2018 sind in Baden-Württemberg rund 7.000 Schöffinnen und Schöffen neu zu wählen. Justizminister Guido Wolf sieht sie als unverzichtbaren Teil der Strafgerichtsbarkeit. Wer sich für das Ehrenamt als Laienrichter interessiert, kann sich ab sofort bei seiner Wohnortgemeinde bewerben.
2018 sind in Baden-Württemberg rund 7.000 neue Schöffinnen und Schöffen neu zu wählen. Das teilten Minister der Justiz und für Europa Guido Wolf und Robert Gunderlach, Landesvorsitzender der Deutsche Vereinigung der Schöffinnen und Schöffen (DVS-BW), Bund ehrenamtlicher Richterinnen und Richter Landesverband Baden-Württemberg e.V., bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit. Die Amtszeit von Schöffen beträgt fünf Jahre.
Schöffinnen und Schöffen sind Laienrichter, die an Strafverfahren mitwirken. In der noch laufenden Amtsperiode sind in Baden-Württemberg insgesamt 3.728 Hauptschöffen (1.841 Frauen und 1.887 Männer) bestellt, von denen 1.971 an den Landgerichten und 1.757 an den Amtsgerichten tätig sind. Auf die Jugendgerichtsbarkeit entfallen insgesamt 1.142 Schöffen, von denen 440 bei den Jugendkammern der Landgerichte und 702 bei den Jugendschöffengerichten der Amtsgerichte tätig sind. Statistische Erhebungen zur Zahl der Hilfsschöffen liegen nicht vor, es dürften jedoch hierfür zwischen 2.500 und 3.000 Personen bestellt worden sein. Hilfsschöffen treten an die Stelle von Hauptschöffen, wenn diese für eine Teilnahme an einer Sitzung kurzfristig nicht zur Verfügung stehen.
Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass auch für die kommende Amtsperiode insgesamt rund 7.000 (Haupt- und Hilfs-) Schöffen benötigt werden.
Unverzichtbarer Teil der Strafgerichtsbarkeit
Minister der Justiz und für Europa Guido Wolf sagte: „Ich weiß, dass es auch Stimmen gibt, die das Schöffensystem in Frage stellen. Für mich sind und bleiben Schöffinnen und Schöffen unverzichtbarer Teil unserer Strafgerichtsbarkeit. Ihr Mitwirken an strafrechtlichen Hauptverhandlungen bedeutet demokratische Teilhabe in einem Kernbereich staatlicher Tätigkeit. Wenn der Staat zu seinem schärfsten Mittel, einer strafrechtlichen Verurteilung, greift, repräsentieren Schöffen die Gesellschaft. Schöffen sollen ihre eigenen Wertungen und Eindrucke aus ihrem gesellschaftlichen und beruflichen Umfeld in richterliche Entscheidungen einbringen. Dabei üben sie das Richteramt in der Hauptverhandlung mit gleichem Stimmrecht wie die Berufsrichter aus. Sie sind keine Richter zweiter Klasse. Da zu jeder für den Angeklagten nachteiligen Entscheidung, die die Schuldfrage und die Rechtsfolgen betrifft, bei der Abstimmung eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich ist, kann gegen den Willen der Schöffen keine Verurteilung erfolgen.“
Minister Wolf weiter: „Die Bedeutung des Schöffenamts ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass Schöffinnen und Schöffen an den Schöffengerichten der Amtsgerichte und den Kleinen Strafkammern sowie den Großen Strafkammern der Landgerichte tätig sind. Über alle schwerwiegenden, umfangreichen und bedeutsamen Anklagevorwürfe entscheidet folglich ein Gericht, in dem Schöffinnen und Schöffen vertreten sind“. Andere Regelungen gelten lediglich für Delikte, die in erster Instanz vor den Staatsschutzsenaten der Oberlandesgerichte verhandelt werden.
Große Verantwortung
Robert Gunderlach, der Landesvorsitzende des Bundes ehrenamtlicher Richterinnen und Richter, Deutsche Vereinigung der Schöffinnen und Schöffen, Landesverband Baden-Württemberg (DVS-BW) e.V. und selbst Schöffe am Amtsgericht Schwäbisch Hall, sagte: „Ehrenamtliche Richterinnen und Richter sind keine nur ‚Dabei-Sitzer‘, keine ‚Bürgerdekoration‘ an den Richtertischen. Sie sind bei Gericht in der Hauptverhandlung und den Beratungen mit ihrer Stimme den Berufsrichtern gleichgestellt. Gegen die beiden Schöffinnen oder Schöffen kann an Schöffengerichten kein Urteil gesprochen werden. Dieser großen Verantwortung ‚im Namen des Volkes‘ zu urteilen, muss man sich bewusst sein. Unsere Justiz braucht deshalb engagierte Frauen und Männer als Schöffinnen und Schöffen, die selbstbewusst, sozial kompetent, dialog- und teamfähig, vorurteilsfrei und neutral im Urteilen sind. Dazu gehören auch Gerechtigkeitssinn, Intuition, logisches Denken in Zusammenhängen sowie Mut zum Richten, also Urteilen über andere Menschen.“ Der gemeinnützige Schöffenverein informiere und unterstütze seine Mitglieder durch Fortbildungsveranstaltungen, Beratungen, Erfahrungsaustausch sowie die Mitgliederzeitschrift „Richter ohne Robe“ und fördere damit die demokratische Beteiligung von Ehrenamtlichen an der Rechtsprechung, so Gunderlach.
Schöffenamt
Das Schöffenamt ist ein Ehrenamt, zu dessen Übernahme grundsätzlich jedermann verpflichtet ist. Zur Mitwirkung im Strafverfahren sind zunächst ausschließlich die Hauptschöffen berufen. Hilfsschöffen treten – wie dargetan – an deren Stelle, wenn diese für eine Teilnahme an einer konkreten Sitzung kurzfristig nicht zur Verfügung stehen. Überdies wird die Schöffenliste im Falle des dauerhaften Ausscheidens von Hauptschöffen (etwa im Falle eines Wegzugs) durch nachrückende Hilfsschöffen aufgefüllt. Bei langwierigen Strafsachen kann die Hinzuziehung von Ergänzungsschöffen angeordnet werden, die ebenfalls an der Verhandlung teilnehmen und im konkreten Verhinderungsfall an die Stelle der Hauptschöffen treten können.
Voraussetzungen für eine Bewerbung um das Schöffenamt
Wer Schöffe oder Schöffin werden möchte, muss die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, zu Beginn der Amtsperiode zwischen 25 und 69 Jahre alt sein, die deutsche Sprache beherrschen und in der jeweiligen Kommune leben. Eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten und ein laufendes Ermittlungsverfahren gegen einen Interessenten sind Ausschlusskriterien. Juristische Vorkenntnisse benötigen Schöffinnen und Schöffen hingegen nicht.
Ablauf des Bewerbungs- und Wahlverfahrens
Wer sich für das Schöffenamt interessiert, muss sich bei seiner Wohnortgemeinde bewerben. Denn die Vorbereitung der Schöffenwahl fällt in die Zuständigkeit der Kommunen. Ihnen wird vonseiten der Gerichte die Zahl der benötigten Schöffinnen und Schöffen mitgeteilt. Daraufhin stellen sie Vorschlagslisten mit geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern auf. Diese Listen sollten mindestens doppelt so viele Personen enthalten, wie tatsächlich benötigt werden. Gewählt werden die Schöffinnen und Schöffen von einem Schöffenwahlausschuss beim Amtsgericht. Er setzt sich aus einem Richter des Amtsgerichts, einem Verwaltungsbeamten sowie sieben Vertrauenspersonen zusammen.
Bewerbungen von Bürgerinnen und Bürgern, die an die jeweilige Wohnortgemeinde zu richten sind, sind ab sofort möglich.
Die Kommunen werden bis 22. Juni 2018 ihre Vorschlagslisten aufstellen und bis 3. August 2018 bei den Amtsgerichten einreichen. Bis 28. September 2018 erfolgt die Wahl der neuen Schöffinnen und Schöffen.