Die Pilotstrecke zu elektrisch betriebenen Oberleitungs-Hybrid-Lastkraftwagen auf der Bundesstraße im Murgtal bei Rastatt startet eine dreijährige Testphase. Das Projekt hilft dabei, den Straßengüterverkehr klimafreundlicher und nachhaltiger zu gestalten.
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, und der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann haben heute, 28. Juni 2021, die Pilotstrecke von eWayBW feierlich in Betrieb genommen. eWayBW ist ein Pilotprojekt zu elektrisch betriebenen Oberleitungs-Hybrid-Lastkraftwagen (Lkw). Auf einer etwa 18 Kilometer langen Pilotstrecke (davon vier Kilometer elektrifiziert) auf der Bundesstraße im Murgtal bei Rastatt können Lkws mit entsprechender Technik über Oberleitungen Fahrstrom beziehen. Gleichzeitig wird eine Batterie aufgeladen, die dem Lkw eine emissionsfreie Weiterfahrt nach Beenden der Oberleitung ermöglicht. Die Testphase dauert bis Juni 2024 an.
Güterverkehr wird klimafreundlicher
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, sagte: „Mit der modernen Technik wird der Güterverkehr klimafreundlicher. Der heutige Tag ist daher ein weiterer wichtiger Schritt für mehr Klimaschutz. Es muss natürlich mehr Verkehr auf die Schiene – auch eine Herausforderung, die mancherorts an ihre Grenzen stößt. Wir brauchen deshalb beides: Ausbau der Schiene und klimafreundliche Lösungen für die Straße. Oberleitungs-Lkw können eine sinnvolle Alternative werden. Oberleitungs-Lkw sind sauberer und effizienter als Lkw mit Dieselantrieb. Die leisen Laster legen viele Kilometer mit geringem Energieaufwand zurück und stoßen keine schädlichen Abgase oder Treibhausgasemissionen aus. Das bestätigen uns die Untersuchungen auf Teststrecken immer wieder. Deshalb fördert das Bundesumweltministerium die Entwicklung von Oberleitungs-Lkw seit vielen Jahren. Mit der Teststrecke im Murgtal sammeln wir wichtige Erfahrungen für die Praxis und nutzen sie für den internationalen Austausch“.
Vergleich von alternativen Antriebslösungen für schwere Nutzfahrzeuge
Winfried Hermann, Verkehrsminister in Baden-Württemberg, teilte mit: „Ich freue mich sehr, dass der Betrieb von eWayBW nun starten kann. Wir sind alle gemeinsam gefordert, den Verkehr – auch und besonders den Güterverkehr – klimafreundlicher zu gestalten. Das Projekt eWayBW hilft dabei, geeignete Lösungen für den Straßengüterverkehr zu finden. Dass der dafür verwendete Öko-Strom aus der Schwarzenbachtalsperre in Forbach kommt, ist besonders toll. Mit dem im Projekt integrierten Technologievergleich werden erstmals alle derzeit erfolgsversprechenden alternativen Antriebslösungen für schwere Nutzfahrzeuge im Realbetrieb erprobt und miteinander verglichen. Das ist weltweit einmalig!“
Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat den Bau der Oberleitungen an der Bundesstraße 462 im Murgtal federführend betreut. Sylvia Maria Felder, Regierungspräsidentin des Regierungspräsidiums Karlsruhe, dankte allen an Planung und Bau Beteiligten. Trotz herausfordernder Begleitumstände seien die Vorbereitungen für die Teststrecke nun gelungen.
Wissenschaftliche Begleitung durch das Fraunhofer-Institut
Die Mobilitätszentrale Baden-Württemberg, die zum Regierungspräsidium Tübingen gehört, wird den Betrieb leiten. „Unsere Aufgabe wird es sein, in den kommenden drei Jahren einen durchgehenden und vor allem sicheren Testbetrieb hier auf der Bundesstraße 462 sicherzustellen. Wir haben uns in den vergangenen Monaten auf unsere neue Aufgabe vorbereitet und sind dafür, auch dank der tollen Unterstützung durch die Projektpartner und die kommunalen Partner hier vor Ort, gut gerüstet,“ sagte der Tübinger Regierungspräsident Klaus Tappeser.
Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet. Das Fraunhofer-Institut für System und Innovationsforschung leitet das Forschungskonsortium eWayBW. Deren Leiter des Competence Centers Energietechnologien und Energiesysteme, Prof. Martin Wietschel, führt aus: „Die Begleitforschung bewertet die wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen und analysiert die Akzeptanz des Pilotbetriebes. Hieraus werden wertvolle Erfahrungen für die künftige Gestaltung eines nachhaltigen Straßengüterverkehrs gewonnen.“
Realitätsnaher Betrieb elektrischer Oberleitungs-Lkw
Ziel des Pilotprojekts eWayBW ist die Durchführung eines realitätsnahen elektrischen Betriebs von Oberleitungs-Hybrid-Lkw, um bisherige Erkenntnisse zu erweitern. Eine wissenschaftliche Begleitforschung wird vor allem Aspekte der Energieversorgung sowie Auswirkungen auf Lärm, Luftschadstoffe und straßenplanerische Maßnahmen untersuchen. Die Bundesstraße 462 im Murgtal wurde für das Pilotprojekt gewählt, weil auf der Strecke jährlich 510.000 Tonnen Papier im 24 Stunden/Sieben Tage-Betrieb von drei Papierherstellern in Obertsrot in ein Logistikzentrum in Kuppenheim im Rheintal gebracht werden. Damit ergibt sich pro Kalendertag die hohe Anzahl von durchschnittlich 64 Umläufen. In Summe legen die Oberleitungs-Hybrid-Lkw damit pro Jahr rund 250.000 Kilometer im Bereich der Oberleitungen zurück. Diese Randbedingungen lassen belastbare Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt erwarten.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat den Bau der Oberleitungen an der Bundesstraße 462 im Murgtal federführend betreut. Die Mobilitätszentrale Baden-Württemberg, die zum Regierungspräsidium Tübingen gehört, wird den Betrieb leiten. Das Projekt wird außerdem wissenschaftlich begleitet. Das Fraunhofer-Institut für System und Innovationsforschung leitet das Forschungskonsortium eWayBW. An der feierlichen Verkehrsfreigabe, die coronabedingt unter freiem Himmel und nur in einem kleinen Personenkreis durchgeführt werden konnte, nahmen am Montag außerdem Amts- und Mandatsträger sowie geladene Vertreter der Projektpartner und beteiligten Firmen teil.
28 Millionen Euro Kosten
Die Kosten für das Projekt betragen insgesamt circa 28 Millionen Euro. Darin sind Planung, Bau und Betrieb sowie die Wissenschaftliche Begleitforschung enthalten. Mit 26,4 Millionen Euro übernimmt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) mit dem Förderprogramm „Erneuerbar Mobil“ einen Großteil der Kosten. Der Eigenanteil des Landes beträgt rund 1,6 Millionen Euro. Damit möchte sich das Land am Forschungsprojekt beteiligen und die innovative Technik mit fördern.
An dem Projekt sind die nachfolgend aufgeführten acht Projektpartner beteiligt: Regierungspräsidium Karlsruhe, Landkreis Rastatt, Südwestdeutsche Landesverkehrs-AG (SWEG), Netze BW sowie das Konsortium Forschung eWayBW, das aus dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung Fraunhofer ISI, der PTV Transport Consult GmbH, dem FZI Forschungszentrum Informatik und dem Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie besteht.
Drei Teststrecken in Deutschland
Über die Projektpartner hinaus gibt es acht weitere Projektbeteiligte, die als assoziierte Partner in eWayBW eingebunden sind. Die assoziierten Partner kommen für ihre Beteiligung selbst auf und erhalten keinerlei finanzielle Unterstützung aus den Zuweisungsmitteln. Auf dieser Grundlage eingebunden sind die Spedition Fahrner GmbH, die Huettemann Logistics GmbH, die Casimir Kast Verpackung und Display GmbH, die Mayr-Melnhof Gernsbach GmbH, die Baden Board GmbH, die Bundesanstalt für Straßenwesen, die e-mobil BW GmbH sowie der Verband Spedition und Logistik Baden-Württemberg.
Das BMU fördert seit vielen Jahren die Weiterentwicklung der Oberleitungstechnologie zur Elektrifizierung des Schwerlastgüterverkehrs. Bis 2024 werden insgesamt drei Teilstrecken gefördert: Neben dem Projekt eWayBW auf einer Bundesstraße in Baden-Württemberg laufen die Projekte ELISA und FESH auf Autobahnen in Hessen und Schleswig-Holstein. Dort sind bereits seit 2019 Oberleitungs-Lkw im realen Transportbetrieb im Einsatz. Das BMU unterstützt alle drei Projekte beim Aufbau der Infrastruktur, beim Betrieb der Teststrecken sowie bei der begleitenden Forschung mit insgesamt rund 103 Millionen Euro.
Quelle:
Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg und Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit