative Methoden wie Modelle, Operationssimulatoren oder Kadaver ersetzt werden. Eine Vielzahl von Studien zeigt, dass diese Unterrichtsmethoden keinen Nachteil gegenüber der konventionellen Unterrichtung bedeuten.“
Im bundesweiten Vergleich werden in Baden-Württemberg die meisten Tiere für Versuchszwecke verwendet. „Unter anderem wegen der hohen Versuchstierzahlen in Baden-Württemberg sehen wir Handlungsbedarf, Tierversuche möglichst schnell durch Alternativmethoden zu ersetzen und die Anzahl verwendeter Versuchstiere zu reduzieren. Die 2% der verwendeten Tiere in der Aus-, Fort- und Weiterbildung sind zwar nur ein kleiner Teil, aber es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung“, so Stubenbord.
Berichtspflicht durch Tierschutzbeauftragte an den Hochschulen
Bereits im Jahr 2019 fand ein Austausch zwischen der Landestierschutzbeauftragten und dem Wissenschaftsministerium über eine Änderung des Hochschulgesetzes statt. Dabei wurden zusätzlich zu den im derzeitigen Entwurf enthaltenen Einschränkungen noch weitere Ergänzungen vorgeschlagen. So sollte neben der Tötung von Tieren auch auf Tierversuche insgesamt verzichtet werden. Zudem sollte eine Berichtspflicht durch die Tierschutzbeauftragten der Hochschulen über den Stand der Umsetzungen der Maßnahmen an den Senat aufgenommen werden. Evaluationen würden Erkenntnisse liefern, ob die Maßnahmen effektiv und effizient umgesetzt werden, ob weitere Rahmenbedingungen angepasst werden müssen und ob die Einrichtung kontinuierliche Fortschritte in der Umsetzung macht.
„Es ist schade, dass unsere Änderungsvorschläge nur eingeschränkt übernommen wurden. Hoffentlich werden zumindest die geplanten Änderungen durchgesetzt und nicht noch weiter abgeschwächt. Das wäre ein Armutszeugnis für den Wissenschaftsstandort Baden-Württemberg“, so Stubenbord abschließend.