Eine neue Studie gibt Aufschluss über die länderübergreifenden mineralischen Rohstoffströme in der Bodenseeregion. Die Ergebnisse deuten auf eine überwiegend inländische Verwendung hin: 94 Prozent der in Baden-Württemberg abgebauten mineralischen Rohstoffe bleiben im Land.
In der Region Bodensee-Oberschwaben stehen die Themen Kiesabbau sowie Kiesexporte nach Österreich und in die Schweiz aktuell verstärkt in der öffentlichen Diskussion. Eine Studie (PDF) des Instituts für angewandte Wirtschaftsforschung e. V. (IAW) gibt jetzt Aufschluss über die länderübergreifenden sogenannten Stoffströme. Auftraggeber ist das Umweltministerium mit Unterstützung der Internationalen Bodensee-Konferenz (IBK).
Überwiegend lokale und regionale Verwendung
„Mit der Studie wurde jetzt eine solide Datengrundlage für eine faktenbasierte Diskussion geschaffen“, erklärt Umweltministerin Thekla Walker zur Studie. Demnach deuten die ermittelten Transportweiten auf eine überwiegend lokale bis regionale Verwendung der mineralischen Rohstoffe hin. Die Exporte mineralischer Rohstoffe wie Kies, Sand und Natursteine sowie verarbeiteter Produkte wie Beton und Asphalt liegen in der erwarteten Größenordnung und belasten die heimischen Vorkommen nicht über Gebühr.
Es zeichnet sich laut Studie jedoch ab, dass sich in Vorarlberg der bestehende Mangel an mineralischen Rohstoffen durch eine absehbare Verringerung der Produktionsmenge in den nächsten Jahren verstärken wird – sofern dort keine neuen Abbaustätten ausgewiesen werden. Der Produktionsrückgang müsste gegebenenfalls durch Importe aus Deutschland und Tirol kompensiert werden.
Vorsorge gegen ansteigende Exportquoten treffen
Thekla Walker betont: „Die aktuellen Exportzahlen geben keinen Anlass zur Sorge. Für die Zukunft sollte jedoch Vorsorge getroffen werden, dass sich die Rahmenbedingungen nicht ändern und die Exportquoten nicht ansteigen. Hierzu müssen alle Teilregionen ihre Hausaufgaben erledigen und neue Abbaustätten sichern, ausweisen und genehmigen.“
Für die Studie wurden eine schriftliche Befragung aller rohstoffgewinnenden und -verarbeitenden Unternehmen in der IBK-Region durchgeführt und statistische Sekundärdaten ausgewertet. Die Beteiligung in Baden-Württemberg war in den vier Landkreisen unterschiedlich groß. Während etwa im Landkreis Konstanz 78 Prozent an der Unternehmensbefragung teilnahmen, war die Beteiligung im Landkreis Ravensburg, in dem in jüngster Zeit die Pläne zum Kiesabbau kritisch verfolgt werden, mit 25 Prozent bedauerlicherweise am geringsten. Insgesamt betrachtet war die Beteiligung mit 52 Prozent jedoch überdurchschnittlich.
Ergebnisse der Studie
Die Studie kommt zu folgenden Ergebnissen:
- In allen 15 Teilregionen der IBK gibt es Vorkommen mineralischer Rohstoffe. Meist erfolgt eine raumplanerische Rohstoffsicherung, allerdings unterscheiden sich der dabei betrachtete Planungszeitraum sowie die Vorgehensweise bei der Bedarfsplanung regional.
- Das Gewinnen der mineralischen Rohstoffe ist überall genehmigungspflichtig. Eine Genehmigung wird nur bei Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen insbesondere zum Natur- und Wasserschutz erteilt.
- Feststellbar ist ein Exportüberschuss aus dem deutschen Teilgebiet nach Vorarlberg und in das Schweizer Teilgebiet. Nach der Unternehmensbefragung der Studie liegt die Exportquote des baden-württembergischen Teilgebietes bei etwa sechs Prozent.
- Um die statistische Unsicherheit bewerten zu können, die aus der regional unterschiedlichen Beteiligung bei der Unternehmensbefragung resultiert, wurde in der Studie ein Vergleich mit den Daten der Außenhandelsstatistik vorgenommen. Hieraus wird in der Studie gefolgert, dass die Exporte mineralischer Rohstoffe aus dem baden-württembergischen Teilgebiet nach Vorarlberg in der Unternehmensbefragung nur unvollständig erfasst sind. „Wir bedauern sehr, dass die Unternehmensbefragung bei diesem so wichtigen Thema keine neuen Ergebnisse liefert und die Exportquote für das baden-württembergische Teilgebiet weiterhin nur auf Basis der Außenhandelsstatistik abgeschätzt werden kann“, erklärt Umweltministerin Thekla Walker.
- Nahezu alle Exporte erfolgen nach der Unternehmensbefragung von Standorten, deren Wegstrecke zum nächstgelegenen internationalen Grenzübergang maximal 30 Kilometer beträgt, die nach Vorarlberg aus dem deutschen Teil der IBK-Region exportierenden Standorte sind mehr als 30 Kilometer von der deutsch-österreichischen Grenze entfernt. Von der in Vorarlberg beim Abbau mineralischer Rohstoffe erhobenen Naturschutzabgabe geht – soweit erkennbar – keine Lenkungswirkung aus: Sie ist im Verhältnis zu den Rohstoff- und Transportpreisen relativ gering.
- Die ermittelten Transportweiten deuten auf eine überwiegend lokale bis regionale Verwendung der mineralischen Rohstoffe hin. „Dies entspricht einer aus ökologischen Gesichtspunkten günstigen dezentralen Gewinnung im Sinne des Rohstoffkonzepts des Landes Baden-Württemberg“, sagt Umweltministerin Walker.
- Für die Zukunft sollte laut Studie Vorsorge getroffen werden: Politik, Gesellschaft und Wirtschaft sollten sich weiter intensiv mit der Frage befassen, wie die notwendige Versorgung der Gesellschaft mit mineralischen Rohstoffen noch besser mit den berechtigten Interessen der von Abbau und Transport Betroffenen und den Belangen des Umweltschutzes vereinbart werden kann.
Zur IBK-Region gehören die baden-württembergischen Landkreise Konstanz, Ravensburg, Sigmaringen sowie der Bodenseekreis, die bayerischen Landkreise Lindau und Oberallgäu sowie die kreisfreie Stadt Kempten, das Bundesland Vorarlberg auf österreichischer Seite, die Schweizer Kantone Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden, Schaffhausen, St. Gallen, Thurgau und Zürich sowie das Fürstentum Liechtenstein.