Mobilität

Online-Fachgespräch zu nachhaltiger Mobilität und sozialer Gerechtigkeit

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Ein Rollstuhlfahrer steht mit seinem Elektro-Rollstuhl am Bahnhof an einem Gleis. (Bild: picture alliance/Marijan Murat/dpa)

Im Rahmen eines Online-Fachgesprächs diskutierten Verkehrsminister Winfried Hermann und Sozialminister Manne Lucha mit Vertretungen unterschiedlicher sozialer Gruppen über eine klimaorientierte Verkehrswende und die Einbeziehung mobilitätseingeschränkter oder anderweitig benachteiligter Bevölkerungsgruppen.

Beim Online-Fachgespräch „Nachhaltige Mobilität und soziale Gerechtigkeit“ am Mittwoch, 7. Oktober 2020, haben die Interessenvertretungen verschiedener sozialer Gruppen mit Verkehrsminister Winfried Hermann und Sozialminister Manne Lucha diskutiert, wie die Verkehrswende auch mobilitätseingeschränkten oder anderweitig benachteiligten Bevölkerungsgruppen zugutekommt.

Teilhabe durch gleichwertige Mobilitäts-Chancen

Verkehrsminister Hermann sagte: „Wir brauchen die klimaorientierte Verkehrswende. Sie verbessert zugleich die Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe durch gleichwertige Mobilitäts-Chancen. Heute haben Kinder, Alte und Arme das Nachsehen im Verkehr, denn sie können sich ohne Pkw vielerorts nicht eigenständig fortbewegen, ihren Supermarkt oder Arzt nicht erreichen und bleiben häufiger den ganzen Tag zu Hause. Das muss in einem auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz ausgerichteten Mobilitätssystems berücksichtigt werden.“

Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha: „Eine zukunftsfähige, nachhaltige Mobilität muss für alle Bürgerinnen und Bürger verfügbar, bezahlbar und barrierefrei sein. Verkehr und soziale Aspekte gehören deshalb unbedingt zusammen, wenn wir eine Mobilität für alle haben wollen. Es geht um Lebensqualität und Selbstbestimmung und um gleiche Chancen. Denn nur wer auch mobil ist, kann wirklich an der Gesellschaft teilhaben.“

Partizipation ist ohne Mobilität nicht möglich

Im Auftrag des Verkehrsministeriums und in Zusammenarbeit mit dem Sozialministerium hat die FamilienForschung des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg das Fachgespräch vorbereitet, das live aus dem Sozialministerium übertragen wurde. Inwiefern die Zielsetzungen einer nachhaltigen Mobilitätswende mit den Interessen benachteiligter und mobilitätseingeschränkter Bevölkerungsgruppen zusammenlaufen und was im Hinblick auf eine sozialverträgliche Verkehrspolitik zu beachten ist, schätzen die Teilnehmenden der Diskussion wie folgt ein:

Roland Saurer, Landesarmutskonferenz: „Politisch-gesellschaftliche Partizipation ist ohne Mobilität nicht möglich. Insofern wird Mobilität zu einem Grund- und Menschenrecht.“

Bernd Ebert, Landesseniorenrat Baden-Württemberg: „Der klimaneutrale Verkehr der Zukunft ist gekennzeichnet von einer Abnahme des Individualverkehrs unter gleichzeitiger Zunahme des öffentlichen Verkehrs. Die attraktiven, komfortablen, vertakteten, barrierefreien, für jeden bezahlbaren und verlässlichen Angebote der öffentlichen Mobilität bis zur letzten Meile sichern für Jung und Alt die Teilhabe am Leben in einer sich verändernden Gesellschaft.“

Barrierefreie Reisemöglichkeiten

Holger Hoffmann, Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden‐Württemberg e.V.: „Wir begrüßen es sehr, den Verkehr nachhaltig umweltverträglicher zu gestalten. Dabei ist immer auch zu berücksichtigen, dass Mobilität eine wichtige Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist. Unser Anliegen ist es daher insbesondere, die Mobilität von Menschen in prekären Einkommenssituationen und/oder mit individuellen Beeinträchtigungen zu verbessern. Das gilt auch für den ländlichen Raum.“

Stephanie Aeffner, Landesbehindertenbeauftragte: „Wenn wir eine Verkehrs- und Mobilitätswende erreichen wollen, müssen wirklich alle Menschen die Möglichkeit haben, vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Dafür braucht es – gerade in einer älter werdenden Gesellschaft – überall barrierefreie Reisemöglichkeiten. Das reicht vom Kauf von Tickets über die Fahrgastinformationen bis zur Gestaltung der Verkehrsmittel und Haltepunkte. Und wir müssen die Finanzierung sozial gerecht gestalten. Es darf nicht länger sein, dass wir im Hartz-IV-Satz gerade knapp über 30 Euro für Mobilität vorsehen und gleichzeitig scheinbar unbegrenzt Steuermittel für den Bau von Straßen für den motorisierten Individualverkehr ausgeben können. Gerade ältere Menschen und solche mit Behinderungen sind überdurchschnittlich oft von Armut betroffen. Mobilität für alle gehört zur Daseinsvorsorge und muss allen Menschen Teilhabe garantieren. Dafür brauchen wir eine Finanzierung des öffentlichen Verkehrssektors, die Mobilität unabhängig von den individuell zur Verfügung stehenden Finanzmitteln für alle ermöglicht.“

Benjamin Lachat, Städtetag Baden-Württemberg: „Sich in seinem Lebensraum frei bewegen zu können, ist ein wichtiges Grundbedürfnis aller Menschen. Daher ist es für die Städte beim Thema Mobilität von zentraler Bedeutung, mit und für alle Bürgerinnen und Bürger Wege zu ebnen. Die inklusive Quartiersentwicklung, die vor Ort alle Menschen in all ihren Lebenslagen und Lebensbezügen in den Blick nimmt, ist hierfür der richtige Ansatz.“

FamilienForschung Baden-Württemberg: Online-Fachgespräch zu nachhaltiger Mobilität und sozialer Gerechtigkeit

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