Die aktuelle Studie des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen zeigt große Defizite bei den Grundschülerinnen und Grundschülern in Baden-Württemberg. Das Land hat bereits wichtige Reformen bei der Ausbildung von Lehrkräften eingeleitet, die schon ab diesem Schuljahr Wirkung zeigen. Mit allen an der Ausbildung Beteiligten gilt es jetzt aber, die Studie intensiv zu erörtern und weitere Maßnahmen zu erarbeiten.
„Der erste Blick auf die Ergebnisse der IQB-Studie zeigt bereits: Es gibt dringenden Handlungsbedarf. Wir werden die Ergebnisse deshalb zusammen mit dem Kultusministerium, den Pädagogischen Hochschulen und den für die Grundschulen Verantwortlichen besprechen. Zwar sind wir gut beraten, die Ergebnisse gründlich zu analysieren und keine Schnellschüsse zu machen. Aber wir werden mit der notwendigen Dringlichkeit und Konzentration die nächsten Schritte angehen“, kommentierte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer die Ergebnisse der aktuellen Studie des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB). Nachdem sich die baden-württembergischen Grundschulen im Jahr 2011 im Ländervergleich noch durchweg in der vorderen beziehungsweise der erweiterten Spitzengruppe eingereiht haben, liegen sie nun im Mittelfeld.
Alle seien jetzt gefordert, in ihrem Bereich geeignete Maßnahmen zu entwickeln: von der ersten Phase der Lehrerausbildung über die zweite Phase des Referendariats und die Fortbildungen bis zum Unterrichtsalltag, Lehrerteams und Schulleitungen. „Jetzt geht es darum, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Gemeinsam müssen wir die Aufgabe angehen – beste Bildung in unseren Grundschulen ist unser gemeinsamer Auftrag. Hier wird die Basis für Bildungschancen gelegt“, betonte Bauer. Bereits in den letzten Jahren seien wichtige Reformen eingeleitet worden, weitere Maßnahmen würden nun auf den Weg gebracht.
Wichtige Reformen bereits eingeleitet – Wirkung ab diesem Schuljahr
Die Fachlichkeit der Lehrerinnen und Lehrer und den Schulbezug bereits in deren Ausbildung zu stärken, sei grundsätzlich richtig, so die Ministerin weiter. „Wir haben deshalb bereits in der letzten Legislaturperiode die ersten wichtigen Weichen gestellt und 2011 und 2015 zwei Reformen der Lehrerausbildung auf den Weg gebracht, die genau die Herausforderungen aufgreifen, die nun in den Fokus rücken“, so die Ministerin. Diese beinhalten:
- Mehr fachliche Tiefe durch weniger Studienfächer.
- Dabei verpflichtend Deutsch und Mathematik.
- Eine gleichzeitige Verlängerung des Studiums von sechs auf acht Semester.
- Verpflichtende Studieninhalte zu Fragen der Inklusion und Umgang mit Heterogenität
- Querschnittskompetenzen in der Vermittlung von Deutsch als Zweitsprache.
Diese Reformen müssten aber auch greifen können – „die ersten Lehrkräfte, die in ihrer Ausbildung von der Verlängerung der Studienzeit von sechs auf acht Semester profitiert haben, sind gerade erst in diesem Schuljahr in den Schulen angekommen. Die Lehramtsstudierenden, die in Grundfragen der Inklusion und im Umgang mit zunehmender Heterogenität in den Klassenzimmern ausgebildet werden, stehen noch am Beginn ihrer Ausbildung“, betonte Bauer. Die Lehrerinnen und Lehrer, die aktuell unterrichten, wurden vor diesen Reformen auf der Grundlage der Prüfungsordnung des Kultusministeriums aus dem Jahr 2003 oder vorausgehender Prüfungsordnungen ausgebildet.
Maßnahmen für den Umgang mit Heterogenität
„Gerade die Frage, wie wir mit der Heterogenität und der Vielfalt in den Klassenzimmern umgehen, verlangt neue Antworten. Und dabei geht es sowohl um die Förderung leistungsschwächerer Schülerinnen und Schüler wie auch der Leistungsstärksten. Wir werden deshalb mit allen an der Lehrerbildung Beteiligten, vor allem den Pädagogischen Hochschulen, in einer Fachkonferenz die Rückmeldungen der IQB-Studie intensiv erörtern und auf dieser Basis notwendige Maßnahmen erarbeiten“, kündigte die Ministerin an.
Auch unterstütze das Wissenschaftsministerium die Pädagogischen Hochschulen (PH) bei der stärkeren Erforschung der zentralen Themen. Aktuell laufen die Forschungs- und Nachwuchskolleg.
- „Visualisierungen im Deutsch- und Mathematikunterricht“
- „Effektive Kompetenzdiagnose in der Lehrerbildung“
- „Diagnostische Kompetenzen von Lehrkräften“
„Das nächste Forschungskolleg, das wir noch in diesem Jahr ausschreiben, wird sich mit dem Thema Heterogenität in der Klasse befassen“, kündigte die Ministerin an. Bereits zum 1. August 2017 hat das Wissenschaftsministerium an den Pädagogischen Hochschulen das Promotionskolleg „Deutsch als Zweitsprache“ eingerichtet. „Wir verstärken die Forschungskraft unserer Pädagogischen Hochschulen und bekommen so neue Erkenntnisse für den richtigen Umgang mit den aktuellen Herausforderungen in der Schule.“
Zudem arbeiten das Wissenschafts- und Kultusministerium aktuell gemeinsam daran, dass genügend motivierte und leistungsstarke Lehrerinnen und Lehrer an die Schulen kommen.
FuN-Kollegs und Promotionsprogramme an den Pädagogischen Hochschulen
An den Pädagogischen Hochschulen wurden Forschungs- und Nachwuchs (FuN) Kollegs eingerichtet, die in ihrer Struktur an Graduiertenkollegs der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) angelehnt sind. In diesem Kontext wurde auch die Möglichkeit geschaffen, Lehrerinnen und Lehrer mit dem Ziel der Promotion oder Habilitation aus dem Schuldienst an die Pädagogischen Hochschulen abzuordnen. Aktuelle FuN-Kollegs sind „Visualisierungen im Deutsch- und Mathematikunterricht“ und „Effektive Kompetenzdiagnose in der Lehrerbildung“. Zum 1. August 2017 startete ein weites FuN-Kolleg „Diagnostische Kompetenzen von Lehrkräften: Einflüsse, Struktur und Förderung“.
Ferner können an den Pädagogischen Hochschulen Promotionskollegs eingerichtet werden – dies war zuvor nur an Universitäten möglich –, in die Lehrkräfte mit dem Ziel der Promotion abgeordnet werden. Aktuelle Promotionskollegs sind „Professionalisierung in der Lehrerbildung“ und „Bildungsprozesse in der frühen Kindheit verstehen und unterstützen“. Zum 1. August 2017 wurde ein Promotionskolleg „Deutsch als Zweitsprache“ an den Pädagogischen Hochschulen eingerichtet. Die FuN- und Promotionskollegs greifen aktuelle Themen aus der Lehrerbildung bzw. Bildungswissenschaften auf, die sie wissenschaftliche aufarbeiten und vertiefen. Hieraus entstehen Synergien für die Lehrerbildung an den PHen, aber auch an den Schulen durch diejenigen Lehrkräfte, die nach der Promotion wieder an die Schulen zurückkehren.
Landesprogramm Lehrerbildung
Auch im Landesprogramm Lehrerbildung werden neben Universitäten auch an den Pädagogischen Hochschulen zu spezifischen Themen, unter anderem auch Heterogenität/Deutsch als Zweitsprache und das Thema MINT/Mathematik, bearbeitet. Hier wird unter anderem an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg in einem Projekt das Thema „Deutsch als Zweitsprache in allen Fächern“ bearbeitet (rund 0,9 Millionen Euro). Die Pädagogischen Hochschule Karlsruhe hat zusammen mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ein Projekt „Lehr-Lern-Labore im MINT-Bereich“ eingeworben (rund zwei Millionen Euro).