Die Zahl der Frauen mit Migrations- oder Flüchtlingshintergrund, die eine der 124 staatlich anerkannten Schwangerschaftsberatungsstellen in Baden-Württemberg aufsuchen, hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Kenntnisse über kultursensible Beratung, die ein Eingehen auf die verschiedenen kulturellen und religiösen Prägungen der ratsuchenden Frauen ermöglicht, werden für die Arbeit der Beratungsstellen deshalb immer wichtiger.
Je nach Herkunftsland beziehungsweise Kulturkreis bestehen zum Teil deutliche Unterschiede hinsichtlich des Informations- und Beratungsbedarfs zu den Themen Familienplanung und Verhütung. Um die Beratungsstellen bei dieser neuen Herausforderung zu unterstützen, hat das Sozial- und Integrationsministerium gemeinsam mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zu einer Tagung nach Stuttgart eingeladen. Mehr als 100 Teilnehmerinnen informierten sich im Stuttgarter Hospitalhof in Anwesenheit von Staatssekretärin Bärbl Mielich über kultursensible Beratungsmethoden und tauschten Erfahrungen aus.
Einsatz von Dolmetschern ermöglicht Sprachbarrieren zu überwinden
„Die Beratung von Frauen mit Migrationshintergrund bedeutet für die Beraterinnen und für die ratsuchenden Frauen eine große Herausforderung, da auf beiden Seiten oftmals Unkenntnis und Unverständnis für die jeweils andere Kultur vorliegt. Daraus können Missverständnisse entstehen, die einer guten Lösungsfindung im Wege stehen können. Die Landesregierung will jedoch sicherstellen, dass jede Frau – und das gilt insbesondere für schwangere Frauen, die sich in Notlagen befinden – unabhängig von ihrer kulturellen Herkunft oder ihrem Glauben die für sie beste Beratung erhält. Deshalb freue ich mich, dass das Interesse an unserer Veranstaltung so groß ist“, sagte die Staatssekretärin im Sozial- und Integrationsministerium Bärbl Mielich. Sie wies darauf hin, dass das Land bereits seit 2012 den Einsatz von Dolmetschern in der Schwangerschaftsberatung ermöglicht, um Sprachbarrieren zu überwinden.
Schwangerschaftsberatung in Baden-Württemberg
Mit den landesweit 124 Schwangerschaftsberatungsstellen in freier, kirchlicher und kommunaler Trägerschaft und insgesamt 271 vom Land geförderten Fach- und Honorarkräften kommt Baden-Württemberg dem gesetzlichen Auftrag des Gesetzes zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten (Schwangerschaftskonfliktgesetz) nach und stellt ein ausreichendes Angebot wohnortnaher Beratungsstellen im Land sicher. Allein in diesem Jahr stellt das Land für die Beratungsstellen 18,1 Millionen Euro zur Verfügung.
Anonyme Beratung wird ermöglicht
Nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz haben jeder Mann und jede Frau das Recht, sich über Fragen der Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung sowie in allen eine Schwangerschaft berührenden Fragen, auf Wunsch auch anonym beraten zu lassen. Insbesondere die Beratung werdender Mütter in einem Schwangerschaftskonflikt soll Perspektiven für ein Leben mit dem Kind eröffnen. Hierzu informieren die staatlich anerkannten Schwangerschaftsberatungsstellen über bestehende familienfördernde Leistungen und Hilfen für Kinder und Familien, über besondere Rechte im Arbeitsleben sowie über medizinische und rechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Schwangerschaft. Sie unterstützen die Schwangere bei der Durchsetzung von Ansprüchen, bei der Fortsetzung der Ausbildung oder bei der Suche nach einer Betreuungsmöglichkeit. Sie unterstützen auch beim Umgang mit Behörden und vermitteln soziale und wirtschaftliche Hilfen. Darüber hinaus bieten die Schwangerschaftsberatungsstellen psychosoziale Beratung im Zusammenhang mit Pränataldiagnostik an.