Eine gemeinsame Richtlinie des Wirtschaftsministeriums und des Sozialministeriums legt fest, unter welchen Voraussetzungen der Einzelhandel wieder geöffnet werden kann. So werden zum Beispiel die Hygieneregeln konkretisiert und beschrieben, wie die Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern zu berechnen ist.
Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau und das Ministerium für Soziales und Integration haben heute auf Basis der innerhalb der Landesregierung erfolgten Abstimmungen eine gemeinsame Richtlinie zu den Voraussetzungen der Öffnung im Einzelhandel veröffentlicht. Mit dieser Richtlinie wird in Form einer Checkliste konkretisiert, welche Hygieneregeln von Geschäften des Einzelhandels einzuhalten sind. Zudem enthält die Richtlinie Vorgaben, nach welchen Regeln die Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern zu berechnen ist, bis zu der Geschäfte des Einzelhandels aufgrund der Corona-Verordnung ab dem 20. April 2020 wieder öffnen dürfen.
„Mit dieser Regelung haben die Verkaufsstellen des Einzelhandels einheitliche und klare Vorgaben an der Hand, wie die verschiedenen Vorgaben des Arbeitsschutzes und des Infektionsschutzes, insbesondere aufgrund der Corona-Verordnung, erfüllt werden können. Damit geben wir den Betrieben eine wichtige Hilfestellung und Orientierung, unter welchen Voraussetzungen eine Öffnung ab Montag wieder möglich ist“, so Ministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut. „Auch für die Frage der Berechnung der Verkaufsfläche gibt es eine klare Regelung: Abtrennungen und Teilöffnungen von Verkaufsflächen sind nicht zugelassen.“
Strikte Einhaltung der Hygiene-Etikette
Sozialminister Manne Lucha erklärte: „Der Gesundheitsschutz, die strikte Einhaltung der Hygiene-Etikette und fürsorgliches Abstandhalten stehen für uns nach wie vor absolut im Vordergrund. Nur auf diesem Weg kann es uns gelingen, die Ausbreitung des Virus abzubremsen und eine zweite Welle zu verhindern. Also gilt es jetzt eine Sogwirkung in die Innenstädte und Shoppingcenter effektiv zu vermeiden. Bei diesem ersten Schritt zu einer vollständigen Verkaufsöffnung haben wir uns deshalb für eine vorsichtige Variante entschieden. Wir werden die Wirksamkeit der bisherigen und der neuen Regeln genau beobachten und regelmäßig prüfen, ob die Infektionsschutzkonzepte sowie Abstands- und Hygieneregeln der Unternehmen funktionieren.“
„Wir werden alles tun, damit die jetzt noch beschränkten Branchen und Bereiche nicht länger als nötig ihre Geschäfte und Einrichtungen geschlossen halten müssen. Umso wichtiger ist es jetzt, dass alle die Hygiene- und Abstandsregeln konsequent und sorgfältig befolgen, damit es zu keinem erneuten Anstieg der Infektionszahlen kommt. Wenn uns dies erfolgreich gelingt, können wir hoffentlich schon bald über weitergehende Öffnungen nachdenken“, so Hoffmeister-Kraut.
Richtlinie zur Öffnung des Einzelhandels
Mit der gemeinsamen Richtlinie des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau und des Ministeriums für Soziales und Integration zur Öffnung von Einrichtungen des Einzelhandels gemäß § 4 Absatz 3 der Corona-Verordnung, werden die Voraussetzungen für die Öffnung im Einzelhandel aufgrund der Corona-Verordnung näher geregelt.
Die Richtlinie legt dabei fest, wie die Verkaufsfläche von 800 qm, bis zu der Einzelhandelsläden gemäß § 4 Absatz 3 Nr. 12a der Corona-Verordnung der Landesregierung in der neuesten Fassung grundsätzlich öffnen dürfen, konkret zu berechnen ist. Dabei stellt die Richtlinie auf die Kriterien des Bundesverwaltungsgerichts ab, die auch der Flächenberechnung im Baugenehmigungsverfahren zugrunde liegen. Damit wurde eine bewährte und überprüfbare Methode gewählt, um etwaige Zweifelsfälle klären zu können.
Zudem wird in der Richtlinie geregelt, welche Hygienevorschriften konkret von den Geschäften des Einzelhandels erfüllt werden müssen, um die Vorgaben der Corona-Verordnung und des Arbeitsschutzes zu erfüllen. In Form einer Checkliste wird leicht nachvollziehbar aufgelistet, welche Maßnahmen zu ergreifen sind. So sind etwa zur Sicherung des Mindestabstands Markierungen auf dem Boden vor Kassenarbeitsplätzen anzubringen und die Anzahl der Kunden im Geschäft in Abhängigkeit von der Verkaufsfläche zu begrenzen. Konkrete Vorgaben zu Reinigungsintervallen von Kassenarbeitsplätzen und Pausenräumen sind ebenso enthalten wie die Pflicht zur Bereitstellung von ausreichenden Waschgelegenheiten für die Beschäftigten. Im Rahmen der verpflichtenden Gefährdungsbeurteilung im Arbeitsschutz sind weitere individuell angemessene Maßnahmen zu prüfen, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren.
Auslegungshilfe zu Ladenschließungen (PDF)
Gemeinsame Richtlinie des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau und des Ministeriums für Soziales und Integration zur Öffnung von Einrichtungen des Einzelhandels gemäß § 4 Absatz 3 der Corona-Verordnung
Paragraph 4 Absatz 3 der aktuellen Corona-Verordnung der Landesregierung in der Fassung vom 17. April 2020 sieht vor, dass bestimmte Einrichtungen, darunter auch Einrichtungen des Einzelhandels, öffnen dürfen. Voraussetzung einer Öffnung ist gemäß Paragraph 4 Absatz 5 der Corona-Verordnung darüber hinaus, dass die Einhaltung der erforderlichen Hygienestandards sichergestellt ist. Daneben stellt das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) grundlegende Anforderungen an den Schutz von Beschäftigten bei der Arbeit, die auch das aktuelle Infektionsrisiko durch SARS-CoV2 berücksichtigen müssen. Wesentliche Anforderung ist, dass der Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach dem ArbSchG die erforderlichen Schutzmaßnahmen festlegen muss.
Zur näheren Konkretisierung sowohl der Vorgaben der Corona-Verordnung als auch des Arbeitsschutzgesetzes für zu öffnende Einrichtungen des Einzelhandels ergehen daher die nachfolgenden gemeinsamen Konkretisierungen. Sie gelten für alle Einrichtungen des Einzelhandels, die aufgrund der Corona-Verordnung öffnen dürfen. Zudem wird die konkrete Auslegung des aus Gründen des Infektionsschutzes geschaffenen Flächenkriteriums in Paragraph 4 Absatz 3 Nummer 12 a der Corona-Verordnung definiert. Diese Hinweise dienen den Betreibern von Einrichtungen des Einzelhandels als Checkliste zur Umsetzung der rechtlichen Vorgaben und den Vollzugsbehörden im Arbeitsschutz und bezüglich des Infektionsschutzes als Kriterienkatalog bei der Überprüfung der Einhaltung der Vorschriften.
Alle Geschäfte, die bisher schon geöffnet waren, dürfen weiterhin geöffnet bleiben (ohne eine Begrenzung der Verkaufsfläche). § 4 Abs. 3 Nr. 12 a der CoronaVerordnung bietet eine zusätzliche Öffnungsmöglichkeit für alle Geschäfte, die aufgrund sonstiger Vorschriften der Corona-Verordnung nicht öffnen dürfen und deren geöffnete Verkaufsfläche 800 m² nicht übersteigt. Zweck dieser Flächenbegrenzung ist es, die Verkaufsöffnung so zu begrenzen, dass die Kundenfrequenz auf ein unter dem Gesichtspunkt des Infektionsschutzes vertretbares Maß begrenzt bleibt
1. Definition der Verkaufsfläche
Zur Verkaufsfläche zählen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts diejenigen Flächen, auf denen Waren präsentiert werden und gekauft werden können. Verkaufsfläche ist also die Fläche, auf der die Verkäufe abgewickelt werden und die von den Kunden zu diesem Zweck betreten werden darf. Grundsätzlich kann auf die baurechtliche Genehmigung abgestellt werden.
Im Einzelnen zählen somit zur Verkaufsfläche:
- Die Flächen des Windfangs und des Kassenvorraums (einschließlich des Bereichs zum Einpacken der Ware und zum Entsorgen des Verpackungsmaterials).
- Diejenigen Bereiche innerhalb eines Selbstbedienungsladens, die vom Kunden zwar aus betrieblichen und hygienischen Gründen nicht betreten werden dürfen, in denen aber die Ware für ihn sichtbar ausliegt (zum Beispiel Käse-, Fleisch, und Wursttheke und so weiter) und in denen das Personal die Ware zerkleinert, abwiegt oder abpackt.
- Gänge, Treppen, Aufzüge, Standflächen für Einrichtungsgegenstände sowie Schaufenster sind zur Verkaufsfläche zu zählen, sofern sie sich beispielsweise innerhalb des durch Kunden betretbaren Verkaufsraumbereiches befinden.
Nicht zur Verkaufsfläche zählen:
- Flächen, auf denen für den Kunden nicht sichtbar die handwerkliche und sonstige Vorbereitung (Portionierung etc.) erfolgt, sowie die (reinen) Lagerflächen.
- Flächen vor Notausgängen.
- Außerhalb der Verkaufsstätte liegende überdachte Abstellfläche für Einkaufswagen.
Ob es sich um einen einzigen oder um mehrere (Einzelhandels-)Betriebe handelt, bestimmt sich nach baulichen und betrieblich-funktionellen Gesichtspunkten. Ein Einzelhandelsbetrieb ist nur dann als selbstständig anzusehen, wenn er unabhängig von anderen Betrieben genutzt werden kann und deshalb als eigenständiges Vorhaben genehmigungsfähig wäre. Ist innerhalb eines Gebäudes die Betriebsfläche baulich in mehrere selbstständig nutzbare betriebliche Einheiten unterteilt, bilden diese Einheiten gleichwohl einen Einzelhandelsbetrieb im Sinne des Paragraph 11 Absatz 3 der Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (BauNVO) wenn die Gesamtfläche durch einen Einzelhandelsbetrieb als Hauptbetrieb geprägt wird und auf den baulich abgetrennten Flächen zu dessen Warenangebot als Nebenleistung ein Warenangebot hinzutritt, das in einem inneren Zusammenhang mit der Hauptleistung steht, diese jedoch nur abrundet und von untergeordneter Bedeutung bleibt (zum Beispiel Backshop und Laden für Toto/Lotto, Zeitschriften und Schreibwaren).
2. Abtrennung von Verkaufsflächen
Geschäfte, deren Verkaufsfläche die Fläche von 800 Quadratmeter übersteigt, dürfen eine Verkaufsfläche von bis zu 800 Quadratmetern Fläche abtrennen und diese für den Verkauf öffnen.
Die nicht genutzte Verkaufsfläche ist deutlich und sichtbar von der zulässigen Verkaufsfläche abzugrenzen (zum Beispiel durch Stellwände). Die nicht genutzte Verkaufsfläche darf für den Kundenverkehr nicht zugänglich sein.
3. Gebäude mit mehreren, rechtlich unabhängigen Geschäften
In Gebäuden mit mehreren, rechtlich voneinander unabhängigen Geschäften (Shoppingcenter, Outlet-Center usw.) wird jedes Geschäft gesondert betrachtet. Maßgeblich für die Beurteilung der Verhältnisse ist der Tag des Inkrafttretens von Paragraph 12 Absatz 3 Nummer 12 a der Corona-Verordnung. Nachträgliche Änderungen der rechtlichen Verhältnisse bleiben unbeachtlich.
Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau und das Ministerium für Soziales und Integration halten die Einhaltung folgender Regeln durch den Betreiber von Einrichtungen des Einzelhandels für erforderlich und bitten die Vollzugsbehörden im Arbeitsschutz sowie die Ortspolizeibehörden bezüglich des Infektionsschutzgesetzes, bei der Überwachungstätigkeit und bei der Beantwortung von Anfragen Folgendes zu beachten.
1. Technische Schutzmaßnahmen
- An den Kassenarbeitsplätzen sind zwischen Kassenpersonal und Kundschaft geeignete Trennvorrichtungen anzubringen, etwa in Form einer sichtdurchlässigen Abschirmung aus Glas oder Plexiglas oder notfalls in Form eines mit Klarsichtfolie bespannten Rahmens.
- Markierungen am Boden im Zulauf zu den Kassenarbeitsplätzen sind mit einem Mindestabstand von 1,5 Meter als Orientierungshilfe für die Kunden anzubringen.
- Nach Möglichkeit soll auf Bezahlung mit Bargeld verzichtet werden und bargeldlose Zahlungsmöglichkeiten genutzt werden. In Fällen, in denen dies nicht möglich ist, hat die Übergabe des Geldes über eine geeignete Vorrichtung oder eine Ablagefläche zu erfolgen, so dass ein direkter Kontakt zwischen Kunde und Kassierer bei der Bezahlung vermieden wird.
- Nach Möglichkeit sollten Ein- und Ausgang getrennt werden und etwaige Wartebereiche vor dem Eingang mit Abstandsmarkierungen versehen werden.
2. Abstandsregelungen
- Auf die Einhaltung eines generellen Mindestabstands von 1,5 Meter ist zu achten.
- Den Kunden muss durch Aushang oder mündliche Mitteilung vor Betreten des Marktes vermittelt werden, dass zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wie auch zu den anderen Kunden grundsätzlich und wo immer möglich ein Abstand von mindestens 1,5 Meter einzuhalten ist und den Kunden das Tragen einer Mund- Nasen-Bedeckung (Community-Maske) empfohlen wird.
- Die Anzahl der Kunden im Geschäft ist in Abhängigkeit von der Verkaufsfläche so zu begrenzen, dass die Abstandsregeln eingehalten werden können. Richtgröße für eine angemessene Anzahl von Kunden sind hierbei 20 Quadratmeter Verkaufsfläche pro Person (einschließlich der Beschäftigten).
- Als ergänzende Maßnahme ist das Tragen eines für die jeweilige Situation geeigneten Mund- Nasenschutzes (zum Beispiel eine Community-Maske) durch die Beschäftigten in Betracht zu ziehen.
3. Hygiene und Desinfektion
- Allgemeine Hygieneregeln sind in besonderem Maße zu beachten.
- Für die Kunden ist vor Betreten des Geschäfts nach Möglichkeit die Gelegenheit zur Handdesinfektion zu schaffen.
- Für die Beschäftigten ist eine ausreichende Anzahl an Handwaschgelegenheiten mit fließendem Wasser, Seife und Einmalhandtüchern in der Nähe der Arbeitsplätze bereitzustellen.
- Pausenräume oder -bereiche und Sanitärbereiche sind mindestens täglich zu reinigen.
- Kassenpersonal ist die Möglichkeit zur Handdesinfektion am Arbeitsplatz zu geben.
- Bei jedem Personalwechsel am Kassenarbeitsplatz sind Tastatur, Touchbildschirm oder häufig berührte Flächen zu reinigen
- Gegenstände, die auch von Kunden angefasst werden wie Türgriffe, Handläufe an Treppen oder ähnliches sind mehrmals täglich zu reinigen.
- Von Kunden retournierte Waren sind mit geeigneten Schutzmaßnahmen, etwa durch Tragen von Handschuhen oder umgehender Handdesinfektion, entgegenzunehmen und für die Dauer einer Woche separiert aufzubewahren.
- Im Handel mit Kraftfahrzeugen und im Handel mit Fahrrädern sind Fahrzeuge und Fahrräder nach Probefahrten zu reinigen (Lenker/Fahrersitz/Sattel/Armaturen).
- Kunden in Bekleidungsgeschäften sind durch Aushang darauf hinzuweisen, dass gekaufte Kleidung unmittelbar nach Erwerb zu Hause gewaschen werden sollte.
4. Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung
- Die Gefährdungsbeurteilung und die Unterweisungen sind mit Blick auf den Sonderfall einer Infektionsgefährdung durch das Corona-Virus zu ergänzen. Dabei ist zu prüfen, wie die Infektionsgefährdung unter Berücksichtigung der Bedingungen am Arbeitsplatz weiter reduziert werden kann. Beispiele für mögliche Maßnahmen sind zum Beispiel ein Schichtbetrieb mit festen Teams, um Kontakte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu minimieren oder die Bereitstellung von Parkplätzen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um die Benutzung des öffentlichen Personennahverkehrs zu vermeiden.
- Beschäftigte mit erhöhtem Risiko für einen schweren Verlauf einer COVID-Erkrankung können unter Berücksichtigung der ergänzten Gefährdungsbeurteilung nach Paragraph 5 ArbSchG gegebenenfalls nur für bestimmte Tätigkeiten eingesetzt werden.Für Schwangere gelten besondere Regelungen.
Stuttgart, den 22. April 2020