Im Kernkraftwerk Philippsburg ist kontaminierte Flüssigkeit innerhalb eines Sperrbereichs ausgetreten. Für die Menschen und die Umwelt bestand zu keiner Zeit Gefahr.
Der Betreiber des stillgelegten Kernkraftwerks Philippsburg hat am 14. Dezember 2022 schwach radioaktiv kontaminiertes Abwasser in einen Puffertank, der sich in einem als Sperrbereich ausgewiesenen Raum in Block 1 des Kernkraftwerks befindet, gepumpt. Am Nachmittag des gleichen Tages zeigte eine automatische Meldung an, dass in diesem Raum Wasser ausgetreten ist.
Als Ursache hat der Betreiber eine Undichtigkeit an einer Flanschverbindung festgestellt. Diese war, um das System von dauerhaft außer Betrieb genommenen Komponenten abzutrennen, mittels Steckscheibe dichtgesetzt worden. Insgesamt sind rund 400 Liter Flüssigkeit innerhalb des Raums ausgetreten. Da dieser für solche Leckagen ausgelegt ist, wurde die ausgetretene Flüssigkeit durch entsprechende Vorrichtungen aufgefangen.
Durch Nachziehen der Flanschverbindung hat das Betriebspersonal die Leckage gestoppt und die Aktivität des ausgetretenen Mediums bestimmt sowie Kontaminationsmessungen durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass die Aktivität der ausgetretenen Flüssigkeit gering war. Der Austritt erfolgte in einem Sperrbereich, in dem sich im Normalfall keine Personen aufhalten. Über Bodenabläufe ist Flüssigkeit in dafür vorgesehene Bereiche des Reaktorgebäudes abgeflossen. Es gab keine Kontaminationsverschleppung oder radiologischen Auswirkungen auf Personen und die Umwelt. Die sicherheitstechnische Bedeutung des Befundes ist daher sehr gering.
Einstufung durch den Genehmigungsinhaber: Meldekategorie N (Normalmeldung); INES 0 (keine oder sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung).
Meldestufen
Die für die kerntechnische Sicherheit bedeutsamen Ereignisse sind den atomrechtlichen Aufsichtsbehörden der Länder nach den bundeseinheitlichen Kriterien der Atomrechtlichen Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung – AtSMV zu melden. Ziel des Meldeverfahrens ist, den Sicherheitsstand der Kernkraftwerke zu überwachen, dem Auftreten ähnlicher Fehler in anderen Kernkraftwerken vorzubeugen und die gewonnenen Erkenntnisse in sicherheitstechnische Verbesserungen einfließen zu lassen.
Die meldepflichtigen Ereignisse sind unterschiedlichen Kategorien zugeordnet (Erläuterungen zu den Meldekriterien für meldepflichtige Ereignisse):
- Kategorie S (Unverzügliche Meldung): Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde unverzüglich gemeldet werden müssen, damit sie gegebenenfalls in kürzester Frist Prüfungen einleiten oder Maßnahmen veranlassen kann. Hierunter fallen auch die Vorkommnisse, die akute sicherheitstechnische Mängel aufzeigen.
- Kategorie E (Meldung innerhalb von 24 Stunden): Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde binnen 24 Stunden gemeldet werden müssen, damit sie gegebenenfalls in kurzer Frist Prüfungen einleiten oder Maßnahmen veranlassen kann. Hierunter fallen auch die Ereignisse, deren Ursache aus Sicherheitsgründen in kurzer Frist geklärt und gegebenenfalls in angemessener Zeit behoben werden muss. In der Regel handelt es sich dabei um sicherheitstechnisch potentiell - aber nicht unmittelbar - signifikante Ereignisse.
- Kategorie N (Meldung bis zum fünften Werktag): Ereignisse, die der Aufsichtsbehörde innerhalb von 5 Werktagen gemeldet werden müssen, um eventuelle sicherheitstechnische Schwachstellen frühzeitig erkennen zu können. Dies sind in der Regel Ereignisse von geringer sicherheitstechnischer Bedeutung, die über routinemäßige betriebstechnische Einzelereignisse bei vorschriftsmäßigem Anlagenzustand und -betrieb hinausgehen. Unverfügbarkeiten von Komponenten/Systemen, die durch im Betriebshandbuch spezifizierte Prozeduren temporär beabsichtigt herbeigeführt werden, sind nicht meldepflichtig, wenn dies auch in der Sicherheitsspezifikation des Betriebshandbuches entsprechend berücksichtigt ist.
Internationale Bewertungsskala INES
Aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Betreibern der Kernkraftwerke und dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit werden meldepflichtige Ereignisse in Kernkraftwerken auch nach der Bewertungsskala INES (International Nuclear and Radiological Event Scale) der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) und der Nuklearenergie-Agentur (NEA) der OECD bewertet. Sie hat eine rasche und für die Öffentlichkeit verständliche Bewertung eines Ereignisses zum Ziel.
Die Skala umfasst sieben Stufen:
- Störung
- Störfall
- ernster Störfall
- Unfall mit örtlich begrenzten Auswirkungen
- Unfall mit weitergehenden Auswirkungen
- schwerer Unfall
- katastrophaler Unfall
Meldepflichtige Ereignisse, die nach dem INES-Handbuch nicht in die Skala (1 bis 7) einzuordnen sind, werden unabhängig von der sicherheitstechnischen Bedeutung nach nationaler Beurteilung der „Stufe 0” zugeordnet.