Vermessungsexperten aus Österreich, der Schweiz, Bayern und Baden-Württemberg sowie Vertreter des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie haben sich in Konstanz getroffen. Sie haben unter anderem eine Kooperation zur Schaffung einer hochgenauen, einheitlichen Höhenbezugsfläche beschlossen.
„Die Gegebenheiten in der Bodenseeregion sind für die Vermessungsexperten der Bodensee-Anrainerländer alles andere als einfach. Die massigen Alpengipfel, die Übergänge der jeweiligen geodätischen Systeme an den Landesgrenzen und nicht zuletzt das ‚Schwäbische Meer‘ selbst, machen Messungen und die Bereitstellung von einheitlichen Geobasisdaten zur Herausforderung. Eine gute länderübergreifende Zusammenarbeit und ein permanenter Informationsaustausch sind deshalb der Schlüssel zur gemeinsamen Bewältigung dieser Aufgabe“, sagte die Staatssekretärin im baden-württembergischen Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Friedlinde Gurr-Hirsch in Konstanz im Bodenseekreis.
Die Chefs der Vermessungsverwaltungen aus Österreich, der Schweiz, Bayern und Baden-Württemberg trafen sich mit Vertretern des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie (BKG) in Konstanz, mit dem Ziel, neben dem fachlichen Austausch vor allem auch neue gemeinsame Geo-Projekte auf den Weg zu bringen, die die europaweit wichtige Tourismusregion Bodensee als Ganzes voranbringen.
Gemeinsame Bezugsgröße
Bei der Konstanzer Tagung beschlossen die Partner unter anderem eine Kooperation zur Schaffung einer hochgenauen, einheitlichen Höhenbezugsfläche, einem sogenannten Geoid. Dieses ist insbesondere für präzise Höhenmessung von Bedeutung. Höhenangaben beziehen sich grundsätzlich auf einen mittleren Meeresspiegel, daher stammen auch die früher gebräuchlichen Angaben „Höhe über Normal-Null” oder in abgekürzter Schreibweise „Höhe über N. N.”.
„Durch die Schwerkraft des Alpenmassivs kommt es im Bodenseeraum jedoch zu nicht unwesentlichen Einflüssen, so dass zwischen Punkten gleicher Höhe in Wirklichkeit Wasser fließen könnte“, so Friedlinde Gurr Hirsch. Um den Einfluss der Alpen diesbezüglich so gut wie möglich auszugleichen, bezöge die Vermessung im Bodenseeraum nun erstmals flächendeckend und grenzüberschreitend exakte Schweremessungen in ihre Höhenberechnung mit ein. Hierzu sollten zukünftig umfangreiche Daten zwischen den Partnern ausgetauscht werden, etwa Daten zur Schweremessung aus Satellitenbefliegungen. Aus diesen Daten werde mit Unterstützung von Hochschulen und Universitäten das neue Modell berechnet.
Hintergrund
Vorstellen kann man sich den Einfluss der Schwere auf die Höhemessungen mit folgendem Beispiel: Ein zehn Kilogramm Wanderrucksack würde beispielsweise oben auf dem Säntis ungefähr vier Gramm weniger wiegen, als unten am Bodensee. Dieses Phänomen ist durch die Erdanziehung bedingt. Es hat wiederum Auswirkungen auf die Form und Höhe des gedanklich unter den Landflächen fortgesetzten Meeresspiegels und damit auch auf die Höhenangaben im Bodenseeraum. Obwohl diese Abweichung im Alltag kaum zu spüren sein dürfte, ist die zwischen den Ländern abgestimmte neue Höhenbezugsfläche für die Landesvermessung durchaus von Bedeutung. Auch in navigationstechnisch sehr sensiblen Bereichen, wie beispielsweise der Luftfahrt, dürfte das Projekt sehr positiv gesehen werden.
In Anlehnung an die Alpen als „Dach Europas” und die mitwirkenden Kooperationspartner Deutschland (D), Österreich (A) und Schweiz (CH), trägt die neue Höhenbezugsfläche für den Bodenseeraum den Namen „D-A-CH Geoid“.
Bundesamt für Kartographie und Geodäsie: Die Höhenbezugsfläche von Deutschland
Beteiligte Institutionen
Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG)
Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV)
Bundesamt für Landestopografie swisstopo
Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Baden-Württemberg (LGL)
Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung Bayern (LDBV)