Die sogenannte Limbach-Kommission hat die Rückgabe des Heckel-Gemäldes „Geschwister“ aus der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe an die Erben des jüdischen Sammlers empfohlen. Kunstministerin Theresia Bauer respektiert die Entscheidung und will das Votum dem Kabinett zur Entscheidung vorlegen.
Die Landesregierung hat im September 2019 nach Kabinettsbefassung und mit Zustimmung der Erben des jüdischen Sammlers den Streitfall um das Gemälde „Geschwister“ von Erich Heckel der Beratenden Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter, insbesondere aus jüdischem Besitz – der sogenannten Limbach-Kommission – zur Klärung vorgelegt. Diese hat nach Anhörung der Parteien die Rückgabe des Gemäldes an die Erben von Max Fischer empfohlen. Das Kunstministerium respektiert diese Entscheidung und wird umgehend die erforderlichen weiteren Schritte einleiten. Bereits im November 2018 hatte das Kunstministerium das Kabinett informiert, dass das Votum der Beratenden Kommission umzusetzen sein werde. Das Gemälde ist bislang im Bestand der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe.
Ministerrat entscheidet über Rückgabe des Gemäldes
„Unrecht kann nicht ungeschehen gemacht werden. Es ist dem Land Baden-Württemberg daher ein umso größeres Anliegen, sämtliche Kulturgüter in Landesbesitz, die den Verfolgten der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft entzogen worden sind, zu ermitteln und zurückzugeben“, sagte Kunstministerin Theresia Bauer. In Einzelfällen könne die Beurteilung, ob ein NS-verfolgungsbedingter Entzug vorliegt, aber schwierig sein, trotz intensiver Recherchearbeiten, die von Provenienzforscherinnen und -forschern im Land geleistet werden. „Gerade für diese besonderen Fälle wurde die Beratende Kommission am Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste in Magdeburg eingerichtet, die wir erstmals in dieser Angelegenheit angerufen und zu Rate gezogen haben. Die nun vorliegende Empfehlung der Beratenden Kommission wird dem Kabinett zeitnah zur Entscheidung vorgelegt.“
Nach den haushaltrechtlichen Vorgaben des Landes hat der Ministerrat abschließend über die Rückgabe des Gemäldes zu entscheiden und wird sich so bald wie möglich mit dem entsprechenden Verfahrensvorschlag des Kunstministeriums befassen.
Erben stellten Restitutionsansprüche
„Der Kunsthalle Karlsruhe ist es sehr wichtig, die Provenienzen aller Werke der Sammlung zu klären und wenn notwendig auch bedeutende Kunst zu restituieren. Aufgrund der großen Provenienzlücke im Fall von Heckels „Geschwister“ war die Anrufung der Beratenden Kommission der einzige sinnvolle Weg“, so die Direktorin der Kunsthalle Karlsruhe, Prof. Dr. Pia Müller-Tamm. Das Gemälde soll nach dem Willen der Erben im Virginia Museum of Fine Arts, Richmond, USA, weiterhin öffentlich sichtbar sein. „Dies bietet die Chance, mit dem Museum über die Möglichkeit einer Kooperation nachzudenken. Heckels „Geschwister“ verbindet ab jetzt unsere Häuser“, so Pia Müller-Tamm.
Das Gemälde war 1934 noch Eigentum des jüdischen Sammlers Max Fischer und gelangte auf nicht mehr aufklärbare Weise wieder in den Besitz Erich Heckels, der das Gemälde dann 1967 der Kunsthalle Karlsruhe überließ. Max Fischer reiste 1935 in die USA und kehrte aufgrund der ihm drohenden Verfolgung nicht mehr nach Deutschland zurück. Die Erben des ehemaligen jüdischen Eigentümers hatten Restitutionsansprüche geltend gemacht. Die Kunsthalle Karlsruhe und das Kunstministerium gingen nach eingehender Prüfung des Sachverhaltes zunächst nicht von einem Restitutionsfall aus. Da aber aufgrund des nicht mehr vollständig aufklärbaren Sachverhalts auch andere Wertungen denkbar sind, haben Ministerium und Kunsthalle mit Zustimmung der Erben den Fall der Beratenden Kommission vorgelegt.
Historische Verantwortung
„Die Landesregierung ist sich ihrer historischen Verantwortung bewusst, Kulturgüter, die den Verfolgten des Nationalsozialismus entzogen worden sind, zu ermitteln und zurückzugeben. Deshalb haben wir die Provenienzforschung in den staatlichen Museen, im Landesarchiv und in der Archivverwaltung sowie den beiden Landesbibliotheken in Karlsruhe und Stuttgart im letzten Jahrzehnt erheblich intensiviert“, so Bauer weiter. Seit Ende 2009 beschäftige das Land drei Wissenschaftlerinnen im Bereich der Provenienzforschung, die seit 2013 vollständig aus Mitteln des Landes finanziert werden.
Dank der systematischen Provenienzforschung in Baden-Württemberg konnte die Provenienz für eine sehr große Zahl an Objekten bereits verlässlich aufgeklärt werden. In vielen Fällen wurden die Rückgabeverfahren von den Landeseinrichtungen aufgrund ihrer Recherchen selbst eingeleitet und die berechtigten Erben ermittelt. Das Wissenschaftsministerium orientiert seine Restitutionsentscheidungen an den Vorgaben der sogenannten „Washingtoner Erklärung“ und der „Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“.
Das Wissenschaftsministerium orientiert seine Restitutionsentscheidungen an den Vorgaben der sogenannten „Washingtoner Erklärung“ und der „Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“.